Willkommen im Himmelhoch

von Andreas Molau




Im Prinzenweg in Braunschweig, ganz nahe von Mobilität und Verkehrslärm, gibt es ein Ort der Ruhe und Entspannung. Das Café Himmelhoch.


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Die klare Luft oder der weite Himmel? Die raue Note wegen des Meeres rings umher oder die Gemütlichkeit der alten Gassen, deren Häuser aus jedem Fenster ein Willkommen zuraunen? Ich weiß nicht, was mich bei der ersten Begegnung mehr fasziniert hat. Es war kalt, etwas kälter als in diesen Tagen zu Hause. Die Suche nach Sundbergs Konditorei war gar nicht so schwer. In fremden Ländern macht man ja die Erfahrung, mit wie wenig Worten ein Ziel erreicht werden kann. Und das war in Stockholm genauso. Vor dem Schloss war ich mit einem Einheimischen ins Gespräch gekommen. Da sage einer, Nordlichter seien verschlossen. Dan hieß er, glaube ich. Das offene Du ergibt sich durch die englischen Kommunikationsversuche. Der Vorname ist schwedische Spezialität. Vielleicht auch skandinavische. Keine Ahnung. Jedenfalls schoss mir das durch den Kopf, als ich von der lärmenden Güldenstraße aus in den Prinzenweg zu Fuß einbog, um das Café Himmelhoch zu besuchen.


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So mag man begrüßt werden…[/image]

Himmelhoch als Eigenschaftswort

Was für ein schöner Name. Das Korrekturprogramm macht automatisch ein Adjektiv daraus und schreibt es klein. Ein Eigenschaftswort, himmelhoch. Man fühlt sich gelegentlich so. Jauchzend und dann zu Tode betrübt. Die Gassen hinter der belebten Verkehrsader könnten auch in Stockholm sein. Wie Sundbergs Konditori, die mir damals interessanter schien als irgendein Museum. Die altmodische Kuchentheke wie aus einem Bild von Carl Larsson. Darinnen herrliche Torten. In der Mitte ein runder Tisch mit silbernen Kannen und Kaffeetassen. So ist das, wenn sich Erinnerungen vermischen. Ich bin verabredet mit Doreen und Ralf. Im E-Mail-Wechsel, der den Termin geregelt hat, war da gleich das vertraute Du. Das ist mir als eher steifer Mensch eigentlich fremd. Hier schien aber gar nichts anderes zu passen. Doreen und Ihr Mann Ralf sind geschäftig am Einräumen und bitten um etwas Geduld.


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Mit großen Augen auf die Welt geschaut

Kein Problem. Die unangenehmsten Dinge werden erträglich, wenn man sie mit einem Lächeln sagt. Und das gibt es im Himmelhoch gratis. Außerdem kann Schlimmeres passieren. Ich bekomme einen Espresso hingestellt, der aus einer schmucken goldenen Tasse dampft. Die Blicke schweifen durch das Café, das innen urgemütlich ist und nach draußen mit großen Augen auf die alten Häuser der Löwenstadt schaut. Auf einer Bank unterhalten sich zwei junge Frauen angeregt. Immer wieder kommen Gäste und scheinen gleich eins zu sein mit dieser Atmosphäre. Da sind sie, die Pastelltöne. Die altmodisch wirkende Tapete mit floralen Mustern, Kristalllüster. Eine Kuchentheke und allerlei Dinge für das tägliche Leben. Tassen, Becher. Dinge, die den Alltag farbig machen.


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Verronnene Zeit

Die wertvollste Zeit sei diejenige, die verrinnen würde, habe ich erst kürzlich bei Erhardt Kästner gelesen. Zeit, die man nicht zählt, sondern erlebt. Schöne Eindrücke und ein Espresso sind ganz einfache Mittel, um das zu erreichen. Doreen entschuldigt sich, dass es etwas gedauert habe. Ich hätte gut und gern noch still sitzen und an Stockholm denken können. Himmelhoch sei nicht nur ein Name, verrät sie, während ihr Mann Ralf sich mit einem Stück Mohnkuchen zu uns setzt. »Der Kuchen ist der Hammer«, nickt er anerkennend. Ralf, der eigentlich Musiker ist, das Projekt aber von Anfang an mit begleitet hat, testet mit sichtbarer Freude, was Doreen gebacken hat. Kritisch, denn am Ende müsse es ja den Gästen schmecken. Bestimmt trotzdem wohlwollend. Eine Freundin habe den Namen gefunden. Sie habe darüber nachgedacht, was im Zusammenhang mit der Cafégründung besprochen worden sei und was zur Gründerin passe.


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Ein erfüllter Traum

Himmelhoch, das habe sofort eingeschlagen, erinnert sich Doreen. Da war gleich dieses Kribbeln im Bauch, was man haben muss, damit man weiß, genau das ist richtig. So wie die Entscheidung, ein Café aufzumachen. Die gelernte Hotelfachfrau hatte einen Ausflug in die Touristikbranche unternommen, wo es ihr wirklich gut gefallen habe. Seit 2002 seien die Gedanken dann immer wieder um ein eigenes Projekt gekreist. Und schließlich gebe es eben den Zeitpunkt, wo die Dinge ins Rollen kämen. Wo aus dem Gedanken Tun wird. »Die Zeit war reif, etwas anderes zu machen. Meine Arbeit vorher war gut, aber jetzt war Neues dran«, sinniert sie. Der Businessplan konkretisierte die Planungen. Ralf war in damals schon mit dabei, und auch für ihn war es ein ideales Unternehmen, das er sofort unterstützen wolle.

»Teamwork in family«


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Dorreen und Ralf heißen im Himmelhoch Willkommen![/image]

»Als Musiker habe ich morgens Zeit und kann mich mit einbringen«, erklärt er. Behördengänge, Umbau, Einkäufe, Events – das nahm und nimmt er sich auf die Hörner, während Doreen den Laden schmeißt. Im November sind das zwei Jahre her. Sie wusste, worauf sie sich einlässt, jedoch etwas anders als im Hotel sei es dann doch gewesen, räumt sie ein: »Im Hotel ist das Essen da, die Getränkevorräte werden bereitgestellt. Hier muss ich für alles sorgen.« Von dem Stress sollen die Gäste, die schwedisch geduzt werden, nichts mitbekommen. »Das Himmelhoch soll ein Ort der Ruhe und Entspannung aber auch der Geselligkeit sein«, erzählt sie. Menschen, die sich nicht kennen würden, säßen zusammen. Das Alleinsein sei genauso möglich. Über den Tag gibt es viele Gelegenheiten, diesen Skandinavienkurztripp zu buchen. Nur montags ist Ruhetag.

Alle Zeit der Welt

Ab Dienstag und am Wochenende kann man im Himmelhoch frühstücken. Von halb zwölf bis zur vollen Stunde bereitet sich das Team im kleinen Café auf den Mittagstisch vor. Dienstag bis Donnerstag wird Suppe von den »Feinschmeckern« aus der Dresden Straße gereicht. Am Freitag Flammkuchen. Zur Kaffeezeit ist man sowieso gut auf dem Prinzenweg aufgehoben. Den »Kladd Kaka«, den klebrigen Kuchen, gibt es als schwedische Spezialität immer. Ansonsten ist Abwechselung Trumpf. Schließlich ist das Himmelhoch auch noch kultureller Treffpunkt. Lesungen und Konzerte finden statt. Am 31. Oktober wieder, wenn die junge Band »We destroy Disco« kommt. Die erarbeitet sich gerade ihre erste CD. Der Auftritt im Himmelhoch trägt dazu bestimmt bei.

Braunschweig ist nicht Stockholm. Das raue Meer fehlt. Die klare Luft, einen weiten Himmel, da kann man Glück haben. Aber ist es nicht so, dass der Himmel so weit scheint, wie man ihn fühlt? Die Schweden, die ich kenne, können das. Und im Café Himmelhoch ist ein Stück von dieser schönen Mentalität eingefangen.

Himmelhoch-Café & Lädchen Prinzenweg 5, 38100 Braunschweig Telefon: 0531 31781700