Region. Auch im Sommer können sich die Unternehmen im Wirtschaftsraum Braunschweig-Wolfsburg nicht aus ihrem anhaltenden Stimmungstief lösen. Trotz leicht verbesserter Lagebeurteilungen bleiben die geschäftlichen Erwartungen verhalten. Dies ergibt sich aus dem gemeinsamen Konjunkturbericht der IHK Braunschweig und der IHK Lüneburg-Wolfsburg (IHKLW) für das zweite Quartal 2025.
Demnach verzeichnete der IHK-Konjunkturklimaindikator lediglich einen geringfügigen Anstieg um zwei Punkte. Mit seinem aktuellen Stand von 88 liege der Indikator weiterhin deutlich unter dem neutralen Wert von 100. Letzteren konnte er nun bereits seit dreieinhalb Jahren nicht mehr überschreiten.
Geringe Dynamik
Die geringe Dynamik des aktuellen Konjunkturgeschehens spiegele sich auch innerhalb der einzelnen Wirtschaftszweige wider. So hätten sich die branchenbezogenen Konjunkturklimaindikatoren gegenüber dem Vorquartal nur wenig verändert. Den größten Sprung hätte dabei noch die Industrie gemacht – allerdings auch nur um sieben Indikatorpunkte nach oben auf einen Wert von 91. Um fünf Punkte verbesserte sich der sektorale Konjunkturklimaindikator für den Großhandel. Aufgrund seines ausgesprochen niedrigen Ausgangsniveaus sei er damit aber lediglich auf einen aktuellen Wert von 67 gekommen. Gedrückt bliebe die Stimmung auch im Einzelhandel. Hier hätte das Konjunkturklima nur um einen einzigen Punkt auf einen Indikatorstand von 77 zulegen können. Mit drei Punkten im Minus habe die Dienstleistungswirtschaft das zweite Quartal abgeschlossen. Mit einem Indikatorstand von 100 herrsche unter den Dienstleistern als einzigem der betrachteten Wirtschaftszweige aber zumindest ein ausgeglichenes Konjunkturklima.
Unternehmer bleiben zurückhaltend
Immerhin sei positiv zu vermelden, dass die regionale Wirtschaft ihre geschäftliche Lage wieder etwas günstiger bewertet als zuletzt. Derzeit bezeichnen 17 Prozent der befragten Betriebe ihre Geschäftslage als gut, 59 Prozent sehen sie immerhin als befriedigend an. Mit 24 Prozent beurteilt jedoch fast ein Viertel aller Unternehmen seine Situation als schlecht. Der sommerliche Saldo aus guten und schlechten Lagebewertungen beträgt folglich -7. Obwohl die negativen Rückmeldungen damit weiterhin überwiegen würden, sei gegenüber dem Frühjahr (Saldo: -11) und den vorangegangenen Quartalen ein leichter Aufwärtstrend zu erkennen. Gleichwohl würden die befragten Unternehmer mit Blick auf die geschäftlichen Aussichten im weiteren Jahresverlauf zurückhaltend bleiben. So rechneten aktuell immer noch 30 Prozent der befragten Unternehmen mit geschäftlichen Einbußen. 56 Prozent der Betriebe gingen davon aus, ihr Geschäftsniveau wenigstens halten zu können. An eine Aufhellung ihrer Geschäftstätigkeit glaube aber nach wie vor nur eine Minderheit von 14 Prozent.
Zahlreiche Belastungen
Dies zeige, dass die regionale Wirtschaft nach wie vor kein Vertrauen in eine durchgreifende und nachhaltige Verbesserung ihres wirtschaftlichen Umfelds gefunden habe. Zahlreiche Belastungen bestünden unverändert fort. Hierzu zählten die hohen Kosten für Energie, Rohstoffe, Vorprodukte sowie für Steuern und Personal. Auf der Nachfrageseite bleibe die Konsumneigung der Verbraucher schwach und auch die Investitionsbereitschaft der Betriebe immer noch verhalten. Darüber hinaus sorgten geopolitische Auseinandersetzungen und Handelskonflikte dafür, dass auch der Export keine Impulse setzen könne. Zur anhaltenden konjunkturellen Flaute gesellen sich grundlegende Herausforderungen wie der allgegenwärtige Arbeits- und Fachkräftemangel, die ausufernde Bürokratie sowie der enorme Anpassungsdruck im Zuge der Transformation zu mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Aus all dem ergäbe sich eine Gemengelage, die der heimischen Wirtschaft das Leben weiterhin schwer mache.
Weichenstellungen gefragt
Dr. Florian Löbermann, Hauptgeschäftsführer der IHK Braunschweig, kommentiert die Umfrageergebnisse wie folgt: „Damit die regionale Wirtschaft das Konjunkturtal nun endlich hinter sich lassen und wieder auf den Wachstumspfad einbiegen kann, sind entschlossene wirtschaftspolitische Weichenstellungen gefragt. Mit der neuen Bundesregierung und nicht zuletzt mit den neu geschaffenen finanziellen Spielräumen haben wir die Chance, wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen neu zu setzen und hausgemachte Wettbewerbsnachteile zu beseitigen. Dazu braucht es einen Staat, der seine Kernaufgaben in Sachen Bildung, Infrastruktur und Sicherheit wieder klar in den Fokus nimmt und auch entsprechend handelt. Dabei dürfen nicht nur Gelder in die genannten Bereiche fließen, sie müssen auch gezielt und effektiv eingesetzt werden.“
Wachstumsmotor zum Laufen bringen
Dem schließt sich IHKLW-Hauptgeschäftsführer Michael Zeinert an: „Es gilt jetzt, den Wachstumsmotor zum Laufen zu bringen. Allerdings wird das allein mit öffentlichen Investitionen nicht gelingen, denn diese machen nur etwa zehn Prozent der Gesamtinvestitionen in Deutschland aus. Vor allem die Investitionen der Wirtschaft müssen mobilisiert werden. Dafür braucht es dringend Strukturreformen, wie zum Beispiel moderne, digitale und leistungsfähige Verwaltungen, Bürokratieabbau und noch mehr Tempo bei Planungs- und Genehmigungsverfahren. Nur wenn Investitionen und Strukturreformen Hand in Hand gehen, kommt unsere Region nach den Rezessionsjahren wieder auf Wachstumskurs.“