Wolfenbüttel. Kaum waren die Planungen für die ehemalige Hertie-Liegenschaft in der Öffentlichkeit, wurden sie von den Wolfenbüttelern schon heiß diskutiert. Besonders die ersten Planungen der Architekten, wie das geplante Geschäftshaus in rund 16 Monaten aussehen soll, erregen die Gemüter. Manch älterer Wolfenbütteler dürfte sich dieser Tage daher an frühere Zeiten erinnert fühlen. Denn an gleicher Stelle gab es diese Diskussion schon einmal…
Das alte Eckgebäude der Likörfabrik August Peters – auch Schluckepeters genannt – das, wie die sechs im Westen anschließenden Gebäude dem damaligen Karstadt-Neubau weichen musste. Fotos Aktionsgemeinschaft Altstadt/Repros: Thorsten Raedlein Foto:
Ein Ratsbeschluss vom 1. Oktober 1975 (der noch einmal einen früheren Ratsbeschluss aus dem Jahr 1967 bekräftigte), war damals der Auslöser. Der Beschluss sah vor, den Bau eines Kaufhauses an der Nahtstelle zwischen Schlossbereich und Innenstadt zuzulassen. Standort und Gestaltung des geplanten Baues in einem städtebaulich empfindlichen Bereich lösten eine Welle des Protestes aus. Unter diesem Eindruck wurde im November 1975 die Aktionsgemeinschaft Altstadt von 60 engagierten Wolfenbüttelern ins Leben gerufen. Es war der Beginn einer lokalen Agenda für Denkmalschutz, für Altstadterhaltung und Altstadtsanierung.
[image=123927 alignleft]"Spannend ist doch, dass wir damals gegen den Bau des Gebäudes gekämpft haben, dessen Abriss heute verhindert werden soll."
Dieter Kertscher, Vorsitzender der Aktionsgemeinschaft Altstadt
"So ganz vergleichen kann man die Situation aber nicht", gibt der heutige Vorsitzende der Aktionsgemeinschaft, Dieter Kertscher, zu bedenken. Damals gab es ein allgemeines, tief sitzendes Unbehagen der Bürger angesichts der vielen Bausünden, Abrisse und Fehlentwicklungen zurückliegender Jahre dieser Stadt. Zu leicht wurden alte Gebäude früher abgerissen. Heute sei das anders. In keiner anderen Stadt in Deutschland sei die Altstadtsanierung immerhin so gut gelungen wie in Wolfenbüttel. Auch habe man früher den Bürgern deutlich weniger Mitsprache eingeräumt – heute sei dies ebenfalls anders. "Spannend ist doch, dass wir damals gegen den Bau des Gebäudes gekämpft haben, dessen Abriss heute verhindert werden soll", sagt Kertscher, "da liegt gerade einmal eine Generation dazwischen."
Verhindern konnte man damals schon den Fortschritt der Zeit nicht – allerdings habe der Protest der Bürger zu Kompromissen geführt. In seinen Augen sollte man den Architekten ermöglichen, den Zeitgeist der jeweiligen Epoche in seine Pläne einfließen zu lassen. "Immerhin wird hier für die nächste Generation gebaut und die muss damit leben", so Kertscher.
Die Aktionsgemeinschaft möchte auf jeden Fall die weitere Entwicklung begleiten und mit ihrem Fachwissen dazu beitragen, dass am Ende ein Gebäude entsteht, das auf breite Akzeptanz trifft – so wie damals…
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