Wolfenbüttel. Familie Göttling hat einen Traum. Sie will in einem Tiny House leben und sucht dafür einen Stellplatz in einem Garten von Grundstücksbesitzern in Wolfenbüttel. Im Interview mit regionalHeute.de berichtet Kathrin Göttling von der Faszination des Freiheitsgefühls und des nicht an das System angeschlossen zu sein.
Während viele Familien daran arbeiten, ihren Wohnraum zu vergrößern, haben Kathrin und Kristof Göttling den Wunsch, sich zu verkleinern: Weniger Ballast, mehr Freiheit und vor allem der Verzicht auf alles, was man nicht wirklich zum Leben braucht. Sie wollen mit ihren eigenen Händen ein sogenanntes Tiny House, ein "Winzig-Haus" auf Rädern bauen, mit dem sie flexibel und mobil sind. Die Idee habe schon lange in Kathrin gelodert, nachdem die26-jährige Sozialassistentin bereits während des Studiums für ein halbes Jahr in einem Bauwagen gewohnt hatte. Ganz ohne Luxus, ohne fließend Wasser, Toilette und nicht abgedichteten Fenstern hatte sie auf einem Wagenplatz in Braunschweig ein Gefühl der Freiheit genossen und diesen Traum niemals wirklich aufgegeben.
Nach neun Umzügen wird der Wunsch nach Flexibilität so groß, dass sie mit ihrem Mann Kristof, Bühnenbauer am Staatstheater Braunschweig, endlich Nägel mit Köpfen machen will. Doch da es in Deutschland nahezu unmöglich ist, auf einem unbebauten Grundstück ein Minihaus zu bewohnen, sucht man nun einen großen Garten, in dem ein neun Meter langer, 2,4 Meter breiter und 3,5 Meter hoher Wagen Platz findet. Als Gegenleistung bietet man Hilfe beim Putzen, Gartenarbeit und Einkäufen an. In der neuen Behausung soll nur das zu finden sein, was wirklich wichtig ist. Nichts soll vom Wesentlichen ablenken. Denn was wirklich glücklich macht, sind Menschenund die Möglichkeit, sich auch mal zurückzuziehen. Kein Fernsehen oder Smartphone. Kathrin gönnt sich zwar einen Laptop mit Internet (der Strom dafür kommt durch Solaranlage oder Windkraft), braucht aber sonst nur eine Trockentoilette mit Rindenmull, die Nähe zur Natur und einen Job, der ihr Spaß macht.
Die kleinen Dinge schätzen
Durch den Verzicht auf Luxus habe sie gelernt, die kleinen Dinge zu schätzen, erzählt sie in ihrer Küche im Schneidersitz, da es keinen Tisch und keine Stühle gibt. Ihre 35-Quadratmeter-Wohnung ist ihr zu groß. Sie hält sich ohnehin hauptsächlich in der Küche auf, geht nach draußen, wenn sie Bewegung will. Ihr Mann Kristof wohnt getrennt von ihr, kommt jedoch täglich, um den gemeinsamen zweijährigen Sohn Liu abzuholen. Dann genießt sie das Alleinsein, welches sie braucht, um zu reflektieren und sich zu ordnen. Die sensible Frau, für die jedes Leben gleich viel wert ist und für die auch der Tod einer Schnecke auf ihrem Balkon ein hoch emotionales Ereignis sein kann, sieht aber den kleinen Raum auch als Herausforderung. Zwar soll es zwei Schlafebenen geben, doch Absprachen, um die Bedürfnisse des anderen zu respektieren, werden sich nicht vermeiden lassen.
Die Familie, Freunde und Bekannte wissen von ihren Plänen noch nichts. Erst sollen harte Fakten geschaffen werden. Und was macht sie, wenn sich niemand auf ihre Anfrage meldet? "Ich begrabe die Idee nicht. Das ist mein Traum, den ich verwirklichen möchte."
Das Interview im Podcast:
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