Kreis Wolfenbüttel. Mit einem klaren Bekenntnis zur Rückholung des Atommülls startete die Sitzung der Asse-2-Begleitgruppe (A2B) am 5. September 2014. Der Abteilungsleiter im Bundesumweltministerium, Wolfgang Cloosters – seit Anfang 2014 unter anderem für die „nukleare Ver- und Entsorgung“ zuständig – erläuterte seine Position eindeutig, klar und unmissverständlich. Mit diesem Statement wurde die Zielsetzung „Rückholung des Asse-Atommülls“ von dem neuen Abteilungsleiter noch einmal offiziell bestätigt. Alle mitwirkenden Behörden werden sich in ihren Planungen und Aktivitäten an diesem Statement messen lassen müssen. Die Asse-2-Begleitgruppe unter Vorsitz der Landrätin Christina Steinbrügge nahm den Ball auf und drängte an mehreren Themen auf eine größtmögliche Beschleunigung der Arbeiten. Denn man steht – da sind sich alle Beteiligten einig – angesichts des maroden Bergwerks unter großem Zeitdruck.
Annäherung bei Schacht 5
Zeitgewinn - so das Bundesamt für Strahlenschutz - sei bei dem für die Bergung des Atommülls neu zu errichtenden Schacht 5 zu realisieren. Mehrfach war aus den Reihen der regionalen Interessenvertretung Kritik am Zeitplan geäußert worden, nach dem der Schacht erst 2028 in Betrieb gehen soll.
Dirk Laske vom BfS teilte der Begleitgruppe mit, dass der Zeitpunkt 2028 ein „Worst-case-Szenanrio“ sei. Außerdem hätte die inzwischen abgeschlossene Erkundungsbohrung gezeigt, dass im angestrebten Schachtbereich kaum Wasserzutritte existierten und deshalb ein Schachtbau im zeitintensiven „Gefrierschachtverfahren“ nicht notwendig sei. Ein konkreterer Zeitplan werde nach Abschluss der Konzeptplanung 2015 aufgestellt.
Als rechtlich und praktisch unrealistisch wurde die Idee, den kompletten Schachtbau aus Gründen der Zeitersparnis als „schlüsselfertiges Projekt“ zu vergeben, bewertet.
Zwischenlager: Standortsuche weiter in der Diskussion
Heftige Meinungsverschiedenheiten zwischen Begleitgruppe und BfS prägen seit Längerem die Diskussion um die Suche nach einem Zwischenlager für den geborgenen Atommüll.
Die Begleitgruppe besteht auf einer Suche auch in größerer Entfernung von der Asse, während das BfS mit Hinweis auf zu vermeidende Transporte und den damit verbundenen Strahlenrisiken nur direkt im Schachtumfeld ein geeigneten Standort suchen will.
Inzwischen hatte die Arbeitsgruppe Optionen – Rückholung (AGO) die Durchführung einer „Parameterstudie“, um die verschiedenen Kriterien in ihrer Bedeutung zueinander in Beziehung setzen zu können, gefordert.
Dr. Jörg Tietze vom BfS teilte der Begleitgruppe mit, dass seine Behörde bereit sei, weitere Betrachtungen im Sinne der AGO anzustellen und diese in Gesprächen mit der Wissenschaftlergruppe auch direkt und zeitnah zu diskutieren.
Der Atommüll muss trocken bleiben
Seit langem währt ein Streit um die Verfüllung von Zugängen zu den Einlagerungskammern mit Atommüll: Während das BfS diese aus Gründen der Arbeitssicherheit, der Stabilisierung des Bergwerks und der Notfallvorsorge für nötig hält, befürchten A2B und AGO Nachteile:
Einerseits könnten verschlossene Zugänge die Bergung behindern oder verzögern, andererseits das Trockenhalten der Einlagerungskammern unmöglich machen. Deshalb fordert die A2B das Offenhalten, wo nötig auch das Wiederherstellen der Zugänge. Dagegen unterstützt die A2B alle Stabilisierungsmaßnahmen (z.B. die Firstspaltverfüllungen), die in keiner Konkurrenz zur Rückholung des Atommülls stehen.
Der Geologe Ralf Krupp wies in einem Vortrag darauf hin, dass der Abstand zwischen LauBgenpegel und Atommüll gemäß Unterlagen des BfS teilweise sehr gering sei: „Dort herrscht Gefahr im Verzug!“ Deshalb komme dem Abpumpen der Flüssigkeiten und der laufenden Kontrolle eine große Bedeutung zu. Damit unterstrich und begründete er erneut die Notwendigkeit der Forderungen der A2B. Jürgen Kreusch (AGO) ergänzte, dass bislang völlig unklar sei, welche Bedeutung die umstrittenen Verfüllungen für die Stabilisierung überhaupt hätten. Dies müsse dringend untersucht werden.
Auf die Forderung nach der Beseitigung von Verschlüssen ging das BfS nicht ein, sagte aber zu, bis zum April 2015 keine weiteren Kammerzugänge zu verschließen. Bis dahin, so wurde vereinbart, soll gemeinsam zwischen BfS, Asse GmbH und AGO nach Lösungen für die Problematik gesucht werden. Ein wichtiger Schritt dafür wird eine gemeinsame Sitzung am 24. September sein.
Der Kommentar
von Christiana Steinbrügge, Landrätin und Vorsitzende der Asse-2-Begleitgruppe
Das Bundesamt für Strahlenschutz ist dabei, Lösungswege zu verbauen: Es lässt die Zugänge zu Einlagerungskammern verschließen, um so im Falle des Absaufens des Bergwerks die Ausbreitung der radioaktiven Suppe zu begrenzen und zu verzögern. Damit nimmt es aber eine erhöhte Wahrscheinlichkeit in Kauf, dass es genau zu diesem Notfall kommt, weil der Atommüll nass und unzugänglich wird. Wichtige Fragen stehen seit Langem im Raum und sind bislang nicht befriedigend beantwortet: Wieviel bringen diese speziellen Verfüllungen überhaupt? Wie lassen sich die Kammern dauerhaft und sicher überwachen und drainieren? Stattdessen wurde gegen den Protest von A2B und AGO betoniert. Jetzt endlich – fünf vor zwölf? – scheint Bewegung in den Streit zu kommen: BfS und AGO setzen sich an einen Tisch und suchen gemeinsam nach Lösungen. Damit ist zumindest das Problem anerkannt. Vielleicht war das ja der schwierigste Schritt.

