Wolfenbüttel. Der Landkreis Wolfenbüttel ist mit dem Ergebnis der Raumverträglichkeitsprüfung zur Rückholung der radioaktiven Abfälle aus der Schachtanlage Asse II durch das Amt für regionale Landesentwicklung (ArL) Braunschweig ausdrücklich nicht einverstanden und kritisiert die fehlende Prüfung von Standortalternativen für Asse-Zwischenlager, heißt es am heutigen Donnerstag in einer Pressemitteilung.
„Das Verfahren ist aus unserer Sicht nicht ordnungsgemäß verlaufen“, kommentierte Landrätin Christiana Steinbrügge während der Sitzung des Umweltausschusses des Wolfenbütteler Kreistages am vergangenen Montag. „Die Landesplanerische Feststellung zeigt, dass im Verfahren der Raumverträglichkeitsprüfung keine Asse-fernen Zwischenlager-Standortalternativen betrachtet und geprüft wurden.“
Prüfung nicht ergebnisoffen
Das ArL habe Ende Juni die Landesplanerische Feststellung für die Rückholung radioaktiver Abfälle vorgelegt und darin festgestellt, dass das Rückholvorhaben mit den Erfordernissen der Raumordnung vereinbar sei und den Anforderungen an eine überschlägige Prüfung der Umweltverträglichkeit entspreche. „Dieser Befund des ArL Braunschweig überzeugt jedoch nicht“, so Steinbrügge. Hintergrund der Kritik: Die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) beabsichtigt, ein Zwischenlager für die zurückgeholten radioaktiven Abfälle unmittelbar am Standort Asse zu errichten. Dort sollen die radioaktiven Abfälle aufbewahrt werden, bis es in Deutschland ein Endlager für radioaktive Abfälle gibt.
Der Landkreis Wolfenbüttel habe im Verfahren der Raumverträglichkeitsprüfung wiederholt eine ergebnisoffene Prüfung auch unter weiträumiger Einbeziehung von Asse-fernen Zwischenlagerstandorten eingefordert. Insbesondere, weil der Verbleib der Abfälle im geplanten Zwischenlager aufgrund der noch ungeklärten Endlagerfrage möglicherweise über Jahrzehnte hinweg drohe. Das Atomgesetz hat aber in Paragraph 57b eine gesonderte Regelung zur Rückholung geschaffen und das Raumordnungsgesetz verlangt ausdrücklich eine Prüfung von Alternativstandorten. Diese wurde aber weder durch die BGE noch durch das ArL Braunschweig vorgenommen.
Gesetzlicher Auftrag missachtet

Landrätin Christiana Steinbrügge kritisiert das Ergebnis der Raumverträglichkeitsprüfung. Foto: Anke Donner
BGE und ArL Braunschweig seien ihren Pflichten im Verfahren der Raumverträglichkeitsprüfung nach Ansicht des Landkreises Wolfenbüttel nicht hinreichend nachgekommen. Der Landkreis bemängelt insbesondere, dass es die BGE als Trägerin des Rückholvorhabens von vornherein versäumt habe, dem ArL Braunschweig überhaupt prüffähige Unterlagen über Asse-ferne Standortalternativen für Zwischenläger vorzulegen. Stattdessen habe sie sich auf einen Asse-nahen Standort für ein Zwischenlager festgelegt. Damit habe die BGE auch das Ergebnis des, vor geraumer Zeit initiierten, aufwändigen Beleuchtungsprozesses mit der Empfehlung der Untersuchung Asse-ferner Zwischenlagerstandorte ignoriert. Das ArL Braunschweig hätte überdies von der BGE entsprechende Ergänzung der Unterlagen fordern oder andernfalls Standortalternativen selbst ermitteln und prüfen müssen. Wäre das nicht möglich gewesen, hätte das ArL die Raumverträglichkeitsprüfung ohne positives Ergebnis für die BGE beenden müssen.
Christiana Steinbrügge: „Für den Landkreis ist es unverständlich, dass die bundeseigene Gesellschaft BGE und die Landesbehörde ArL Braunschweig ihrem gesetzlichen Auftrag nicht nachgekommen sind.“ Dies gelte umso mehr, als beide damit auch der sozialethischen Dimension der Angelegenheit und ihrer entsprechenden Verantwortung nicht gerecht geworden seien, so Steinbrügge weiter. Vielmehr entstehe der Eindruck von einseitigen Vorfestlegungen.
Einseitige Festlegung statt ergebnisoffener Prüfung
Die Festlegung der BGE auf den Asse-nahen Standort „Kuhlager“ erscheine aus Sicht des Landkreises problematisch. Der Standort weise erhebliche sicherheitstechnische, geologische und gesellschaftliche Risiken auf und sei keineswegs alternativlos. Bundesweit würde es bestehende Zwischenlagerstandorte mit freien Kapazitäten geben, etwa nach der geplanten Einlagerung radioaktiver Abfälle in das Endlager Schacht Konrad. Eine Verteilung der Rückholabfälle auf mehrere solcher Asse-fernen Standorte wäre aus Sicht des Landkreises deutlich sachgerechter und gerechter – auch mit Blick auf die bundesweite Herkunft der Abfälle und die bereits bestehende jahrzehntelange Belastung der Region.
„Die Landesplanerische Feststellung des ArL Braunschweig zugunsten des Rückholvorhabens einschließlich des Zwischenlagers ist aus Sicht des Landkreises weder nachvollziehbar noch ausreichend, um ein so bedeutsames Vorhaben wie die Rückholung und Zwischenlagerung radioaktiver Abfälle tragfähig zu untermauern“, so das Fazit von Sven Volkers, Umweltdezernent des Landkreises.