Ausgerollt: Zum Jahresende läuft die "Rollende Arztpraxis" aus

von Thorsten Raedlein




Landkreis. Die „Rollende Arztpraxis“ im Raum Wolfenbüttel hat sich bewährt. „Starke Partner in unserer Region haben bewiesen, dass eine mobile ärztliche Versorgung im ländlichen Raum machbar und möglich ist. Das Modell hat in der Praxis funktioniert.“ Diese positive Zwischenbilanz zieht die Wolfenbütteler Landrätin Christiana Steinbrügge nach gut einem Jahr „Rollende Arztpraxis“ im Landkreis Wolfenbüttel. Trotzdem läuft das Projekt wie vorgesehen zum Ende dieses Jahres aus, wie am Donnerstag im der Sitzung des Sozialausschusses zu erfahren war.

Die Rollende Arztpraxis war Anfang August vergangenen Jahres als bundesweit erste mobile Hausarztpraxis im Landkreis Wolfenbüttel an den Start gegangen. Das phasenweise dreiköpfige Ärzteteam steuerte ein einem eigens eingerichteten Arztmobil in einem zunächst drei-, dann zweiwöchigen Turnus insgesamt sechs Gemeinden im Kreisgebiet an, in denen bereits seit mehreren Jahren kein niedergelassener Hausarzt mehr praktizierte.

Positives Fazit


Von Beginn an wurde das Projekt vom Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik der Technischen Universität Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover (PLRI) wissenschaftlich begleitet und ausgewertet. Eine erste Zwischenbilanz kommt zu dem Ergebnis: Es nehmen genau diejenigen Menschen die Leistungen der Rollenden Arztpraxis in Anspruch, die als Zielgruppe angedacht waren. Dabei handelt es sich überwiegend um ältere und wenig mobile Patientinnen und Patienten. Das Durchschnittsalter beträgt 69,8 Jahre. Oftmals leiden sie an chronischen Erkrankungen wie Bluthochdruck, Herzinsuffizienz oder Diabetes. Über die Hälfte von ihnen kommt mit zwei oder mehr Diagnosen in die mobile Hausarztpraxis, die von Mitgliedern aller beteiligten Krankenkassen in Anspruch genommen wird. Bis zum Ende des vergangenen Quartals wurde das Angebot der Rollenden Arztpraxis in den sechs Gemeinden insgesamt 343mal genutzt.

Das Fazit lautet daher:

  • Die Rollende Arztpraxis kann die ambulante ländliche hausärztliche Gesundheitsversorgung ergänzen und dabei bis zu 50 Prozent der Kapazität einer Hausarztpraxis erreichen.

  • Die Rollende Arztpraxis wird von den Patienten angenommen. Alle Patienten sind mit der Behandlung zufrieden oder sehr zufrieden.

  • Die Rollende Arztpraxis kann als subventioniertes Modell zur Ergänzung der Daseinsvorsorge betrieben werden.


Damit wurden die wesentlichen Projektziele erreicht. Jetzt sind die Projektpartner gemeinsam zu der Entscheidung gekommen, das Projekt wie vorgesehen erfolgreich abzuschließen und nicht fortzusetzen. Das hat mehrere Gründe.

Die drei beteiligten Ärzte gehen in den Ruhestand. Nachwuchs ist schwierig zu finden. Darüber hinaus hat die Ärztekammer die Ausnahmegenehmigung für die rollende Praxis nur befristet bis zum Jahresende erteilt. Vor allem aber ist die Auslastung der mobilen Praxis insgesamt noch zu gering. „Dass die Rollende Arztpraxis nur als subventioniertes Modell betrieben werden kann, war allen Beteiligten von Anfang an klar“, sagt Stefan Hofmann, Geschäftsführer der Bezirksstelle Braunschweig der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN). Er bestätigt, dass mit dem Auslaufen des Projektes „Rollende Arztpraxis“ für den Landkreis Wolfenbüttel keine ärztliche Versorgungslücke entsteht.

Landrätin Christiana Steinbrügge: „Trotz der positiven Zwischenbilanz scheint die Rollende Arztpraxis noch nicht das geeignete Instrument für unsere Region zu sein. Offenbar ist die ärztliche Versorgung für unseren Bereich derzeit noch ausreichend.“

Suche nach neuer Verwendung


Die „Rollende Arztpraxis“ war ein ursprünglich in die niedersächsische „Zukunftsregion Gesundheit“ eingebettetes Projekt, das der Landkreis Wolfenbüttel gemeinsam mit zahlreichen Partnern auf den Weg gebracht hatte. Im Zuge der Kampagne „Ausgezeichnete Orte im Land der Ideen“ wurde das „Arztmobil“ als innovatives Projekt prämiert. In ganz Europa fand das Hausärzteteam auf Rädern ein großes und zustimmendes Medienecho.

Wie der speziell ausgerüstete Kleinbus der Rollenden Arztpraxis auch nach dem Ende des Projektes sinnvoll weiter genutzt werden kann, wird derzeit intensiv geprüft. „Wir überlegen unter anderem, ob das Fahrzeug mit neuen Aufgaben im Landkreis Wolfenbüttel eingesetzt werden kann“, informiert Landrätin Steinbrügge. „Darüber hinaus kann die mobile Hausarztpraxis sicherlich auch in anderen Regionen zum Einsatz kommen. Wir haben unter anderem Anfragen aus Brandenburg und aus Dänemark erhalten“.