Bertelsmann Stiftung: Vorbehalte gegen chinesische Direktinvestitionen sind unbegründet




Deutschland ist ein wichtiges Investitionszielland für Unternehmen aus China. Diese interessieren sich vor allem für Spitzentechnologie, qualifiziertes Personal und ein Standbein im europäischen Markt. Aufgrund der systemischen Unterschiede zwischen Deutsch­land und China erweist sich der Umgang mit diesem vergleichsweise neuen Phänomen jedoch als schwierig. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Bertelsmann Stiftung zu chinesischen Direktin­vestitionen in Deutschland.

Chinesische Direktinvestitionen in Deutschland werden sich immer mehr von einer Randerschei­nung zu einem regelmäßig auftretenden Phänomen entwickeln. Das zeigen Berechnungen, die das Forschungsinstitut Prognos AG für die heute veröffentlichte Studie „Aufbruch nach Westen – Chinesische Direktinvestitionen in Deutschland“ der Bertelsmann Stiftung erstellt hat. Danach wer­den Unternehmen aus China im Jahr 2020 in Deutschland voraussichtlich 2,1 Milliarden Dollar investieren – mehr als dreimal so viel wie noch 2012.

Im Gegensatz zu Investoren aus den westlichen Industrieländern stoßen chinesische Firmen hierzulande jedoch auf Misstrauen und teilweise sogar auf Ablehnung. Dies gelte insbesondere dann, wenn es um die Übernahmen deutscher Firmen gehe, analysiert die Studie. Hier seien die Bedenken groß, dass qualifizierte Arbeitsplätze nach China abgezogen würden. Erhebliche Unter­schiede zwischen der deutschen und der chinesischen Geschäftskultur sorgten ebenfalls für Verunsicherung. Auch herrsche Unklarheit über die Rolle und den Einfluss der chinesischen Regierung bei Investitionsprojekten chinesischer Unternehmen im Ausland.

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Vorbehalte gegen chinesische Investoren nicht begrün­det sind. „Chinesische Direktinvestitionen wirken sich positiv auf die industrielle Wertschöp­fung in Deutschland aus“, sagte Helmut Hauschild, Director des Programms „Deutschland und Asien“ der Bertelsmann Stiftung. Die Investoren aus China hätten zudem neue Arbeitsplätze geschaffen und in vielen Fällen bedrohte Jobs erhalten, da häufig insolvente oder wirtschaftlich angeschlagene deutsche Unternehmen das Ziel der Übernahmen seien, heißt es in der Studie.

Der Fokus chinesischer Investoren liegt auf dem Mittelstand, dem viele Weltmarktführer angehören. Dort fänden chinesische Unternehmen das gesuchte Know-how verbunden mit eingespielten Vertriebsstrukturen und weltweit bekannten Industriemarken, analysiert die Studie. Seit der Finanz­krise hätten in Deutschland die Firmenkäufe durch chinesische Unternehmen deutlich zugenom­men. Bei der Mehrzahl der Investoren handele es sich um Privatunternehmen und nicht um Staatskonzerne, wie in der Öffentlichkeit häufig angenommen werde.

Der deutsche Mittelstand begegne chinesischen Übernahmeofferten zunehmend aufgeschlossen, da diese in der Regel ein langfristiges Engagement in Deutschland beabsichtigen. Die übernommenen Unternehmen würden häufig von einem verbesserten Marktzugang in China und von der Zuführung frischen Kapitals profitieren. Zudem hätten viele mittelständische Familienunternehmen Nachfolgesorgen und suchten deshalb nach langfristig orientierten Investoren.

Belastend für das deutsch-chinesische Investitionsklima wirken sich die ungleichen Wettbewerbsbedingungen in beiden Ländern aus. Während chinesische Investoren in Deutschland von offenen Märkten profitierten und den gleichen Rechtsvorschriften unterlägen wie deutsche Unternehmen, träfen deutsche Investoren in China im Vergleich zu chinesischen Unternehmen auf zum Teil unterschiedliche Regelungen oder würden von staatlichen Stellen de facto anders behandelt. „Die Bundesregierung sollte den aktuellen Führungswechsel in Peking nutzen, um die chinesische Regierung zu neuen Verhandlungen um gleiche Investitionsbedingungen zu bewegen“, sagte Hauschild. Dabei sei für den Erfolg wichtig, dass von Beginn an ein klar definierter Zeitplan verein­bart werde.


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