Corona-Krise: Land erwartet Einnahmeausfälle von acht Milliarden Euro

Das ist das Ergebnis der Mai-Steuerschätzung für die Jahre 2020 bis 2024. "Die strukturellen, dauerhaften Steuermindereinnahmen werden zu Wohlstandsverlust führen und unsere Spielräume erheblich einengen", befürchtet Finanzminister Hilbers.

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Symbolbild | Foto: Marc Angerstein

Hannover. Die Ergebnisse der aktuellen Steuerschätzung bestätigen den befürchteten beispiellosen Einnahmeeinbruch im niedersächsischen Landeshaushalt für die kommenden Jahre: Allein 2020 werden weniger Steuereinnahmen in Höhe von 3,378 Milliarden Euro prognostiziert. Für 2021 liegen die Bruttoeinnahmen um 1,338 Milliarden Euro, für 2022 um 1,409 Milliarden Euro, für 2024 um 977 Millionen Euro und für 2024 um 817 Millionen Euro unter den bisherigen Erwartungen. Das teilt das Niedersächsische Finanzministerium in einer Pressemitteilung mit.


„Der weltweite Wirtschaftseinbruch in Folge der Corona-Pandemie führt zu Steuerausfällen auf allen staatlichen Ebenen in einem bisher nicht vorgekommenen Ausmaß. Auch für den Landeshaushalt stellen die Mindereinnahmen eine nie dagewesene Belastung dar. Gleichwohl werden wir weiterhin finanzpolitisch alles Erforderliche unternehmen, um die Folgen der Corona-Pandemie zu bewältigen und unsere Wirtschaftsstrukturen bestmöglich über die Krise hinaus zu erhalten. Die Zahlen machen aber deutlich, dass wir uns über viele Jahre auf erhebliche Steuermindereinnahmen einstellen müssen. Das ist nicht ohne dauerhafte Ausgabeminderungen zu kompensieren", erklärte der Niedersächsische Finanzminister Reinhold Hilbers bei der Vorstellung der regionalisierten Ergebnisse der Mai-Steuerschätzung am heutigen Montag.

Wohlstandsverlust und erheblich verringerte Spielräume


Der Finanzminister kündigte die Vorlage eines 2. Nachtragshaushalts an, der einerseits die Steuermindereinnahmen abbildet und zugleich die Finanzierung der Maßnahmen zur Bekämpfung der Folgen der Corona-Pandemie sichert. Dabei werde man auf eine Neuverschuldung nicht verzichten können. „Für die neu am Finanzmarkt aufgenommen Kredite werden wir einen soliden Tilgungsplan vorlegen", betonte Hilbers. „Die nächsten Jahre werden eine enorme Herausforderung für uns darstellen. Die strukturellen, dauerhaften Steuermindereinnahmen werden zu Wohlstandsverlust führen und unsere Spielräume erheblich einengen. Das Ausgabevolumen ist in den kommenden Jahren auf den Prüfstand zu stellen."

Hilbers zeigte sich gleichwohl zuversichtlich, dass Niedersachsen die Krise meistern wird. In den vergangenen Jahren wurden nicht alle Spielräume für neue Ausgabeprogramme genutzt. Vielmehr entschied man sich für den Einstieg in die Altschuldentilgung und sicherte durch die Anlage von Sondervermögen wichtige Prioritäten ab. Die finanzpolitische Nachhaltigkeit bleibe ein wesentliches Kennzeichen dieser Landesregierung.

Einnahmeeinbrüche bei den Gemeinden


Auch für die niedersächsischen Gemeinden weist die neue Steuerschätzung Einnahmeeinbrüche aus. Aus der Regionalisierung ergeben sich Rückgänge gegenüber der Oktober-Steuerschätzung in Höhe von 1.122 Millionen Euro im Jahr 2020, 375 Millionen Euro im Jahr 2021, 521 Millionen Euro im Jahr 2022, 488 Millionen Euro im Jahr 2023 und 451 Millionen Euro im Jahr 2024. Es ergeben sich rechnerisch aus den Mindereinnahmen auf Landesebene auch geringere Zahlungen im kommunalen Finanzausgleich in Höhe von 536 Millionen Euro (2020), 212 Millionen Euro (2021), 223 Millionen Euro (2022), 156 Millionen Euro (2023) und 132 Millionen Euro (2024). Im Hinblick auf die Hinweise der Kommunen auf Steuerausfälle stellte der Minister fest: „Die Entwicklung zeigt, wir sitzen alle im selben Boot. Alle staatlichen Ebenen sind gleichermaßen betroffen und werden schmerzhafte Maßnahmen ergreifen müssen."

Der Landeshaushalt kann in diesem Jahr mit insgesamt rund 26,6 Milliarden Euro, im kommenden Jahr mit rund 29,5 Milliarden Euro, 2022 mit 30,2 Milliarden Euro, 2023 mit 31,2 Milliarden Euro und 2024 mit 32,4 Milliarden Euro Steuereinnahmen rechnen. Nach dem Kommunalen Finanzausgleich ergeben sich rechnerisch Rückgänge gegenüber den aktuellen Planungen in Höhe von 2,8 Milliarden Euro in diesem Jahr, 1,1 Milliarden Euro im kommenden Jahr, 1,2 Milliarden Euro im Jahr 2022, 0,8 Milliarden Euro im Jahr 2023 und 0,7 Milliarden Euro im Jahr 2024.

Wirtschaftswachstum von -6,3 Prozent prognostiziert


Mit der aktuellen Steuerschätzung wurden erstmal die Folgewirkungen des Corona-bedingte Wachstumseinbruchs geschätzt. Die durchgreifende wirtschaftliche Problematik der aktuellen Krise besteht darin, dass es anders als bei den meisten früheren großen konjunkturellen Einbrüchen zu einem simultanen Angebots- und Nachfrageschock kommt und dies sowohl auf dem Inlands- als auch den Auslandsmärkten. Das reale Wirtschaftswachstum wird für 2020 mit -6,3 Prozent (ursprüngliche Annahme: 1,0 Prozent) und für 2021 mit 5,2 Prozent (ursprüngliche Annahme 1,3 Prozent) prognostiziert.

Für die Jahre ab 2021 wird die Konjunktur zwar nach der Schätzprognose wieder anziehen, die Folgen des Einbruchs in 2020 wirken jedoch aufgrund der erfolgten Niveauabsenkung fort. Insgesamt kommt es infolge der Corona-Pandemie neben den konjunkturellen Mindereinnahmen auch zu nennenswerten dauerhaften strukturellen Mindereinnahmen. Aufgrund der schweren Abschätzbarkeit des weiteren Pandemieverlaufs und fehlender historischen Erfahrungen mit ähnlichen Situationen ist die aktuelle Projektion mit einem besonders hohen Maß an Unsicherheit verbunden.

Dauerhafte Neuverschuldung vermeiden


„Wir werden jetzt die Instrumente der Schuldenbremse nutzen, um der Krise entgegenzuwirken. Dabei darf die Fiskalpolitik nicht aus den Augen verloren werden. Alles, was zur Bewältigung der Krise aufgewendet wird, muss auch zurückgezahlt werden. Ziel ist weiterhin eine nachhaltige Finanzpolitik, die darauf ausgerichtet ist, eine dauerhafte Neuverschuldung zu vermeiden und schnell zu einem nachhaltigen, strukturell ausgeglichenen Haushalt zurückzukehren. Nachhaltiger Haushaltsausgleich und Sicherstellung der Finanzierung der Maßnahmen zur Bekämpfung der Folgen der Corona-Epidemie stehen vereint obenan", fasste Hilbers zusammen.

Der Arbeitskreis Steuerschätzungen tagte vom 11. bis zum 14. Mai, um die Steuereinnahmen für Bund, Länder und Gemeinden für die Jahre 2020 bis 2024 zu ermitteln. Zum ersten Mal in der Geschichte des Arbeitskreises fand die Sitzung als Videokonferenz statt.


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