Exklusiv: Die Welfen kehren zurück

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Wolfenbüttel. Zehn Monate nachdem einige Sarkophage aus der Fürstengruft der Hauptkirche Beatae Mariae Virginis ihren Weg nach Berlin angetreten haben, sollen sie Ende März nach Wolfenbüttel zurückkehren. Die Welfen sollen dann endgültig ihre letzte Ruhe in der Stadt finden, die sie prägten.

Insgesamt 15 Särge aus der Zeit 1613 bis 1767 wurden in den vergangenen Monaten restauriert, gereinigt, untersucht und dokumentiert (WolfenbüttelHeute.de berichtete).

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Regina Ströbl und Dana Vick beim vorsichtigen Reinigen eines Sarginhalts mit Pinsel und Pinzette zur Vorbereitung für die Rückbettung. Foto:



Der Doppelsarg mit Herzog Anton Ulrich und seiner Gemahlin Elisabeth Juliane musste aufgrund von Größe und Zustand direkt vor Ort saniert werden, andere Särge wurden in Berlin restauriert. Neben den Überresten Anton Ulrichs wurden auch die Särge weiterer Mitglieder der Welfenfamilie untersucht und hergerichtet. So auch der von Christine Margarete von Mecklenburg-Schwerin.

An den Arbeiten waren die Kunsthistoriker und Archäologen Andreas und Regina Ströbel beteiligt. Gemeinsam hat das Ehepaar die sterblichen Überreste der Welfenfamilie aus den Särgen entnommen, gereinigt und dokumentiert. „Wir haben die Särge geöffnet und geschaut, wie der Inhalt beschaffen ist. Dann haben wir die Leichname entnommen, gereinigt und dokumentiert. Danach wurden sie wieder in die neuen und restaurierten Särge zurückgelegt. Bei allem was wir tun, steht die Würde an oberster Stelle. Deshalb werden wir auch immer nur das untersuchen, was nötig ist, um den Leichnamen ihre letzte Würde zurückzugeben“, so Ströbl im Gespräch mit unserer Online-Tageszeitung.

Spuren der Vergangenheit


Nach 300 Jahren wurden die nicht gerade gut erhaltenen Särge erstmals geöffnet und einigen sind die Spuren der Zeit deutlich anzusehen. „Bedingt durch Feuchtigkeit und Lagerung sind manche Särge korrodiert und die Böden und Inhalte der Zinnsärge sind herausgefallen. „Wir haben die Knochen untersucht und versucht zuzuordnen. Dabei haben wir darauf geachtet, dass alles zusammen bleibt. Während ich das Umbetten übernommen habe, hat meine Frau die Textilien und Beigaben des Sargs untersucht. Wir haben auch die Inschriften auf den Sargdeckeln untersucht und entziffert. Es war zu der Zeit nicht ungewöhnlich, dass die Särge mit Bibelzitaten und Lebensdaten verziert waren. Uns hat beispielsweise sehr berührt, dass die traurige Lebensgeschichte von Christine Margarete von Mecklenburg-Schwerin sehr offen in der Inschrift auf ihrem Sarg wiedergegeben wurde. Besonders war auch der Doppelsarg von Herzog Anton Ulrich und seiner Frau Juliane. Man sieht es nicht oft, dass Menschen aus dieser Zeit in einem Sarg bestattet werden. Das zeigt, wie innig die Beziehung der beiden war“, erklärt Ströbl.

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Archäologin und Anthropologin Dana Vick und Rrgina Ströbl decken den Leichnam von Herzog Anton Ulrich ab, um ihn für die spätere Rückbettung vorzubereiten. Die Abdeckung dient als Staub- und Sichtschutz und wird kurz vor der Rückbettung in den restaurierten Sarg wieder abgenommen. Foto:



Für die Restaurierung der Metallsärge wurde das Unternehmen Haber und Brandner beauftragte, um die Holzsärge kümmerte die Firma Blohm und Tillwick aus Lüneburg. „Wir haben hier alle Hand in Hand gearbeitet. Auch die Archäologin und Anthropologin Dana Vick aus Hamburg hat an dem Projekt mitgewirkt. Sie hat sich die Knochen teilweise angeschaut und zugeordnet, da sie mitunter durcheinander geraten sind“, so Andreas Ströbl weiter.

Dana Vick erklärt WolfenbüttelHeute.de am Telefon, wie sie bei ihrer Arbeit vorgegangen ist und welche Erfahrungen sie während der Umbettung der Welfenfamilie gemacht hat. „Zur Zeit befinden wir uns noch in der Auswertung und erstellen eine Übersicht der Funde, deshalb kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nicht viel sagen. Über die Arbeit an sich kann ich sagen, dass es teilweise sehr schwierig war. Die Feuchtigkeit in der Gruft hat viel zerstört. Bei einigen Särge waren die Böden durchgebrochen und die Knochen aus den Särgen gefallen. Wir haben mitunter nur noch einzelne Knochen vorgefunden, deren Zuordnung zu Geschlecht und Person sehr schwer war. Nur anhand eines einzelnen Knochens kann man manchmal nicht einmal mehr das Geschlecht feststellen. Manche Knochen wiesen ganz merkwürdige Abriebspuren auf, die ich mir nur damit erklären kann, dass sie tatsächlich im Wasser lagen und aneinander gerieben sind. Das war schon eine Besonderheit“, erklärt die Anthropologin.

Keine leichte Arbeit


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Andreas Ströbl beim Vermessen des Innensargs von Elisabeth Juliane von Holstein-Norburg, der Gattin von Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel . Foto:



Die Knochenüberreste sind nach 300 Jahren in der feuchten Gruft nicht mehr sehr gut erhalten. Teilweise haben sich die Knochen komplett zersetzt und sind in eine pulverartige Substanz zerfallen. Andere Särge waren gut erhalten und enthielten noch Teile der Sargausstattung, Kleidung, Nadeln, Knöpfe und Beigaben wie botanische Reste.

Gemeinsam mit Regina Ströbel hat die Hamburgerin die beschädigten Särge und deren Inhalte auf kleinste Teile untersucht. Besonders die Teile, die aus den Särgen gefallen waren, mussten mit viel Fingerspitzengefühl aussortiert und gesiebt werden. „Da die Knochen auf dem Boden der Gruft lagen, waren sie mit Erde, Plastik und andern Teilen vermischt. Da mussten wir auf die kleinsten Dinge achten und genau hinsehen. Leider erleben wir sehr oft, dass Grüfte in diesem Zustand sind. Sie wurden entweder durch Vandalismus, oder durch Grabräuberei so zugerichtet, oder sind einfach aufgrund schlechter Belüftung und Feuchtigkeit zerstört", sagt Dana Vick.

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Regina Ströbl reinigt mit einem Miniaturstaubsauger Textilien in einem der Särge, um den Leichnam für die die Rückbettung vorzubereiten. Dies dient nicht nur der Dokumentation, sondern ist auch der Würde des Toten geschuldet. Foto:



„Während unserer Arbeit waren wir sehr darauf bedacht, die Würde der Leichname zu bewahren und so störungsfrei wie möglich zu arbeiten. Wir haben nur das untersucht, was offensichtlich und zugänglich für uns war. Wir haben die Leichname, die zum Teil noch in Textilien verhüllt waren, auch so gelassen und nur zum Zweck der Umbettung entnommen und oberflächlich beschaut. Bei Anton Ulrich zum Beispiel saß die Perücke noch auf dem Kopf. Dort haben wir sie auch gelassen. Dieser Sarg, in dem auch seine Frau lag, war noch sehr gut erhalten und nicht durchgebrochen. Anton Ulrich und seine Frau lagen noch so, wie man sie zum Zeitpunkt der Bestattung hineingelegt hatte. Auch einige Kindersärge waren noch gut erhalten“, so Dana Vick weiter. Ob Anton Ulrich vor seinem Ableben tatsächlich einen Oberschenkelhalsbruch hatte, konnte Dana Vick bisher nicht bestätigen. Aber die Ergebnisse stehen ja noch aus. „Vielleicht werden wir einige Ergebnisse in die Dauerausstellung einfließen lassen, die wir gerne mit gestalten würden“, schließt die Anthropologin.


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