Dolle-Ausstellung: Damenmode 1935 in Wolfenbüttel




Wolfenbüttel. Mit der "Damenmode 1935 in Wolfenbüttel und Braunschweig" beschäftigt sich die aktuelle Ausstellung von Dietmar Dolle im Schaufenster der Aktionsgemeinschaft Altstadt im Kleinen Zimmerhof. In den nächsten vier Wochen kann sie dort betrachtet werden.

In dem großen und architektonisch interessanten (da in der Straßenkrümmung runden) Gebäude Kommissstraße 10 in Wolfenbüttel gegenüber der Kommisse befand sich zumindest seit 1907 ein Weiß- und Wollwarengeschäft. Inhaber war der Kaufmann Hans Lüthge.

Einkaufhaus der sparsamen Hausfrau


Vor 1919 übernahm der Kaufmann Wilhelm Herbst die Firma. Anfang der 1930er Jahre wurde sie mit dem Gebäude Kommissstraße 9 erweitert und bis etwa 1950 als Einkaufshaus der sparsamen Hausfrau, Textilhaus bzw. Geschäft für Textil-, Manufaktur- und Modewaren geführt. Offenbar stieg in den 1940er-Jahren der Sohn Wilhelm Herbst Junior mit in das Geschäft ein und wohnte wie seine Eltern mit seiner Familie ebenfalls mit im Haus. In den Jahren 1949 und 1951 sind die Kaufmänner Wilhelm Herbst Senior und Junior noch als Bewohner in der Kommissstraße 10 aufgeführt, 1954 lediglich die Witwen Gertrud und Margerete Herbst. Nachdem auch Wilhelm Herbst Junior verstorben war, übernahmen dessen Schwiegereltern bis etwa Ende 1955 das Geschäft. Es handelte sich um den Kaufmann Ernst Jürgens und seine Ehefrau, die parallel das Modehaus Jürgens am Schulwall 2 betrieben, ein Fachgeschäft für Damenbekleidung und -Stoffe. Da das Ehepaar mit beiden Geschäften offenbar überfordert war, gaben sie sie auf.

Am 3. November 1956 wurde in der Kommissstraße 9 / 10 das Kaufhaus MONOPOL eröffnet. Mit rund 500Quadratmetern angemieteter Verkaufsfläche in den Erd- und Obergeschossen rechtfertigte es damals die Bezeichnung als Kaufhaus. 

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Seite zwei des Werbeprospektes der Frühjahrs- und Sommer-Damenmode 1935 des Textilhauses von Wilhelm Herbst. Foto:


Die beworbenen Artikel tragen weibliche Vornamen


In dem schönen sechsseitigen Werbeprospekt für Frühjahr/Sommer 1935 stellt der Kaufmann Wilhelm Herbst die neue Damenmode vor, insbesondere Kleider, Kostüme und Blusen. Der Prospekt ist unter mehreren Aspekten sehr interessant. Die Modelle erscheinen ungewöhnlich bzw. unnatürlich groß und schlank und erinnern an ihre oft spindeldürren Nachfolgerinnen der Neuzeit. Andererseits stellen sie vielleicht auch nur Wunschbilder dar, denn sie sind idealisiert gezeichnet. Die Damen in edler Kleidung, Schuhen und Hüten, zum Teil mit Handtäschchen, flanieren in Grünanlagen, eine Treppe hinunter oder sitzen leger an einem Tisch. Die beworbenen Artikel tragen weibliche Vornamen und werden kurz beschrieben. 

Neue Frühjahrs-Moden 1935 von Rosbach & Risse aus Braunschweig


Die beiden jüdischen Kaufleute Simon Hamburger und Nathan Littauer gründeten 1888 in Braunschweig, Kohlmarkt 3, das Damenmodewaren- und Konfektionsgeschäft Hamburger & Littauer. DasFachwerkgebäude wurde 1723 vom in Wolfenbüttel wohnhaften herzoglichen Baumeister Hermann Korb errichtet. Umbauten erfolgten 1893 und 1924. Aufgrund des wirtschaftlichen Erfolgs wuchs das Unternehmen schnell und konnte bis zum Ersten Weltkrieg durch das 1897/1898 erbaute Haus Kohlmarkt 4 und Hutfiltern 11 – 13 erweitert werden. Nathan Littauer verstarb bereits 1908 und Simon Hamburger im Jahr 1928.

Rund 110-jährige Firmengeschichte


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Titelseite des Werbeprospektes für Frühjahrs-Damenmode 1935 des Bekleidungsgeschäftes Rosbach & Risse in Braunschweig, Kohlmarkt. Foto:



Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten kam es am 11. März 933 in Braunschweig zum sogenannten Warenhaussturm, bei dem als Zivilisten gekleidete SS-Angehörige Schaufenster und Einrichtungen jüdischer Geschäfte zerstörten. Am 1. April 1933 folgte der sogenannte Judenboykott im ganzen Reich. Inhaber der Firma Hamburger & Littauer waren damals die Christin Paula Rosbach und der Jude Siegfried Fröhlich. Ab 1. Mai 1933 war die Firma arisiert und hieß nun Rosbach & Risse, benannt nach den neuen Eigentümern Paula Rosbach und dem 1932 in die Firma eingetretenen Friedrich Wilhelm Risse. Der vorherige Mitinhaber Fröhlich wurde wegen Rassenschande inhaftiert. Nach seiner Entlassung ging er nach Brüssel, wo er 1940 verstarb. Ende 1939 war auch Paula Rosbach aus dem Geschäft ausgeschieden, so dass Risse nun alleiniger Inhaber war.

Da das Firmengrundstück nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst beschlagnahmt war, konnte Rosbach & Risse am Kohlmark erst 1952 wieder eröffnet werden. Nach dem Tod von Friedrich Wilhelm Risse im Jahr 1967 wurde die Firma zunächst noch von seiner Familie weiter geführt und 1992 an die Münchner Konen Bekleidungshaus KG verkauft. Ende der 1990er Jahre wurde das Unternehmen in Braunschweig aufgelöst.

In dem achtseitigen Werbeprospekt für das Frühjahr 1935 stellen Rosbach & Risse die neue Damenmode, insbesondere Kleider, Kostüme und Mäntel, vor und bieten auch häusliche Bedienung und kürzeste Lieferfrist in Trauerfällen an.