In der vergangenen Woche hatten wir in Stadt und Landkreis Wolfenbüttel bereits die ersten warmen und milden Tage des Jahres. Bei frühlingshaften Temperaturen herrscht auch rege Flugtätigkeit an den Bienenvölkern des Instituts für Bienenkunde Oberursel. Doch die etwa 20 Bienenwissenschaftler der deutschen Bieneninstitute führt ein sehr ernstes Thema zu einer Krisensitzung zusammen.
[image=5e1764d4785549ede64cd189]Bis zu 30% aller Bienenvölker in Deutschland sind 2011/2012 der Milbe Varroa destructor zum Opfer gefallen. Einzelne Imker haben sogar alle ihre Völker verloren. Die Forscherinnen und Forscher haben sich getroffen, um die deutschlandweite Situation der Bienenhaltung und Lösungskonzepte zum Varroaproblem zu diskutieren.
Die ursprünglich in Asien beheimatete und nur auf Bienen vorkommende, parasitische Milbe Varroa destructor bildet die größte Gefahr für unsere Bienenvölker. Ohne effektive Behandlung kann die Varroamilbe ein befallenes Volk letztendlich zugrunde richten. Die Wissenschaftler erwarten für das Jahr 2012 Verluste im Umfang von 20-30% aller Völker. In Deutschland sind das fast 300.000 Völker. Die Bekämpfung der Milbe ist daher eines der vordringlichen Ziele der Forschung.
Allerdings gibt es leider immer noch kein Patentrezept, mit dem die betroffenen Imker ihre Völker retten können. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind aus ganz Deutschland für einen Tag nach Oberursel angereist, um sich ein umfassendes Bild der Lage zu machen und neue Behandlungskonzepte zu diskutieren. Dr. Ralph Büchler, Leiter des Bieneninstituts in Kirchhain, Hessen fasst die Strategie zusammen: „Wir brauchen eine gemeinsame Linie, ein Konzept für alle Betriebsweisen, Methoden, die alle wissenschaftlichen Institute in ihre Beratung aufnehmen können.“
Die Ausgangslage ist allerdings nicht eindeutig, starke regionale Unterschiede erschweren eine Einschätzung der Lage. Nur in einem sind sich alle einig: die Varroasituation für die Imkereien ist überaus bedrohlich. Die Verluste werden 2012 erheblich sein und einige Forscher beobachten eine deutliche Zunahme der Varroamilben. So weisen in einer Langzeitstudie des Oberurseler Instituts in einem hessischen Landkreis die Varroabefallszahlen steil nach oben.
Dieses Jahr haben wir so viele Milben gezählt, wie in keinem der Jahre seit 2008 zuvor. Wir müssen dringend etwas tun!“ fasst Prof. Dr. Grünewald, Leiter des Instituts für Bienenkunde Oberursel und Gastgeber des Symposiums die Ergebnisse zusammen.
Doch die Sache mit der Behandlung hat einen Haken: prinzipiell wirken zwar die in Deutschland zugelassenen Medikamente gegen die Varroose bei richtiger Anwendung. Aber ihr Einsatz ist schwierig, zeitraubend und der Erfolg nicht immer garantiert. Die deutschlandweite Zulassung von Medikamenten, die in anderen Ländern eingesetzt werden, bringt potentiell neue Probleme:
Rückstände im Wachs oder medikamentenresistente Milben. Dr. Werner von der Ohe, Leiter des niedersächsischen Bieneninstituts in Celle und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Bieneninstitute, zieht ein Resümee: „Wir brauchen modulare Behandlungskonzepte und dürfen nicht vor Tabus haltmachen. Neben den „weichen“ Akariziden wie der Ameisensäure und den ätherischen Ölen müssen wir ernsthaft über den Einsatz „harter“ Medikamente nachdenken. Daneben sind die praktische Imkerberatung und die Erforschung nachhaltiger, biologischer Methoden wichtige Stützpfeiler einer zeitgemäßen Bekämpfung der Varroose.“
Für die Forscher geht es nächste Woche gleich weiter. Sie treffen sich in Bonn auf der 59. Jahrestagung der AG der Bieneninstitute (27.03. – 29.03.2012, Rheinische Friedrich Wilhelms Universität Bonn). Dort werden sie die Ergebnisse ihrer Diskussion den Kollegen und den Medien vorstellen.