[image=5e1764d1785549ede64cd0e7]Mit einem ökumenischen Gottesdienst und einem Festakt haben heute die evangelische und die katholische Kirche in Deutschland den Beginn ihrer Zusammenarbeit mit der Bundesregierung in der Entwicklungsarbeit vor 50 Jahren gewürdigt. Seit 1962 setzen sich die Katholische Zentralstelle für Entwicklungshilfe (KZE), die Evangelische Zentralstelle für Entwicklungshilfe (EZE) und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gemeinsam dafür ein, die Situation der Armen und Benachteiligten in der Welt zu verbessern. An dem Gottesdienst in der St. Elisabeth-Kirche in Bonn nahmen unter anderem Bundespräsident Joachim Gauck und Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel teil, sowie der Vorsitzende der EZE, Prälat Bernhard Felmberg, und der Vorsitzende der KZE, Prälat Dr. Karl Jüsten.
In seiner Eröffnungsansprache während des Gottesdienstes erinnerte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, daran, dass der Entwicklungsdienst der Kirchen – ebenso wie die Entwicklungspolitik des Staates – allen Menschen gelte: „Nationalität, Herkunft, Religion sind keine Begrenzungskriterien für unsere Solidarität. Allein die Bedürftigkeit zählt. Denn alle Menschen sind geliebte Geschöpfe des himmlischen Vaters.“ Wenn der gemeinsame Dienst Menschen zu Selbständigkeit und Eigenverantwortlichkeit befähigen solle, dann setze dies neben fachlicher auch moralische Kompetenz voraus. „Kirchliche Entwicklungsarbeit nimmt für sich in Anspruch und muss sich daran messen lassen, dass sie aus der Kraft des Evangeliums handelt und von menschlichem Mitfühlen und Mitleiden inspiriert ist“, so Zollitsch. „Es ist für uns Kirchen keine Festtagsrhetorik, wenn wir sagen: Die Armen selbst müssen Träger der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung sein. Voraussetzungen dafür zu schaffen und Hindernisse zu beseitigen, das ist die Aufgabe staatlicher Politik und kirchlicher Entwicklungsarbeit. Unsere Solidarität will Menschen befähigen, das eigene Leben und das Leben ihrer Gemeinschaften selbstständig zu gestalten. Sie darf nie dazu führen, dass Menschen zu ewigen Schutzbefohlenen werden. Unser Handeln muss subsidiär sein.“
Das betonte auch der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Nikolaus Schneider. „Wir wissen aus 50 Jahren Erfahrung, dass die Armen die Kraft, den Mut, die Kreativität und den Willen besitzen, ihr Leben, ihr Umfeld und ihre Gesellschaft zu gestalten. Dabei wollen wir sie unterstützen. Der Mensch und seine eigene Handlungsfähigkeit stehen für uns immer im Zentrum unserer Förderung.“ Dieser Grundgedanke drohe leider immer mehr, in der Entwicklungszusammenarbeit verloren zu gehen. „Unter dem Diktat von Effizienz, Geberabsprachen und Ergebnisorientierung wird allzu leicht aus dem Auge verloren, dass die Armen den notwendigen Freiraum für ihre eigene Gestaltung und eigene Ideen haben müssen, wenn sie nachhaltig ihr Leben verändern wollen.“
Erzbischof Zollitsch würdigte das Verhältnis der katholischen und der evangelischen Zentralstelle zum Entwicklungsministerium, das von Anfang an vom Prinzip der Partnerschaft und gegenseitiger Achtung geprägt gewesen sei: „Es gibt eine hohe Kooperationsbereitschaft, weil wir uns gemeinsamer Ziele verpflichtet wissen. Alle Bundesminister und Bundesministerinnen, die für das Entwicklungsressort zuständig waren, bemühten sich um Dialog, um engen Kontakt und effiziente Zusammenarbeit. Das hat den Kirchen und dem Staat gleichermaßen genutzt. Dankbar dürfen wir auf eine erfolgreiche Lernpartnerschaft zwischen dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und den beiden kirchlichen Zentralstellen zurückblicken.“ Von Beginn an habe sich gezeigt, wie wichtig eine enge Zusammenarbeit zwischen den beiden Kirchen ist: „Das gemeinsame Auftreten der beiden Zentralstellen gegenüber Bundesregierung und Parlament war immer ihr Markenzeichen. Das ist gelebte Ökumene.“
Präses Schneider fügte in seiner Predigt hinzu, dass es manchmal gerade der Glauben der Armen sei, der daran erinnere, dass Gottes Kraft größer ist als die strukturelle Gewalt ungerechter Wirtschaftssysteme. Im Namen Jesu könnten auch vorgebliche Sachzwänge außer Kraft gesetzt werden. „Gottes Heilshandeln hat den Körper und die Seele des Menschen im Blick. Darum hat Jesus Christus zu den Menschen nicht nur vom Reich Gottes gesprochen. Jesus Christus hat die Menschen das Reich Gottes auch mit ihren körperlichen Sinnen erfahren lassen. Er machte gesund, die der Heilung bedurften und er schenkte ihnen mit dem Speisungswunder leibliche Nahrung im Überfluss.“ Mitmenschlichkeit und solidarisches Teilen dürften nicht nur leere Worthülsen sein. „Das Gottesgeschenk der Gottebenbildlichkeit ruft und befähigt uns Menschen zu Kreativität und Freiheit, um Verantwortung zu übernehmen für uns und für unsere Mitmenschen, für unsere Welt und für das von Gott geschaffene Universum. Gott will uns die Kraft schenken, Recht und Gerechtigkeit auf unserer Welt erfahrbar zu machen!“
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