Wolfenbüttel. Der Landkreis Wolfenbüttel hat ein Landschaftsschutzgebiet in der Samtgemeinde Baddeckenstedt ausgewiesen. Die Verordnung trat Ende März in Kraft, nachdem der Kreistag diese im Januar einstimmig beschlossen hatte. Innerhalb der Natura 2000 Kulisse war es seit langem als Fauna-Flora-Habitat-Gebiet (FFH-Gebiet) eingestuft. Das neue Schutzgebiet fasst die beiden FFH-Gebiete „Hainberg, Bodensteiner Klippen“ sowie „Nette und Sennebach“ zusammen. Der Landkreis Wolfenbüttel passt die Verordnung somit einer EU-Richtlinie an, deren Ziel der Erhalt der Artenvielfalt ist. Dies teilt der Landkreis Wolfenbüttel in einer Pressemitteilung mit.
Das waldreiche Schutzgebiet mit Felsen, welligen Höhenlagen und schönen sowie vielfältigen Aussichten lade zur Erholung und zum Erleben der vielschichtigen Landschaft ein. Als Ausgangspunkt für Wanderungen würden sich Parkplätze am „Jägerhaus“ oder „Potsdamer Platz“ anbieten. Auf abwechslungsreichen Wegen quert auch der Harz-Hildesheim-Weg des Harzklubs die Hainberge. Die Bodensteiner Klippen seien ebenfalls ein begehrtes Ausflugsziel.
„Der bewaldete Höhenzug der Hainberge mit seinen vorgelagerten welligen Ackerflächen ist von besonderer Ausprägung und Schönheit und prägt das Landschaftsbild im Westen der Samtgemeinde Baddeckenstedt auf besondere Weise. Die umliegenden, dem Wald vorgelagerten Flächen wurden deshalb in das Landschaftsschutzgebiet einbezogen. Das Landschaftsbild ist ein hohes Schutzgut und gehört zum Schutzweck der neuen Verordnung“, so Silke Krause, Mitarbeitern der Unteren Naturschutzbehörde im Landkreis Wolfenbüttel.
Schutzgüter von landesweiter Bedeutung
Der Hainberg mit Sennebach weise mit Silikatfelsen mit Felsspaltenvegetation, Orchideen-Kalkbuchenwäldern, Kalktrockenrasen, Buchen- und Eichenmischwäldern herausragende Schutzgüter und europaweit geschützte Lebensraumtypen auf. Von landesweiter Bedeutung seien dabei die ausgedehnten Buchenwälder in ihrer Ausprägung auf Kalk und Sandstein, die hier niedersachsenweit eines ihrer größten Vorkommen mit Pflanzenarten wie Weißem Waldvögelein oder Braunroter Ständelwurz hätten. Die Sandsteinfelsen aus Hilssandstein der Unterkreide (vor etwa 110 Millionen Jahren entstanden) würden das zweitgrößte Vorkommen von Silikatfelsen im niedersächsischen Teil des Weser- Leineberglandes darstellen. Der Sennebach als Teil des Gewässersystems der Nette genieße ebenfalls landesweite Bedeutung.
Herausragende Arten auf Felsen und in Wäldern
Die Felsen würden seltene Farne, Moose und Flechten mit beeindruckenden Namen aufweisen: Prächtiger Dünnfarn, Dreilappiges Peitschenmoos, Mondblättriges Kopfsprossmoos, Ebenästige Rentierflechte, Gefalteter Nabeling oder Felsen-Schwarzfilz scheinen ihre eigenen Geschichten zu erzählen. Damit nicht genug: Als Erstfund im Rahmen der FFH-Kartierung für den Managementplan im Jahr 2019 sei das „Grüne Koboldmoos“ eine kleine Sensation, galt es doch in Niedersachsen seit mehr als 100 Jahren als ausgestorben.
Das Große Mausohr, eine Fledermausart nutze dagegen im Schutzgebiet die unterwuchsarmen Buchenwälder als Jagdgebiet. Als „Bodenjäger“ sei die Art spezialisiert, den Boden im Flug aus geringer Höhe nach meist mittelgroßen Insekten wie Laufkäfern abzusuchen und abzulesen - „ground gleaning“ werde das in Fachkreisen genannt. Die Wochenstuben dieser Fledermausart werden auch in innerhalb von Ortschaften in der Region vermutet.
Klimawandel und seine Folgen auch im Schutzgebiet sichtbar
Die Effekte des Klimawandels mit höheren Durchschnittstemperaturen, heißen Sommern und geringeren Niederschlagsmengen würden auch dem Wald im Hainberg seit einigen Jahren zusetzen. Verschiedene Phänomene würden hier zusammenkommen: Etwa das Eschentriebsterben, ausgelöst durch einen Pilz aus Asien, das meist zum Tod des Baumes führt; die Buchenkomplexkrankheit, welche Rotbuchen infolge der trockenen, heißen Sommer stark in Mitleidenschaft zieht und teilweise absterben lässt. Klimawandel und heiße Sommer schufen auch optimale Bedingungen für den Borkenkäfer, wodurch derzeit die Fichten absterben. Ein Phänomen, das aus dem Harz in großer Dimension bekannt sei.
Ziel des Naturschutzes sei es, künftig stabile Wälder zu entwickeln, mit natürlicher Verjüngung, einer vielfältigen Mischung heimischer Baumarten sowie dem Verbleib von alten und toten Bäumen im Wald als „Schutzschirm“ für die Jungbäume. Die wertvollen Lebensraumtypen und FFH-Arten im Schutzgebiet zu erhalten und zu entwickeln sei durch die EU-Gesetzgebung eine Pflichtaufgabe der Landkreise, also der Unteren Naturschutzbehörden.
mehr News aus Wolfenbüttel