[image=44717]Die evangelische Kreuzkirche in Istanbul feiert in diesem Jahr ihren 150. Geburtstag. Zu diesem Anlass wird der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Nikolaus Schneider, am 3. und 4. Dezember zu den Jubiläumsfeierlichkeiten der deutschsprachigen evangelischen Auslandsgemeinde an den Bosporus reisen.
Am Samstag, 3. Dezember, ist zuerst eine Begegnung mit dem griechisch-orthodoxen Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomäus I., geplant. Am Sonntag, 4. Dezember, findet um 10.30 Uhr ein Festgottesdienst in der Kreuzkirche im Stadtteil Tarlabasi in Beyoğlu (Aynalıçeşme, Emin Camii Sok. 30, 34435 Beyoğlu) statt, in dem der Ratsvorsitzende die Predigt halten wird.
Sowohl der Besuch der Auslandsgemeinde wie auch die Begegnung mit dem Ehrenoberhaupt der orthodoxen Kirche solle ein Zeichen der Solidarität mit der christlichen Minderheit in der Türkei setzen, erklärte der EKD-Ratsvorsitzende im Vorfeld der Reise. Stellten die Christen am Ende des 19. Jahrhunderts noch rund 25 Prozent der Bevölkerung im Gebiet der heutigen Türkei, bilden sie heute nur noch rund 0,2 Prozent. Sowohl die einheimischen Kirchen wie auch die Auslandsgemeinden erleben in der Türkei zahlreiche Einschränkungen. „Wir haben mit großer Freude die Ankündigung des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan gehört, dass der türkische Staat den christlichen und jüdischen Gemeinden konfisziertes Eigentum zurückgeben werde. Nun kommt es freilich auf die tatsächliche, unbürokratische Umsetzung dieser Ankündigung an.“
Es gehe aber nicht nur um die Eigentumsfragen, erklärte Präses Schneider. „Wir erwarten die grundsätzliche Anerkennung der öffentlichen Religionsfreiheit aller christlichen Kirchen in der Türkei, die europäischen Standards entspricht. Sowohl die orientalischen als auch die orthodoxen, evangelischen und katholischen Kirchen müssen ihre Geistlichen im Land ausbilden können.“ Obwohl in der Vergangenheit bereits mehrfach eine Wieder-Eröffnung in Aussicht gestellt worden sei, sei die Ausbildungsstätte für Theologen in der Orthodoxen Akademie auf Heybeliada/Chalki noch immer geschlossen. Auch die juristischen Enteignungsversuche des syrisch-orthodoxen Klosters Mor Gabriel im Tur Abdin verfolge er mit großer Sorge, so Schneider. Angesichts der vielen gestrandeten Flüchtlinge am Bosporus freue er sich über die ökumenischen und die interreligiösen Initiativen der Gemeinden in Istanbul und Ankara, in die auch die deutschsprachige evangelische Gemeinde eingebunden ist.
Die Evangelische Gemeinde deutscher Sprache in der Türkei ist bereits über 160 Jahre alt. Kaufleute, Offiziere und Handwerker, die aus Deutschland, Österreich und der Schweiz nach Konstantinopel gekommen waren, gründeten hier im Jahr 1843 eine evangelische Gemeinde. Von Anfang an engagierte sich diese auf dem Gebiet der Diakonie. Ihre Mitglieder gründeten das “Evangelische Asyl“, einen Verein, der Menschen unterstütze, die krank geworden oder als Fremde in die Hauptstadt des Osmanischen Reiches gekommen waren. Aus diesem Verein ging später das Deutsche Krankenhaus (Alman Hastanesi) hervor. Außerdem gründete die Gemeinde im Jahr 1850 eine deutsche Schule, in deren Räumen heute die Wohnung der Pfarrerin untergebracht ist. 1861 konnte die Evangelische Gemeinde schließlich ihre Kirche einweihen, welche über der Schule in Beyoğlu errichtet worden war. Zuvor waren - seit dem 16. Jahrhundert - evangelische deutschsprachige Gottesdienste in verschiedenen Gesandtschaftskapellen abgehalten worden.
Anlässlich ihres Jubiläums zeigt die Gemeinde eine Ausstellung über die Geschichte des Kirchenbaus und des frühen Gemeindelebens. In den Akten existiert einzigartiges Material, das bis zu den Anfängen zurückreicht: Taufregister mit ersten Einträgen von 1844, sowie Sterbe- und Trauregister, ein Abendmahlgeschirr von 1855, Pläne zur Geschichte und Renovierungsarbeiten am und im Gebäudekomplex. Fotos zeigen, wie die Kirche einmal ausgesehen hat, bis hin zu Details wie der kaiserlichen Botschafterloge.
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