Wolfenbüttel. Der Lessing-Preis für Kritik 2024 wird von den Kooperationspartnern Die Braunschweigische Stiftung, Lessing-Akademie e.V. Wolfenbüttel und Stadt Wolfenbüttel an den in Bayern und Italien lebenden Publizisten, Film- und Kulturkritiker Georg Seeßlen vergeben. Die Preisvergabe findet am 12. Mai 2024 um 11 Uhr im Lessingtheater in Wolfenbüttel statt. Dies teilte der Lessing-Akademie e.V. mit.
Die Braunschweigische Stiftung, die Stadt Wolfenbüttel und die Lessing-Akademie e.V. hatten am 8. Februar 2024 zu einem Pressegespräch in das Lessinghaus in Wolfenbüttel eingeladen (die letzte historische Wirkungsstätte Gotthold Ephraim Lessings). Friedemann Schnur, Geschäftsführender Vorstand der Braunschweigischen Stiftung, begrüßte die Anwesenden und hob die Bedeutung des Lessing-Preises für Kritik vor dem Hintergrund aktueller Krisen und Ereignisse hervor. Kritik sei mehr denn je als ein elementarer Bestandteil einer pluralistischen Gesellschaft zu würdigen. Der Lessing-Preis für Kritik zeichne in diesem Sinne Menschen aus, die sich mit ihrer Kritik in besonderer Weise, fachübergreifend, institutionell unabhängig und risikofreudig hervorgetan haben. Thorsten Drahn, erster Stadtrat und stellvertretender Bürgermeister der Stadt Wolfenbüttel, wies ebenfalls auf die Wichtigkeit der Auszeichnung hin und stellte Georg Seeßlen als diesjährigen Preisträger vor.
Mit seinem umfangreichen Werk habe Seeßlen nahezu jedes gesellschaftliche Phänomen im Blick, vom zunehmenden Rechtsdruck, über Film und Fernsehen bis zur Popkultur im Alltag. Im Anschluss verlas Prof. Dr. Cord-Friedrich Berghahn, Literaturwissenschaftler an der Technischen Universität Braunschweig, Präsident der Lessing-Akademie und Jury-Mitglied des Lessing-Preises für Kritik, die Begründung der Jury und berichtete von der Diskussion der Jury. Dr. Manuel Zink, Geschäftsführer der Lessing-Akademie, hatte Seeßlen über die Entscheidung der Jury informiert.
Seeßlen sei überrascht und sehr erfreut gewesen über die Entscheidung. Die Nachricht habe ihn erst einmal umgehauen. »Ich bin natürlich sehr glücklich, stolz und auch ein bisschen verlegen«, teilte Seeßlen mit. »Solch große Gesellschaft, eine solche Jury! Und dann noch die Möglichkeiten, weitere Impulse zu entwickeln. Ein wirklich wahnsinnig schönes Gefühl, und ich beginne schon, mir Gedanken dazu zu machen…« Zink stellte außerdem den diesjährigen Förderpreis vor: Das Projekt "The Art Road To Peace", das der Verein Tamad e.V. im Tel Aviv Museum of Art in Israel umsetzt. Das Projekt rege Kinder und Jugendliche zum interkulturellen Austausch an durch eine vielseitige, praktische Beschäftigung mit Kunst und Kunstobjekten und verwirkliche damit Lessings Idee der Toleranz, die dieser in seinem Drama Nathan der Weise (geschrieben im Lessinghaus) mit der berühmten Ringparabel ausformuliert habe.
Jury-Begründung zur Vergabe
"Mit Georg Seeßlen ehrt die Jury einen herausragenden Kritiker, dessen Werk geprägt ist von einer facettenreichen, kapitalismusskeptischen Medien- und Kunstkritik im Sinne einer sensiblen, unaufdringlichen Sezierung der politischen Kultur. Stilistisch vielfältig und mit argumentativer Klarheit wendet sich Seeßlen gegen unlautere Vereinnahmungen von Kunst und Kultur, indem er die Erzeugungsweisen von Halbwahrheiten dekonstruiert und die Gefährdung der Gegenwartskunst durch ökonomische und ideologische Zwänge bis ins Detail aufdeckt.
Dichte, faktenbasierte Analysen verbindet Seeßlen mit eleganten und risikofreudigen Interventionen – nicht selten experimentell, stets ästhetisch anspruchsvoll. Seine präzisen Beobachtungen (pop-)kultureller Denkräume, seine umsichtige Zergliederung gesellschaftlicher Verwurzelungen mit all ihren Ambivalenzen rufen Lessings wortgewandte und historisch kundige Praktiken der Wahrheitsdiskussion in Erinnerung. Couragiert steht Seeßlen für eine umfassende Kultur- und Gesellschaftskritik ein, in der das »Prinzip Pop« als selbstreflexives Medium von Gesellschaft dient sowie als Widerhaken für populistische und kapitalismusgefällige Ambitionen."
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