Wolfenbüttel. Wenn alles so gelaufen wäre, wie es sich Gerd Grendel vor 22 Jahren vorgenommen hatte, wäre er heute auf der Straße. “Ich wollte eigentlich Streetworker werden”, erzählt er, “offenen Jugendarbeit, auf der Straße arbeiten”. Aber daraus wurde nichts. Sein damaliger Studentenjob kickte sein Leben in eine ganz andere Bahn. Und nun ist er als Technischer Leiter der Versammlungsstätten in Wolfenbüttel angekommen…
Rückblick: Wir schreiben das Jahr 1993 und sind – in Köln. Der 21-jährige Gerd Grendel schwitzt hier in der Uni und büffelt für sein Studium als Diplom Sozialpädagoge. Da man als Student auch von irgendwas leben muss, hat er damals einen Studentenjob gesucht. Groß und kräftig – wie er damals schon war – fiel seine Wahl auf das Angebot eines Veranstalters bei ihm als “Stagehand” (also Bühnenhelfer) und Lagerist zu arbeiten. Grendels Problem: Der komplexe Bereich Veranstaltungstechnik gefiel und reizte ihn. Und so entschied er sich nicht gerade schweren Herzens das Studium zu schmeißen, um sich mehr mit der Veranstaltungstechnik – anfangs hauptsächlich mit der Lichttechnik – autodidaktisch zu beschäftigen.
[image=5e1767c4785549ede64d361c]"Ich liebe diesen Job, sonst würde ich ihn nicht schon so lange machen."
Gerd Grendel 2015
Ganz ohne Abschluss und Ausbildung wollte der heute 43-Jährige aber auch nicht bleiben. Da traf es sich, dass die IHK die zertifizierte Fachkraft Veranstaltungstechnik aus der Taufe hob. Somit war Gerd Grendel einer der ersten 83 Menschen in Deutschland, die diesen Titel tragen durften. Spätestens seit diesem Punkt war er dick (nicht nur körperlich) im Geschäft – und bei Veranstaltern ein heiß begehrter Mitarbeiter.
Mit den Stones auf Tour
1998 begleitete er die Stones auf ihrer Bridges-to-Babylon-Tour durch Deutschland – als technischer Leiter für die Nebenbereiche verantwortlich. 1999 war er Projektleiter bei den Ruhrfestspielen in Recklinghausen. Theater in einer Industriezeche – für Grendel ganz großes Kino. Denn spezielle Lösungen für Herausforderungen an die Technik zu entwickeln, das ist heute noch sein größtes Steckenpferd.
Im Jahr 2000 wechselte der passionierte Motorradfahrer in die Industrie. Hauptsächlich war er fortan für einen Rüsselsheimer Automobilbauer im Bereich Veranstaltungstechnik auf Marken- und Managementebene als auch im Design-Center tätig. Drei Jahre später die Rückkehr als technischer Leiter nach Köln zu einer Firma, die sich auf anspruchsvolle Lösungen im Bereich Veranstaltungstechnik spezialisiert hat. “Hier konnte ich ganz eng mit Künstlern zusammenarbeiten, um deren Ideen technisch umzusetzen”, plaudert Grendel.
2005 veränderte sein Leben
Das, was ihm am meisten Spaß machte, war also sein Beruf. Es lief bei ihm wie am Schnürchen. Bis 2005. In diesem Jahr nahm sein diskontinuierliches Leben wieder einen Wendepunkt. Grendel wurde von einer älteren Dame flachgelegt. Sie war im Auto, er auf dem Mopped. Am Ende war sein rechtes Handgelenk kaputt wie auch seine Karriere in der Veranstaltungstechnik. Dreieinhalb Jahre dauerte es, bis er seine Hand wieder nutzen konnte. Von dieser langen Zeit erzählt er heute recht nüchtern. Die Gedanken, die ihm damals durch den Kopf gegangen sind? “Ich wollte irgendwie in der Veranstaltungstechnik bleiben… Flucht nach vorn”.
Also machte er von 2007 bis 2009 seinen Meister. “Der Meisterbrief ist wie ein Flur mit vielen Türen”, sagt er. Die eine oder andere hat Grendel geöffnet. Nach der Prüfung wurde er von der IHK gebeten künftig als Prüfer für Meister und später als Ausbilder der Meister zur Verfügung zu stehen. Angebote, die er gerne annahm und für seine eigenen Weiterbildung nutzte. Er qualifizierte sich zum IHK-Trainer in der Erwachsenenbildung, bildete sich im Baurecht fort. “Es gibt nichts Schöneres als Fortbildung”, sagt er mit einem Augenzwinkern. 2009 wurde er schließlich Fachkraft für Arbeitssicherheit und arbeitet auch als Berater im Arbeits- und Gesundheitsschutz. Im gleichen Jahr wechselte er zudem als Meister der Veranstaltungstechnik zur Köln-Messe.
[image=5e1767c4785549ede64d3619]"Meine Schwäche: Ich kann keine Diplomatie.
Meine Stärke: Ich kann keine Diplomatie."
Gerd Grendel 2015
2012: Jahr der Entschleunigung
Sein Motorrad bring für Gerd Grendel die nötige Beschleunigung. Foto:
Eine stressige Zeit, unter die er 2012 einen Schlussstrich zog. Er nahm in diesem Jahr ein Angebot aus Wolfenbüttel an, die technische Leitung der Lindenhalle zu übernehmen. Diesen Schritt in Richtung Entschleunigung hat er bis heute nicht bereut. “Schon nach kurzer Zeit habe ich gemerkt, dass ich hier wirklich angekommen bin”, erklärt Grendel. Hier hat er seine künftige Frau kennen gelernt, hier plant er ein Haus zu kaufen, sesshaft zu werden. “Wolfenbüttel hat ein enormes Wohlfühlklima und viel Lebensqualität”, unterstreicht er. Beweisen muss er sich nämlich nichts mehr. Und wenn er einmal etwas Nervenkitzel und Freiheit braucht, dann schwingt er sich auf seine BMW. 131 Pferde und 1200 Kubik unter dem Hintern bringen das Adrenalin in Wallung. Und wenn Gerd Grendel dann nach einer Tour von der Maschine steigt, von der Straße runter geht, dann ist er in Wolfenbüttel… endlich zuhause.
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