[image=5e1764c9785549ede64ccf14]Die gestrige Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Hannover über die Klage des BUND Niedersachsen gegen die immissionschutzrechtliche Genehmigung des Landkreises Hildesheim für die Schweinemastanlage in Diekholzen endete mit einem Vergleichsvorschlag des Gerichts: Der Landwirt muss bis Ende 2012 eine wirksame Filteranlage nachrüsten und den Güllebehälter auf dem Hof abdecken. Akzeptiert er diesen Vergleich nicht, wird das Gericht aller Voraussicht nach die Genehmigung für die Anlage aufheben, und der Landkreis müsste mit dem Genehmigungsverfahren neu beginnen – mit vollständiger Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und Beteiligung der Öffentlichkeit.
Das Gericht hat in der Verhandlung schwerwiegende Mängel im Genehmigungsverfahren des Landkreises aufgedeckt, der trotz entsprechender Einwände des BUND zu diesem Verfahren davon abgesehen hatte, das Stallbauvorhaben einer vollständigen UVP zu unterziehen.
Der BUND und die örtliche Bürgerinitiative „Gute Luft“ hatten im Genehmigungsverfahren wiederholt darauf hingewiesen, dass Naturschutz- und Flora-Fauna-Habitat (FFH)-Gebiete in der Nähe des Stalls liegen, die die dauerhaften zusätzlichen Nährstoff-Frachten aus den Schornsteinen der Anlage nicht vertragen würden. Zudem war zu befürchten, dass die Population der geschützten Fischart Groppe im FFH-Gebiet durch Gülle aus dem Stall gefährdet sein könnte.
Nach den gesetzlichen Vorschriften ist eine UVP bereits dann durchzuführen, wenn allein die Möglichkeit einer Beeinträchtigung besteht. Deshalb wäre nach Auffassung des Gerichts eine solche Prüfung durch den Landkreis zwingend gewesen. Das Urteil der Richter lautete: „In dubio pro UVP“. Wie eine solche Prüfung ausgegangen wäre, musste in der Verhandlung gar nicht mehr thematisiert werden.
„Dieses Verfahren ist über den Einzelfall in Diekholzen hinaus von besonderer Bedeutung“, stellt Stefan Ott, stellvertretender Landesgeschäftsführer des BUND fest. In vielen Genehmigungsverfahren entschieden sich die Behörden in Zweifelsfällen schon in so genannten Vorprüfungen dafür, auf die UVP und die FFH-Verträglichkeitsprüfung zu verzichten. Sie vermieden damit häufig eine umfassende Beteiligung der Naturschutzverbände und der Öffentlichkeit an den Verfahren.
„Das hat sich im vorliegenden Fall gerächt. Letztlich hat die Behörde mit ihrer riskanten Genehmigung dem Landwirt nicht gedient. Filter nachzurüsten ist teurer als sie sofort mit einzubauen. Hier zeigt sich wieder einmal, dass die oft beklagte Unsicherheit bei Investitionen nicht der ‚Klagewut’ der Verbände anzulasten ist. Schuld daran sind vielmehr unzureichende Verfahren und rechtlich riskante Genehmigungen der Behörden“, stellt Ott fest.
Der BUND hatte seit Beginn des Genehmigungsverfahrens den Antragsteller und die Behörden gemahnt, die Beurteilung möglicher Umweltauswirkungen umfassend und sorgfältig abzuarbeiten, weil er ansonsten zu einer Klage bereit sei. Zudem hatten der BUND und die Bürgerinitiative einen anderen Standort für die Anlage oder den Einbau wirksamer Filteranlagen gefordert.
„Dass wir dafür nun vor Gericht gehen mussten, das tut uns schon ein wenig leid. Aber unsere Gesprächs- und Einigungsangebote an Landkreis und Landwirt vor der Realisierung des Stalles, wurden leider alle in den Wind geschlagen“, sagt Gerd Klaaßen, Sprecher der Bürgerinitiative.