Wolfenbüttel. Der momentane Leerstand der Ex-Hertie-Immobilie ist offenbar ein Grund, warum Läden und Innenstadt im unteren Teil der Fußgängerzone leer bleiben (WolfenbüttelHeute.de berichtete). Aber was mit dem Rest der Fußgängerzone?
Immer wieder hört man aus der Bevölkerung, dass sich in der Innenstadt zu wenig tue, dass Geschäftsräume leer stünden, oder die Auswahl zu klein sei. Zu viele Bäcker, Apotheken und Handyshops hätten sich entlang der Krambuden und der Langen Herzogstraße angesiedelt.
Der Ruf nach großen Ketten und mehr Vielfalt wird immer lauter. Es solle, so die Forderungen in sozialen Netzwerken oder in Leserbriefen, eine breiteres Sortiment auch für den kleinen Geldbeutel geboten werden. Und vor allem die jungen Leute wollen auf ihre Kosten kommen. Spiegeln diese Forderungen nur die Wahrnehmung der Bürger, oder gibt es tatsächlich so viele Handyanbieter, Friseure und Apotheken in der Fußgängerzone?
Eine "Bestandsliste", die WolfenbüttelHeute.de von der der Stadt Wolfenbüttel zur Verfügung gestellt wurde belegt, welche Branchen sich tatsächlich angesiedelt haben und wie viele Läden leer stehen.
Die Übersicht zeigt: Von mehr als 100 verfügbaren Geschäftsräumen stehen – exklusive Ex-Hertie-Haus und Ex-steeneck-&-bähr-Immobilie – zehn Geschäfte leer. In der Fußgängerzone, zwischen Krambuden, Mühlenstraße, Stadtmarkt, Lange Herzogstraße, Am alten Tore und Okerstraße, verteilt sich eine Mischung aus Bekleidungs- und Schuhgeschäften, Drogerien, Parfümerien, Cafés, Restaurants und Blumenbedarf. Und ja, zahlreiche Handyshops findet man insbesondere zwischen Stadtmarkt und Okerstraße. Sieben an der Zahl. Auch Bäckereien (fünf), Apotheken (vier) und Optiker (fünf) sind in großer Zahl vertreten. Mehr als 30 Läden bieten Mode für Damen und Herren, sowie Schmuck und Accessoires.
Viele Läden haben nur eine sehr kleine Verkaufsfläche. Foto: Anke Donner)
Leerstand in der Innenstadt
Zehn Geschäftsräume in der Innenstadt stehen derzeit leer und hinterlassen bei den Bürgern offensichtlich den Eindruck, es würde mit der Stadt immer mehr Berg ab gehen. Wie die Meinung der sich an der Diskussion Beteiligenden zeigt, herrscht Unverständnis darüber, warum die Stadt Wolfenbüttel nicht in der Lage sei, diese mit Einzelhandel zu füllen und sich keine namhaften Ketten niederlassen würden.
Warum sich großen Unternehmen in Wolfenbüttel nur schwer ansiedeln lassen, erklären City-Managerin Nina Heptner und Wirtschaftsförderer Dietrich Behrens. „Aufgrund der Altstadt sind viele Geschäftsräume nicht besonders groß. Große Ketten fordern aber eine gewisse Größe an Verkaufsfläche. Die meisten Läden geben aber ein Fläche von mehreren hundert oder tausend Quadratmetern einfach nicht her“, so Behrens. So könne ein wichtiges Kriterium nicht erfüllt werden.
Dies sei vielleicht auch ein Grund, warum sich Unternehmen wie New Yorker oder Fishbone irgendwann aus Wolfenbüttel zurückgezogen hätten. Die Nachfrage von WolfenbüttelHeute.de, warum New Yorker seine Filiale in Wolfenbüttel geschlossen habe und wie wahrscheinlich eine Rückkehr nach Wolfenbüttel sei, wollte man von Seiten des Braunschweiger Unternehmens nicht kommentieren.
Ein weiterer Grund, warum die Vermietung der Geschäftsräume schwierig sei, liege darin, dass
beinahe alle Immobilien in der Innenstadt in Privatbesitz seien. „Wir können leider oftmals auch nicht mehr tun, als Eigentümer und Mieter zusammenzubringen und zu beraten. Natürlich schauen wir, ob der Bewerber für ein leerstehendes Geschäft geeignet ist und wir versuchen auch namhafte Betreiber zu gewinnen. Letztlich hat aber immer der Eigentümer das Wort. Er entscheidet, wer zu welchen Konditionen in seine Immobilie einzieht“, erklärt Nina Heptner.
„Und es würde auch nicht helfen, wenn die Stadt einige Gebäude kaufen würde. Ein potentieller Mieter entscheidet nicht danach, wer Eigentümer der Immobilie ist, sondern ob sie für seine Zwecke geeignet ist. Da spielen viele Faktoren rein“, fügt Behrens an.
Zehn Geschäfte in der Fußgängerzone stehen leer. Foto: Anke Donner
Ein weiteres K.O.-Kriterium seien die Kosten, die den Mietern entstehen würden. Manche Branchen würden bestimmte Ausstattungen benötigen und die erforderten Auflagen, die erfüllt werden müssten.
„Es gibt oft tolle Ideen, die einfach am Ende an den Kosten scheitern. Gewisse Anforderungen müssen erfüllt und oft vom Mieter getragen werden“, so Beherens.
Des weiteren wünschten auch die Vermieter Sicherheiten und würden sorgsam auswählen, an wen sie vermieten. Eine namhafte Kette wäre den Eigentümern da wohl am liebsten. Nur die würden sich eben nicht in kleinen Läden niederlassen, wie sie in Wolfenbüttel vorhanden seien. Und dann laufe es eben darauf hinaus, dass sich Branchen, die wenig Fläche brauchen, einmieten. Handyshops zum Beispiel…
Nina Heptner betont jedoch, dass es auch in den vergangenen Monaten einige Neueröffnungen gegeben habe und die Geschäfte auch nicht nur kurzfristig vermietet würden. „Alle Unternehmen, die sich hier in der letzten Zeit angesiedelt haben, bleiben auch langfristig und sind größtenteils zufrieden“, sagt sie und verrät, dass erst kürzlich wieder Geschäftsräume vermietet werden konnten. Mehr könne sie dazu aber noch nicht sagen.
Eine der zwei Immobilien-Riesen in Wolfenbüttel steht leer. Foto:
Leere Immobilien-Riesen trüben die Wahrnehmung
Die beiden größten Liegenschaften in der Innenstadt, Ex-Hertie und Ex-steeneck-&-bähr, fristen seit einigen Jahren ihr Dasein als toter Punkt der Fußgängerzone. Zweifelsohne würden diese beiden Immobilien das Bild der Innenstadt eher negativ prägen. „Möglicherweise wird durch diesen Leerstand die Wahrnehmung etwas getrübt wird. Viele Bürger fokussieren einfach zu sehr, was dort passiert und übersehen das, was die Innenstadt zu bieten hat. Das ist auch ganz normal. Hertie und steeneck & bähr sind einfach wichtige Punkte der Stadt gewesen und die Wiederbelebung dieser beiden Liegenschaften würde der Innenstadt sehr gut tun. An Hertie sind wir dran und legen zurzeit viel Energie in die Entwicklung. Auch wenn das nach außen oft nicht wahrgenommen wird“, so Behrens.
Dietrich Behrens ist sich sicher, dass die Revitalisierung der Ex-Hertie-Immobilie einen Aufschwung für den Einzelhandel bringen werde. Er wisse aber auch, dass die Nähe zu Braunschweig immer ein Problem für die Einzelhändler der Lessingstadt sein werde. „Die Nähe zu Braunschweig lässt sich eben nicht wegdiskutieren“, so Behrens. Städte wie Goslar hätten mit diesem Problem nicht so sehr zu kämpfen, da sie ein größeres Einzugsgebiet haben und keinen Shopping-Riesen in der Nachbarschaft hätten.
„Auch die Tatsache, dass immer mehr Einkäufe im Internet getätigt werden und sich das Kaufverhalten generell geändert hat, ist ein Grund, warum es der Einzelhandel schwer hat. Da müssen und wollen wir Lösungen finden. Deshalb bieten wir auch einige Vorträge im Rathaus an, die sich mit diesem Problem beschäftigen und vielleicht auch für uns Lösungsansätze schaffen“, erklärt Nina Heptner abschließend.
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