Korrigierte Vorschläge zum Aufbau der Kirchengeschichte, Handschrift HAB ( Foto: HAB)
Die Magdeburger Zenturien (Erstdruck 1559-1574) sind die erste universal angelegte protestantische Kirchengeschichtsschreibung. Sie entstanden in einem gelehrten Netzwerk, das alle Arbeitsprozesse von der Materialbeschaffung, Datenauswertung und Stoffordnung bis zur Drucklegung und Distribution der Bücher organisierte. In einer Online-Edition sind jetzt ausgewählte Dokumente dieser Autoren – von einer ausführlichen Einleitung begleitet – zugänglich: http://diglib.hab.de/wdb.php?dir=edoc/ed000086.
In der Mitte des 16. Jahrhunderts, in den ersten Jahrzehnten der Reformation, unterlag die junge lutherische Kirche zahlreichen Anfechtungen und Angriffen. Um sich Legitimation zu verschaffen, suchte sie nach einem historischen Fundament in der Geschichte des Christentums jenseits der katholischen Tradition. Die „Magdeburger Zenturien“ waren der erste Versuch einer umfassenden lutherischen Kirchengeschichte von der Apostelzeit bis in die Gegenwart, geschrieben von einem Autorenkollektiv gelehrter Theologen. Über ein europaweites Netzwerk, das überkonfessionell von Schottland, London und Paris bis Siebenbürgen, von Norditalien bis Kopenhagen reichte, wurden relevante Quellen gesucht.
Die Online-Edition enthält hauptsächlich handschriftlich überlieferte Dokumente der Gruppendiskussion über Inhalt, Aufbau und Methode einer Kirchengeschichte, über die Quellenbeschaffung, einen frühen Buchleihverkehr und die Finanzierung. Die Texte werden in Form von Faksimiles und Transkriptionen präsentiert, denen Übersetzungen und Kommentare beigegeben sind. Sie machen die Arbeitsprozesse lebendig, die zur Entstehung einer Kirchengeschichte beitrugen: die Suche, Sichtung und Sammlung des Materials, das Kopieren von Quellentexten und ihr neues Arrangement, die Niederschrift, Redaktion und Drucklegung.
Eine ausführliche Einleitung informiert über das historische Umfeld, die Entstehung der Magdeburger Zenturien und die Überlieferung der Dokumente. Ein großer Teil dieser Materialien, insgesamt 154 Dokumente aus der Zeit zwischen 1552 und 1568, wurde bereits publiziert, jedoch weit verstreut in unterschiedlichen Editionen, die überdies von heterogener Qualität sind. Die neue Edition verbindet die Form der klassischen Textedition mit den Möglichkeiten des digitalen Mediums.
Historische Methode und Arbeitstechnik der Magdeburger Zenturien. Edition ausgewählter Dokumente. Herausgegeben von Harald Bollbuck unter Mitarbeit von Carsten Nahrendorf und Inga Hanna Ralle. (Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, 2012).
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