Schandelah. In Schandelah-Wohld wurde ab Mai 1944 das Außenlager Schandelah des Konzentrationslagers Neuengamme errichtet. Bis zu 800 männliche Inhaftierte aus verschiedenen Ländern Europas wurden gezwungen, unter unmenschlichen Bedingungen Ölschiefer abzubauen. Die Gefangenen waren Männer, die in ihrer Heimat Widerstand gegen die nationalsozialistische Gewaltherrschaft und die Besetzung ihres Heimatlandes durch die Deutsche Wehrmacht geleistet hatten. Aufgrund extrem schlechter Arbeitsbedingungen, Unterernährung, Misshandlungen und Erschießungen durch das Wachpersonal starben zirka 200 Häftlinge.
Seit 1982 finden um den 1. Mai Gedenkfeiern am ehemaligen Lager statt. Bekannt war bisher, dass es am Rande des Lagers einen Friedhof gab, auf dem die Leichen zunächst in Einzelgräbern, später aufgrund von Holzmangel in Massengräbern bestattet bzw. verscharrt wurden. Kurz vor Auflösung des KZ musste dieser Friedhof auf Befehl eingeebnet werden, die Nachwelt sollte ihn nicht finden.
Auf Veranlassung der englischen Militärregierung fanden vom 1. bis 3. und 6. bis 10. Mai 1946 Exhumierungen statt. Insgesamt wurden 113 sterbliche Überreste ausgegraben und auf einem neuen Begräbnisplatz bestattet. Aber auch auf diesem Friedhof fanden die Umgekommenen nicht ihre Ruhe. Er war nur schwer zu erreichen und lag zusätzlich noch in einem feuchten Gebiet. Am 12. Mai 1954 ordnete die Niedersächsische Landesregierung die Überführung und Wiedereinbettung auf dem Scheppauer Friedhof an, die dann am 12. und 13. Juli 1954 ausgeführt wurde. Damit hatten 97 Verstorbene endlich ihre endgültige Ruhestätte gefunden.
Bis 2004 war der Standort des Lagerfriedhofes (1944-1946) in der Öffentlichkeit nicht bekannt, obwohl der damalige Revierförster, Rainer Städing, die Grabstelle mit einer Hecke und einem Zaun umgeben hatte. Ende 2013 wurde zum ersten Mal über diesen Friedhof berichtet. Er sollte Teil der umgestalteten Gedenkstätte werden. Im Frühjahr 2014 ist zwischen der Gemeinde Cremlingen und den Landesforsten vereinbart worden, wie der ursprüngliche Lagerfriedhof in das Gesamtkonzept der Gedenkstätte eingebettet werden kann.
Wo aber lag der zweite Friedhof, der von 1946-1954? Dieses Rätsel konnte Diethelm Krause-Hotopp am 14. August 2014 lösen. Dieter Rehder aus Scheppau entdeckte bei einer Ortsbegehung die Stuken der von ihm 1956 auf den Hügeln der ausgehobenen Gräber mit gepflanzten Pappeln. Anhand der noch zahlreich vorhandenen Stuken konnte der 742 qm große zweite Friedhof räumlich eingegrenzt werden.
Gemeinsam mit dem Leiter des Forstamtes Wolfenbüttel Peter Rieckmann und dem Revierförster Dirk Schlüter wurde ein Konzept zur Begehung der Friedhöfe entwickelt. "Wir haben einen Weg am Rande des Waldes angelegt und die Flächen der Friedhöfe sichtbar gemacht", erklärte Dirk Schlüter bei einer Begehung. Inzwischen sind die von der Gemeinde in Auftrag gegebenen Hinweisschilder aufgestellt worden. Davon konnten sich Bürgermeister Detlef Kaatz und sein Stellvertreter Diethelm Krause-Hotopp überzeugen. "Schön, dass alles noch vor unserer Gedenkfeier am 30. April geklappt hat", freute sich Detlef Kaatz. Bei der Gedenkfeier am 30. April soll auch der Auflösung des Lagers vor 70 Jahren gedacht werden. Die Feier beginnt um 17:30 Uhr am Gedenkstein, vorher wird um 17:00 Uhr ein Kranz am Kreuz auf dem Scheppauer Friedhof niedergelegt.
Ausführlich zur Geschichte der Friedhöfe:
Diethelm Krause-Hotopp: KZ Schandelah - Die Geschichte der Friedhöfe. In: Heimatbuch 2015, hrsg. vom Landkreis Wolfenbüttel, Wolfenbüttel 2015, S. 217-229.
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