In einem Festgottesdienst in der Herrenhäuser Kirche in Hannover hat der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, am heutigen Donnerstag Auslandsbischof Martin Schindehütte als Vizepräsident des Kirchenamtes der EKD und Leiter des Amtes der Union Evangelischer Kirchen in der EKD (UEK) verabschiedet und seine Nachfolgerin Petra Bosse-Huber eingeführt, die am 1. Januar 2014 die beiden Ämter übernehmen wird.
„Verabschiedung und Einführung – beides braucht wie das Feiern der Adventszeit den dankbaren Blick zurück und den hoffnungs- und erwartungsvollen Blick nach vorn“, sagte der Ratsvorsitzende, denn beides sei wie eine Tür oder wie ein Tor in einen neuen Lebensraum, und für das „Durchschreiten dieser Tür“ sei es ermutigend und segensreich, einander zuzusingen: ,Macht hoch die Tür, die Tor macht weit; es kommt der Herr der Herrlichkeit‘.“
Dies könne die Gewissheit stärken, dass uns in allen Lebensräumen der lebendige Herr der Herrlichkeit begegnen und leiten wolle. Schneider: „Wir dürfen uns der Nähe und Gegenwart unseres Herrn Jesus Christus gewiss sein, wo und wie immer wir leben. In dieser Gewissheit blicken wir dankbar zurück und gehen wir zugleich hoffnungsvoll nach vorn.“
Der Vorsitzende der Vollkonferenz der UEK, der pfälzische Kirchenpräsident Christian Schad (Speyer), würdigte Schindehüttes „theologische Leidenschaft, Freude und kommunikative Energie“ in dessen Wirken in der UEK: „Es war und ist bis heute Ihre tiefe Überzeugung, dass unterschiedliche Prägungen in der Evangelischen Kirche einander brauchen, einander erfordern, einander beschenken. Geschwisterliche Vielfalt, einander ergänzende, korrigierende und bereichernde Pluralität, ist kein Mangel, sondern gehört zum Wesen der Kirchengemeinschaft und ist in gewisser Weise Voraussetzung lebendiger Einheit. Einer Einheit, die nicht gleich macht, die nicht gesichtslos ist, sondern gerade in der Unterschiedlichkeit der Prägungen den Reichtum der Gaben Gottes entdeckt. Entsprechend haben die gliedkirchlichen Zusammenschlüsse ihren Auftrag nicht neben der EKD, sondern in ihr zu erfüllen.“ Schad sagte weiter, er freue sich auf die Zusammenarbeit mit Petra Bosse-Huber und wünsche sich, dass sie in ihrem Wirken für die UEK zeigen könne, „dass die Pluralität von Bekenntnistraditionen einen biblisch gerechtfertigten Reichtum darstellt und der Einheit und Katholizität der Kirche produktiv dient.“
In ihrer Predigt über Psalm 24 sagte Petra Bosse-Huber: „Liturgie ist Reichtum.“ Sie mache „einen besonderen Schatz des Protestantismus sichtbar und hörbar: das Priestertum aller Getauften, wie Martin Luther diese Wiederentdeckung genannt hat.“ Der Psalm 24 binde nachdrücklich zusammen, was zusammen gehöre, nämlich: „Worte und Taten, Frömmigkeit und Engagement.“ Dietrich Bonhoeffer habe einmal über die besondere kirchliche Versuchung Religion und Ethik auseinanderzureißen unter dem inzwischen berühmten Stichwort „billige Gnade“ nachgedacht. Bosse-Huber: „Billige Gnade lässt Menschen ungetröstet und hoffnungslos zurück. Sie ist bar jeglicher Barmherzigkeit. Billige Gnade lässt Menschen in die Irre gehen und riskiert, diese Erde der Selbstzerstörung preiszugeben.“
Es falle nicht immer leicht, billige Gnade von teurer Gnade zu unterscheiden. Bosse-Huber: „Ich kenne die Versuchung, den religiösen Markt anzukurbeln, einfach mitzumischen, als Kirche vorzukommen und sich gesellschaftlich wichtig zu fühlen. Ich weiß aber auch: Dieser Versuchung gilt es zu widerstehen, wenn wir nicht so etwas wie eine Ein-Euro-Kirche nach Vorbild der trostlosen Ein-Euro-Läden in unseren Innenstädten werden wollen.“
Für Protestantinnen und Protestanten, so die Theologin, gäbe es nur dann einen „unersetzbaren Platz im unglaublich vielstimmigen Chor der weltweiten Ökumene“, wenn sie das Evangelium auf dem Hintergrund der eigenen Erfahrungen hier in der Bundesrepublik sprechen ließen dabei selbst aus dieser „lebendigen Quelle“ lebten. Bosse-Huber: „Es ist die ,teure Gnade‘, die unsere Kirche sich selbst und unserer Zeit schuldig ist und die die Kirche im Gegenzug lebendig macht. Wunderschön hat der Heidelberger Katechismus nach dieser teuren Gnade gefragt: ,Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?‘ Seine Antwort gehört in die Sammlung meiner Lieblingsworte: ,Dass ich mit Leib und Seele im Leben und im Sterben nicht mir sondern meinem getreuen Heiland Jesus Christus gehöre.‘ Verstanden aber wird diese Antwort von Zeitgenossen nur dann, wenn ich mich traue sie in ungeschützten Worten nachzusprechen und mit meinen persönlichen Erfahrungen zu füllen.“
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