Wolfenbüttel. Das eigene Kind zu verlieren, muss für Eltern das Schimmste sein und unvorstellbares Leid verursachen. Viele überwinden diesen Verlust vermutlich niemals. Umso tröstlicher ist vielleicht die Vorstellung, dass es für Eltern einen Ort gibt, an dem sie um ihr Kind trauern können - auch um die ganz Kleinen. Denn die Stadt Wolfenbüttel hat für die Hinterbliebenen einen Ort geschaffen, auch die Kinder zu bestatten, die nicht unter die niedersächsische Bestattungspflicht fallen.
Es hört sich für solch ein sensibles Thema erst einmal hart und so typisch bürokratisch an, was da im niedersächsischen Bestattungsgesetzt ausgeführt wird. Sinngemäß steht dort unter Paragraph 30, dass totgeborene Kinder mit einem Gewicht von 500 Gramm oder mehr und verstorbene Kinder, unabhängig vom Geburtsgewicht, bei denen aber unmittelbar nach der Geburt der Herzschlag, eine pulsierende Nabelschnur oder die natürliche Lungenatmung erkennbar waren, per Gesetz bestattet werden müssen.
Das Recht auf Bestattung
Doch was ist mit all den "Sternenkindern", die weniger als 500 Gramm wogen und die keinerlei Lebensfunktionen zeigten? Sie können von den Eltern auf Wunsch ebenfalls ihre letzte Ruhe auf einem Friedhof finden - denn hier können Eltern von ihrem Recht auf Bestattung gebrauch machen. Und genau diese Möglichkeit geben Städte wie Braunschweig und Wolfenbüttel.
Auf Nachfrage von regionalHeute.de erklärt Wolfenbüttels Stadtsprecher Thorsten Raedlein, dass auf dem Wolfenbütteler Hauptfriedhof eigens für diese "Sternenkinder" ein Bereich geschaffen wurde. Gleich nahe des Eingangs wurde bereits 1996 von den Kirchengemeinden und der Stadtverwaltung das Grabfeld für Sternenkinder angelegt. Eine schlichte Steele in Form eines keimenden Samenkorns bildet den Mittelpunkt des Sternchen-Bereichs. "Den Kindern, für die das Leben zu Ende war, als es anfing" steht auf der Steinsäule. Auf dem Feld dahinter erkennt man kleine Grabstellen, ohne Stein oder Einfassung. Jedoch erinnern hier bunte Windmühlen, Plüschtiere, Kerzen, Namenskettchen und Blumen an die kleinen Menschen, die es leider nicht auf diese Welt geschafft haben. Hierher können Eltern zurückkehren, um an ihr verlorenes Kind zu denken - jederzeit.
Ein Licht geht um die Welt
Einmal im Jahr, am zweiten Sonntag im Dezember, initiiert das Wolfenbütteler Klinikum einen Gedenktag auf dem Hauptfriedhof. An diesem Tag, dem Candle Lighting, soll an verstorbene Kinder erinnert werden. Auch - oder vor allem - an die Sternchen, die allein auf Wunsch ihrer Eltern einen letzten Platz der Ruhe auf dem Friedhof fanden.
Beim weltweiten Kerzenleuchten, dem "Worldwide Candle Lighting", wird ein Licht für alle Sternenkinder um die Welt geschickt. Der Tag gilt als Weltgedenktag verstorbener Kinder und wird inzwischen in vielen Städten zelebriert. Weltweit wird um 19 Uhr eine angezündete Kerze von außen sichtbar an einem Fenster platziert. Durch die unterschiedlichen Zeitzonen entsteht so eine Lichterkette, die innerhalb von 24 Stunden einmal um die Erde wandert.
Letzte Ruhe - nicht immer muss es der Friedhof sein
Leider muss man an diesem Punkt wieder sachlich werden. Denn die Erörterung, die aus dem Bestattungsgesetz hervorgeht, ist es auch. Über die Bestattung von Kindern steht dort unter Paragraph 25: " ... eine tot geborene oder während der Geburt verstorbene Leibesfrucht mit einem Gewicht unter 500 Gramm, kann auf ausdrücklichen Wunsch eines Elternteils bestattet werden. Anderenfalls ist sie von der Einrichtung, in der die Geburt erfolgt ist, hygienisch einwandfrei und dem sittlichen Empfinden entsprechend zu beseitigen". Da hier also nicht die Bestattungspflicht, aber sehr wohl das Bestattungsrecht gilt, können das die Eltern sogar selber tun - ohne Bestatter. Sie können ihr verstorbenes Kind selber zum Bestattungsort transportieren und dort zur letzten Ruhe betten - sogar im eigenen Garten.
Darüber, ob das gut und richtig ist, muss jeder für sich entscheiden. In jedem Fall aber sollte gelten: "Die Würde des Menschen ist unantastbar" - egal, wie groß, schwer oder alt er war.
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