Wolfenbüttel. Thomas Sodomann, Vorsitzender des Wolfenbütteler Vereins NIGGGS (Niedersächsisches Institut für die Gesellschaft Gehörloser und Gebärdensprache) ist enttäuscht, gibt sich aber kämpferisch: „Gehörlose sind selbstbewusst genug und lassen sich nicht von ,Haifischen‘ fressen.“ Der Grund für seine Enttäuschung: Das seit vielen Jahren etablierte Angebot der ergänzenden unabhängige Teilhabeberatung (EUTB) in der bisherigen Art und Weise ist in Gefahr. Das berichtet die Stadt Wolfenbüttel in einer Pressemitteilung.
Die EUTB unterstützt und berät alle Menschen mit Behinderungen, von Behinderung bedrohte Menschen, aber auch deren Angehörige kostenlos bundesweit in allen Fragen zur Rehabilitation und Teilhabe. Zum Beispiel auch vor der Beantragung von Leistungen. Eine wesentliche Rolle spielt dabei die Beratung von Betroffenen für Betroffene, insbesondere um den Bedürfnissen von Gehörlosen und Taubblinden gerecht zu werden. Doch nun soll in Wolfenbüttel Schluss sein.
Keinen Zuschlag für Weiterfinanzierung
Vor kurzem erreichte Thomas Sodomann die Nachricht, dass das Wolfenbütteler Büro keinen Zuschlag für die Weiterfinanzierung bekommt. Zum Jahresende müssen wir schließen, wenn kein Umdenken seitens der Bundesregierung stattfindet, und unser wichtiges Angebot einstellen“, berichtet er Bürgermeister Ivica Lukanic und bittet ihn um Hilfe.
In den vergangenen Wochen haben sehr viele Beratungsstellen die, wie die in Wolfenbüttel, tauben oder taubblinden Ratsuchenden eine Anlaufstelle bieten, keinen Zuschlag für die Weiterfinanzierung bis 2029 bekommen. Nach bundesweiten Rechercheergebnissen wird es pikanter Weise zukünftig mehr als 50 Prozent weniger Berater in den EUTB geben, die in der Lage sind, Gehörlose und Taubblinde niederschwellig zu beraten. Dabei bieten ja insbesondere die Teilhabeberatungsangebote mit besonderen Erfahrungen für taube und taubblinde Menschen genau die spezifische Art der Beratung, die die Betroffenen brauchen, und ermöglichen einen niedrigschwelligen Zugang zur Beratung rund um Rehabilitation und Teilhabe.
Bürgermeister fordert Korrektur
„Dieser Zugang darf den Betroffenen selbstverständlich nicht verwehrt werden“, betont auch Bürgermeister Ivica Lukanic. Auch er könne die Entscheidung des Bundes in dieser Sache nicht verstehen und fordert eine umgehende Korrektur. Denn ansonsten habe die Gruppe der tauben und/oder taubblinden Ratsuchenden nur noch wenige Beratungsmöglichkeiten in Deutschland. „Dies ist schlicht nicht hinnehmbar. Das bisherige ,Eine-für-Alle-Prinzip‘ wird so ad absurdum geführt“, macht Lukanic deutlich. Er werde sich nun unmittelbar mit seinem Netzwerk in Verbindung setzten und sich für den Erhalt der Beratungsstelle in Wolfenbüttel einsetzen.
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