Wolfenbüttel. Dicke Luft im Ausschuss für Wirtschaft und Finanzen: "So einen Mist zu schreiben…", ärgerte sich Ausschussvorsitzender Winfried Pink über eine Anfrage von Ratsherr Dr. Andreas Pölking. Der monierte den gewählten Sitzungsort – im Privatunternehmen MKN.
In einer schriftlichen Anfrage an die Verwaltung (die auch WolfenbüttelHeute.de zugespielt wurde) wollte er zum Beispiel beantwortet haben, ob es einen Zusammenhang mit der Wahl der Tagungsstätte und der Tagesordnung gebe, ob MKN aus einem bestimmten Grund ausgewählt wurde, ob man es nicht als Bevorzugung eines Unternehmens missverstehen könnte, da MKN-Geschäftsführer Georg Weber ja erst beim Jahresempfang der Stadt gesprochen habe, ob eine Berichterstattung in den Medien nicht eine versteckte Werbung wäre oder ob mit dem Unternehmen ein Nutzungsvertrag abgeschlossen wurde. Ferner interessierte Dr. Pölking, ob der gewählte Ort nicht die Öffentlichkeit ausschließe und ob eventuell gestellte Erfrischungen die in der städtischen Sponsoring-Richtlinie aufgestellten Beträge übersteigen würden.
Bürgermeister Thomas Pink und Kämmerer Knut Foraita teilten sich die Beantwortung – im öffentlichen Teil der Sitzung, "da die Medien ja schon nachgefragt haben". Während Pink die Fragen betont vorlas, nahm der Erste Stadtrat dazu Stellung. Demnach gebe es auf der Tagesordnung keinen Punkt, der die Wahl des Tagungsortes begründe. Die Wahl des Tagungsortes obliege grundsätzlich dem Bürgermeister, der Fachausschusssitzungen mit dem Ausschussvorsitzenden abstimme. In etlichen Ausschüssen sei es üblich, an Orten zu tagen, die einen Bezug zu den Inhalten des jeweiligen Gremiums hätten. So tage der Schulausschuss tagt in Schulen, der Sozialausschuss in Sozialeinrichtungen, der Sportausschuss in Sportstätten. Im Rat habe es schon früher den ausdrücklichen Wunsch aller Fraktionen gegeben, mindestens einmal im Jahr eine entsprechende auswärtige Sitzung zu organisieren.
Grundsätzlich stehe es jedem Wolfenbütteler Wirtschaftsunternehmen frei, die städtischen Gremien für Sitzungen zu sich ins Haus einzuladen. Dies setze allerdings voraus, dass diese Unternehmen über eine gewisse wirtschaftliche Stellung verfügen sollten und logistisch einen ordnungsgemäßen Ablauf der Sitzung gewährleisten können, also auch für den öffentlichen Sitzungsteil eine gewisse Zuschauerzahl ermöglichen können. Im speziellen Fall sah die Verwaltung keinen Hinderungsgrund für Zuschauer, die der Sitzung beiwohnen wollten.
Einen Nutzungsvertrag habe die Stadt mit MKN nicht abgeschlossen. Die Stadt sei an das betreffende Unternehmen allein wegen des Tagungsortes herangetreten und habe darüber hinaus keine weiter gehende Förderung der Sitzung begehrt. Es könne hinsichtlich der Produktart (Großküchentechnik) außerdem ausgeschlossen werden, dass ein Werbeeffekt eintreten könnte, dass nach einer Medienberichterstattung ein erhöhter Auftragseingang bei MKN hervorgerufen werden könnte.
Die Stadtverwaltung sehe ebenfalls keine zu starke Bevorzugung dieses Unternehmens, da zum einen vorgesehen ist, in Zukunft wieder regelmäßig an Unternehmensstandorten tagen zu wollen, und zweitens Jahresempfang und Ausschussitzung noch keine signifikante Häufung seien.
Zum Abschluss der Erklärung verbat sich Foraita die in den Augen der Verwaltung infame Unterstellung, dass allein durch die Benennung eines Sitzungsortes eine „zu große Nähe zu einem einzelnen Privatunternehmen hergestellt wird, die die Unbefangenheit des Gremiums beeinträchtigt sowie seine Entscheidungen beeinflusst”. Thomas Pinks Fazit: "So ein Fragenkomplex ist mir noch nicht untergekommen". Er kündigte weiteren Diskussionsbedarf zu diesem Thema an.
Dr. Pölking betonte, er habe mit seinem Schreiben niemanden diskreditieren wollen. Wie es an die Medien gekommen sei, könne er sich nicht erklären. Von der Praxis des Ausschusses, auch einmal bei Firmen zu tagen, habe er nichts gewusst. Da kein Bürger zur Sitzung gekommen sei, gebe es in seinen Augen sehr wohl eine gewisse Barriere, in ein Privatunternehmen zu kommen.
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