Wolfenbüttel. Am Montag hat die Stadt Wolfenbüttel rund 100 Flüchtlinge zur Erstaufnahme im Jugendgästehaus untergebracht. Die vorläufige Umwandlung des Jugendgästehauses in eine Notunterkunft für geflohene Menschen bringt die Landesmusikakademie Niedersachsen nach eigenen Angaben in Bedrängnis. Dennoch äußerte der Landesmusikrat Niedersachsen ausdrücklich sein Verständnis für die Situation.
Arbeitsablauf empfindlich gestört
Das Jugendgästehauses und die Landesmusikakademie Niedersachsen arbeiten unter einem Dach. Ebenso eng wie die Gebäude, so der Landesmusikrat Niedersachsen, sei auch die Arbeit der beiden Häuser miteinander verbunden. So hätten die Besucher der Landesmusikakademie im Jugendgästehaus bislang eine ideale Unterbringungsmöglichkeiten erhalten, was für die musikalische Jugendarbeit eine nahezu perfekte Kombination gewesen sei. "Die einmalige Struktur der beiden Häuser wurde seit ihrer Gründung 2009 mit Begeisterung angenommen. Sowohl die Landesmusikakademie, als auch das Jugendgästehaus sind stets nahezu ausgebucht", heißt es in einer Pressemitteilung des Landesmusikrates. Wie der Landesmusikrat weiter erklärt, sei die Landesmusikakademie nicht nur Heimstätte der Landesauswahlensembles und Ausrichter von Projekten, Maßnahmen und Kursen, sondern zu einem überwiegenden Teil auch Servicehaus für die niedersächsische Musikkultur. Durch den vorläufigen Wegfall des Jugendgästehauses werde der Arbeitsablauf der Landesmusikakademie nun empfindlich gestört, heißt es vom Landesmusikrat. Auch wenn die Räumlichkeiten der Landesmusikakademie nach wie vor vollumfänglich zur Verfügung stehen, könnten Teilnehmer voraussichtlich auch im Jahr 2016 nicht beherbergt werden.
Verärgerte Nachfragen von Eltern
Seitdem die Landesmusikakademie am vergangenen Donnerstagmorgen über die Entscheidung der Stadt Wolfenbüttel informiert worden war, arbeitet die Belegschaft an Übergangslösungen, wie beispielsweise an alternativen Unterbringungsmöglichkeiten in der Stadt. Dennoch müssten voraussichtlich einige Projekte abgesagt werden. So hätte bereits am vergangenen Montag eigentlich die Arbeitsphase des Landesjugendsinfonieorchesters mit 80 Jugendlichen, sowie 20 Dozenten und Betreuern beginnen sollen. In der Kürze der Zeit habe es, wie Tom Ruhstorfer, Geschäftsführer der Landesmusikakademie erklärte, allerdings keine Möglichkeit mehr gegeben umzudisponieren, so dass die Arbeitsphase abgesagt werden musste. "Ich habe dann das Wochendene damit verbracht, die teilweise sehr verärgerten Nachfragen der Eltern zu beantworten", so Tom Ruhstorfer auf Anfrage unserer Online-Tageszeitung. Auf die Frage, wie die betroffenen Seminarteilnehmer mit der Situation umgingen, sagte er: "Das ist unterschiedlich. Die meisten äußern allerdings Verständnis für die Situation der Flüchtlinge, die für die entstandene Situation ja nicht verantwortlich sind und unseres Schutzes bedürfen. Ich höre aber auch politische Statements, die ich nicht öffentlich machen will."
"Schaden in mindestens fünfstelliger Höhe"
Besonders betroffen seien aber auch die sogenannten Drittbeleger. "Das sind Nutzer der Akademie, die sich bei uns nur einmieten und unsere Räume und deren Infrastruktur nutzen. Das sind sehr häufig Schulklassen und ganze Schulen. Diese haben kaum eine Möglichkeit, Unterbrings- und Verpflegungsalternativen nutzen zu können. Alle, die ihre Nutzungsverträge unter diesen Bedingungen kündigen wollen, können das natürlich tun. Wir werden nicht auf die Einhaltung der Verträge dringen und auch keinerlei Stornogebühren erheben", erklärte Tom Ruhstorfer. Aufgrund von Einnahmeverlusten im Bereich der Belegung und durch erhöhte Ausgaben bei Projekten und Maßnahmen, geht der Geschäftsführer der Landesmusikakademie zurzeit von einem Schaden in mindestens fünfstelliger Höhe aus. Je nach Entwicklung könne es allerdings auch ein sechsstelliger Betrag werden, so Tom Ruhstorfer.
Verständnis für die Entscheidung der Stadt
Der Landesmusikrat Niedersachsen und die Landesmusikakademie betonten allerdings ausdrücklich ihr Verständnis für die Entscheidung der Stadt Wolfenbüttel, Flüchtlinge im Jugendgästehaus unterzubringen. "Angesichts der großen humanitären Herausforderung ist eine sichere Unterkunft für die Menschen von großer Bedeutung. Dennoch sollte es sich hier nur um eine kurzfristige Maßnahme handeln, da die Auswirkungen sonst nicht nur die Arbeit der Landesmusikakademie schädigen, sondern langfristig die Musikkultur des Landes beeinträchtigen werden", so der Landesmusikrat.
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