Lockerungen im Schafspelz: Wird dem Einzelhandel der "Knüppel zwischen die Beine" geworfen?

Ab Montag sollen nur Kunden mit negativen Test oder Impfnachweis in die Geschäfte dürfen. Udo von Ey, erster Vorsitzender der City-Gemeinschaft Gifhorn fürchtet, dass dadurch die Kunden fernbleiben.

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Symbolbild.
Symbolbild. | Foto: Rudolf Karliczek

Gifhorn. Ab Montag soll es in Niedersachsen einige Lockerungen in den Bereichen Gastronomie, Handel, Freizeit und Tourismus geben - zumindest in den Kommunen mit einem 7-Tage-Inzidenz-Wert von unter 100. Terminvereinbarungen sind dann nicht mehr nötig (regionalHeute.de berichtete). Allerdings muss ein fundierter negativer Test vorgelegt werden (ein Selbsttest reicht nicht). Alternativ müssen die Kunden einen Impfnachweis vorlegen oder aber bereits eine Coronainfektion überstanden haben. Ein Vorhaben, das eher einem weiteren Lockdown gleiche, als Lockerungen, wie Udo von Ey, erster Vorsitzender der City-Gemeinschaft Gifhorn im Gespräch mit regionalHeute.de kritisiert.


Momentan könne der Einzelhandel bei einer Inzident unter 100 unter Click&Meet, Terminvereinbarung und Kontaktnachverfolgung öffnen. Aufwendig, aber machbar, so das Fazit von Udo von Ey. Schließlich dürfe bei dieser Regelung jeder den Laden betreten, man brauche lediglich einen Termin, der relativ unbürokratisch über das Telefon, per Mail vereinbart werden kann. Die Kontaktdaten werden dann mittels Luca-App oder einem ausgefüllten Zettel hinterlegt. "So machen wir unsere Umsätze. Nicht so viel wie vor zwei Jahren, aber es ist eben auch eine schwierige Zeit", so von Ey weiter.

"Gut gedacht - schlecht gemacht"


Sollten die angekündigten Lockerungen am Montag in Kraft gesetzt werden, so könnte anschließend nur noch ein Bruchteil der Bevölkerung die Läden im Einzelhandel besuchen. Denn die Impfungen schreiten längst nicht so schnell voran, wie erhofft. Auch den Nachweis einer Impfung sieht von Ey kritisch. "Wie will man das kontrollieren? Meine Mitarbeiter müssen sich dann den Impfausweis vorlegen lassen und überprüfen, ob das alles richtig ist?!" Auch in dem Thema Datenschutz sieht von Ey hier ein Problem. Ebenso sehe er das Nachweisen einer bereits überstandenen Infektion als umständlich.

Zwar dürften Kunden auch mit einem negativen Coronatest kommen, in der Praxis würden das jedoch die wenigsten machen, befürchtet von Ey. Denn ein zu Hause durchgeführter Test sei nicht zulässig. Und ein Test im Schnelltestzentrum sei eben doch immer noch zeitaufwendig und zudem unangenehm. "Von den Leuten, mit denen ich bisher gesprochen habe, ist keiner bereit für einen Einkauf in ein Testzentrum zu gehen", so von Ey. Kosten für den Test würden dabei nicht entstehen, mindestens ein Test pro Woche sei kostenfrei. "Das werden nur wenige machen. Das fühlt sich an wie ein Lockdown. Es ist die gleiche Konsequenz wie bei der Bundesnotbremse. Gut gedacht, schlecht gemacht."

Kinder müssen draußen bleiben


Auch beim Einkauf zusammen mit Kindern könne es laut Udo von Ey zu Problemen kommen und dafür sorgen, dass Eltern lieber zu Hause bleiben. Denn die Kinder müssten genauso getestet werden, wie die Erwachsenen. "Und das nicht von Mama, sondern im Schnelltestzentrum. Das machen die Mütter nicht", ist sich von Ey sicher.

Eine Situation, bei der Ärger mit Kunden vorprogrammiert sei.

Alles sollte vorerst bleiben wie es ist


"Man hätte erstmal alles so lassen sollen, wie es jetzt gerade ist. Sie hätten sagen müssen, dass die Gastro und der Tourismus geöffnet wird und der Handel bei Click&Meet bleibt", so von Ey weiter. "Die Supermärkte und die Discounter lachen sich tot. Die müssen gar nichts machen und uns werden immer die Knüppel zwischen die Beine geworfen", macht von Ey seinem Ärger Luft. Die erneuten Verschärfungen, die es aus seiner Sicht sind, würden nun nochmal "auf den Handel draufhauen".

Auch Mechthild Möllenkamp, Präsidentin des Handelsverbands Niedersachsen-Bremen (HNB), pflichtet dem bei. In einer Pressemitteilung äußert sie sich ebenfalls zu der Lage: "Eine Vielzahl an Betrieben sind bei uns kurz nach der Bekanntgabe der Pläne der Landesregierung telefonisch und in E-Mails Sturm gelaufen. Verständlich, denn das kleine Stück zurück zur immer noch eingeschränkten Normalität sehen sie durch die neuen Anforderungen deutlich infrage gestellt. Die Ängste sind berechtigt, denn die Erfahrungen mit "Test and Meet" andernorts zeigen leider, dass Kundenfrequenzen und Umsätze einbrechen würden."

Die Landesregierung sei gut beraten, die bisher geplante Testpflicht für die Kunden des Einzelhandels zu überdenken. In der Ausgestaltung der Verordnung sollte zudem darauf geachtet werden, dass es auch zukünftig nicht zu einem Einkaufstourismus komme. Die IHK Niedersachsen und des Handelsverbands Niedersachsen-Bremen schlagen deshalb vor, dass die Einzelhändlerinnen und Einzelhändler selbst wählen können, ob sie beim bewährten ‚Click and Meet‘ unter den bekannten Auflagen bleiben oder zum neuen Modell – Einlass mit Nachweis für Test, Impfung oder Genesung – wechseln wollen.


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