Neben der Meesche wird gebaut - Das steckt dahinter

Seit Anfang November ist zwischen dem Seniorenheim Steinhäuser Gärten und dem Sportpark eine Bautätigkeit zu sehen. Wir gingen der Sache nach.

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Die Arbeiten an der Flutmulde haben begonnen.
Die Arbeiten an der Flutmulde haben begonnen. | Foto: Matthias Kettling

Wolfenbüttel. Seit November tut sich etwas auf dem Feld zwischen dem Seniorenheim Steinhäuser Gärten und dem Meesche-Sportpark. Die sichtbare Bautätigkeit nahmen wir zum Anlass, der Sache nachzugehen. Als bauverantwortlich stellte sich der Wasserverband Mittlere Oker heraus, dessen Antwort auf unsere Anfrage nun vorliegt.



Es geht um den baulichen Hochwasserschutz am Okerbogen. Im Frühjahr 2025 habe die bauliche Umsetzungsphase begonnen, die mit Beginn des Hauptabschnitts am Okerbogen nun ihre Hochphase erreicht, berichtet Sven Glodniok, Geschäftsführer des Wasserverbandes.

Start für Hauptabschnitt im November


Die Baustelle des Hauptabschnitts sei in der ersten Novemberwoche eingerichtet worden, die Erdarbeiten begannen am 10. November. "Bezieht man die notwendigen Vorarbeiten im Baufeld sowie Parallelmaßnahmen in und um den Planungsraum mit ein, die mit dem Baubeginn des Hochwasserschutzes koordiniert werden mussten, begann die Gesamtmaßnahme bereits am 25. März 2025 mit dem Startschuss für den Abriss des Germania-Sportheims", konkretisiert Sven Glodniok.

Die fünf Phasen


Es werden dabei fünf Ausführungsphasen der Bautätigkeit und drei Bauabschnitte des Hochwasserschutzes unterschieden:
Phase 1 – Abriss des Sportheims des ehemaligen Germania-Sportplatzes und Beräumung des Baufelds (abgeschlossen)

Phase 2 – Ertüchtigung des Kanaldükers unter der Oker südlich des Sportplatzgeländes (abgeschlossen)
Phase 3 – Herstellung des Bauabschnitts 2 am Rosenwall (begonnen)
Phase 4 – Herstellung des Bauabschnitts 1 am Okerbogen (begonnen)
Phase 5 – Herstellung des Bauabschnitts 3 am Rosenwall (ausstehend)

Wasserseitige Impression der fertiggestellten Spundwand von Bauabschnitt 2 am Rosenwall-
Wasserseitige Impression der fertiggestellten Spundwand von Bauabschnitt 2 am Rosenwall- Foto: Stadt Wolfenbüttel


Beim nun begonnenen Abschnitt 1 handele es sich um den Hauptabschnitt des Hochwasserschutzes. Er besteht aus einem rund 600 Meter langen sogenannten Linienschutz, der das angrenzende Quartier vom Gewässer trennt und dessen Ausuferung verhindert. Ergänzt wird dieser Linienschutz im Bereich der Steinhäuser Gärten zwischen Friedrich-Ebert-Straße und dem ehemaligen Germania-Sportplatz durch eine Hochwasserflutmulde, also durch eine künstlich angelegte Senke, die als Ausdehnungsraum für den Fluss bei Hochwasser fungiert. Dieser Linienschutz besteht zu rund 350 Metern aus einem erdgeschütteten Deich und zu weiteren etwa 250 Metern aus einer Stahlspundwand.

Teil bereits abgeschlossen


Die Abschnitte 2 und 3 befinden sich am Rosenwall. Es handele sich dabei um insgesamt rund 100 Meter Stahlspundwand, die als hydraulischer Ausgleich entlang der Gewässerböschung entstehen. Die Herstellung des funktionalen Teils von Abschnitt 2, der rund 40 Meter langen Spundwand, wurde bereits Mitte November 2025 abgeschlossen. Es folgen nun Restarbeiten. Aus Gründen der Baustellenkoordination und wegen naturschutzrechtlicher Belange erfolge die Herstellung von Abschnitt 3 mit einem gewissen zeitlichen Versatz.

Die Fertigstellung der Gesamtmaßnahme ist für Ende Oktober 2026 angesetzt. Dabei werde am Okerbogen durchgehend Bautätigkeit stattfinden. Die Bauabschnitte am Rosenwall werden aufgrund der besonderen räumlichen Herausforderungen im Gebäudebestand sowie Natur- und Gewässerschutzauflagen in zwei kurzen Etappen bis aktuell Ende Februar 2026 (Abschnitt 2) sowie von Juli bis Oktober 2026 (Abschnitt 3) abgearbeitet, zeigt sich Glodniok zuversichtlich.

Baustraße als Meilenstein


Der nächste Meilenstein dabei sei die Fertigstellung der Baustraße und künftigen Unterhaltungsrampe von der Friedrich-Ebert-Straße hinunter in die Flutmulde, wodurch die Mehrbelastung der Straße Grüner Platz / Am Okerufer durch den derzeitigen temporären Baustellenverkehr entfalle. Die Erdrampe sei zudem integriert in die Deichanlage und damit selbst bereits ein erstes Teilstück des Linienschutzes. Grundsätzlich bedingen die Ausdehnung und Komplexität des Baufelds, dass an diversen Teilabschnitten parallel gearbeitet wird.

Bei Erd- und Tiefbauarbeiten insbesondere im Wasserbau an Fließgewässern sei der Bauzeitenplan von einigen nicht beeinflussbaren Umweltfaktoren wie der lokalen Witterung oder den hydrologischen Verhältnissen im Einzugsgebiet des Gewässers abhängig. Strenger Frost in den Wintermonaten oder ganzjährig mögliche Starkregenereignisse könnten die Bautätigkeit erschweren oder ganz zum Erliegen bringen. Schneeschmelze oder regenreiche Phasen im Oberlauf der Oker könnten zu Flusshochwässern und einer Gefahrenlage für die Baustelle führen.

Nicht abwendbar, aber beherrschbar


Solche Ereignisse seien zwar nicht abwendbar, aber beherrschbar. Durch vorausschauende Planung, entsprechende Sicherungsmaßnahmen und Notfallpläne sowie stets rasches und zielorientiertes Handeln des Projektteams sei gewährleistet, dass solche Beeinträchtigungen des Bauablaufs auf ein Minimum reduziert werden und keine zusätzlichen Belastungen des umliegenden Stadtquartiers zeitigen.

Zielsetzung der Maßnahme sei in erster Linie der vollständige technische Hochwasserschutz für das Stadtquartier Am Okerufer / Grüner Platz / Steinhäuser Gärten. Aktuell liegt dieses Gebiet im Überschwemmungsgebiet der Oker, also in einem Bereich, in den der Fluss bei Hochwasser ausufert wie zuletzt beim Weihnachtshochwasser 2023 / 2024. Die Ausuferungen erreichen dabei Ausdehnungen, die bis zur Straße Grüner Platz reichen und sowohl öffentliche Infrastruktur als auch in erheblichem Maße Wohnbebauung bedrohen. Von der Maßnahme profitierten somit insbesondere die Anwohner des Quartiers, die einen umfassenden permanenten Hochwasserschutz erhalten.

Schutz bei extremem Hochwasser


Das Bemessungsereignis für die Bauwerke sei ein sogenanntes HQ100, also ein Hochwasser in einer Größenordnung, die statistisch nur einmal in einhundert Jahren auftritt. Durch einen sehr großzügig geplanten sogenannten Freibord, also eine Überhöhung der Linienbauwerke über das eigentliche Bemessungsziel hinaus als Puffer gegen die Dynamik des Wassers, bieten Schutzwand und Deich selbst bei extremeren Hochwässern noch Schutz.

Ihre Wirkung entfalte die Gesamtinstallation jedoch schon weit früher, berichtet der Geschäftsführer. Die Überlaufschwelle der nicht permanent wasserführenden Mulde sei so bemessen, dass sie bereits bei Ereignissen unter dem von 2023/2024, das noch weit entfernt war von einem HQ100, für eine Entlastung sorge. Als Nebeneffekt der Bautätigkeit werde das ehemalige Sportplatzgelände aus dem Überschwemmungsgebiet herausgehoben, was neue Möglichkeiten für künftige Nutzungskonzepte eröffne. Die Flutmulde wiederum werde künftig wieder als grüne von Bäumen umsäumte Wiese für die Bürgerinnen und Bürger erlebbar werden.

Ausgleichsmaßnahme gegen Mehrbelastungen


Die Spundwand am Rosenwall schließlich diene als Ausgleichsmaßnahme gegen Mehrbelastungen der dahinterliegenden Grundstücke bei Hochwasser, die durch verdrängtes Wasser vom Okerbogen entstehen könnten. Sie schafft für sich gesehen zwar noch keinen vollständigen Hochwasserschutz für das Quartier, entschärfe aber die Belastung sowohl für Anlieger als auch Einsatzkräfte im Ereignisfall dadurch, dass sie die Linienführung der mobilen Maßnahmen aus dem Alarmplan (Sandsäcke, Schlauchdämme) vereinfacht.

Auf lange Sicht sei mit diesen 100 Metern Spundwand der Grundstein für einen vollständigen technischen Hochwasserschutz am Rosenwall und Rosenwinkel gelegt, der planerisch sukzessive weiterverfolgt wird durch den Wasserverband Mittlere Oker, so Sven Glodniok abschließend.

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