Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann hat heute in Hannover seine Kollegen aus den norddeutschen Küstenländern zur Nord-IMK (Nord-Innen-Minister-Konferenz) begrüßt. Der Minister lobte die konstruktive Zusammenarbeit im Nordverbund. „Auf vielen Politikfeldern ist es wichtig und richtig, dass es einen intensiven Informationsaustausch gibt und gemeinsame Interessen zum Beispiel bei der Bekämpfung der Seepiraterie und der Rockerkriminalität vorangebracht werden.
Seepiraterie
Die Innenminister und Innensenatoren der norddeutschen Küstenländer sehen die hohe Gefährdung der Seeschifffahrt durch Piraterie, insbesondere am Horn von Afrika und vor der ostafrikanischen Küste, im Seegebiet vor Nigeria an der westafrikanischen Küste sowie im Seegebiet vor Malaysia und Indonesien mit großer Sorge, da von Piratenangriffen insbesondere deutsche Schiffe betroffen sind.
Schünemann und seine Länderkollegen stellen fest, dass die Bekämpfung der Seepiraterie und der Schutz deutscher Schiffe primär in staatlicher Verantwortung liegen. Neben umfassenden Eigensicherungsmaßnahmen seitens der Reedereien macht die Abwehr von Piratenangriffen deshalb den Einsatz der Deutschen Marine und bundespolizeiliches Handeln insbesondere zum Schutz der deutschen Handelsflotte erforderlich. Als besonders wirkungsvoll hat sich bisher der Einsatz bewaffneter Schutzteams an Bord gefährdeter Schiffe erwiesen. Die Innenminister und Innensenatoren der norddeutschen Küstenländer begrüßen das Engagement der Deutschen Marine im Rahmen der EU-Operation ATALANTA und die Arbeit des Pirateriepräventionszentrums der Bundespolizei See. Eine Beteiligung von durch die Bundespolizei zertifizierten privaten Sicherheitskräften kann unter Berücksichtigung des staatlichen Gewaltmonopols eine mögliche Ergänzung zur Stärkung des erforderlichen ganzheitlichen Bekämpfungsansatzes darstellen.
Die Innenminister und -senatoren begrüßen die von der IMK (Innenministerkonferenz) beschlossene Beauftragung einer länderoffenen Arbeitsgruppe unter Leitung von Niedersachsen und dem Bund, u.a. zur Darstellung rechtlicher und tatsächlicher Möglichkeiten zum Schutz deutscher Handelsschiffe und zur Bekämpfung der Seepiraterie.
„Wir begrüßen, dass der Bund sich durch Beteiligung an der Leitung dieser Arbeitsgruppe einer besonderen Verantwortung in diesem Bereich bewusst ist, berührt die Seepiraterie doch zentrale sicherheitspolitische Interessen des Bundes und der Länder“, sagte Schünemann.
Rockerkriminalität
Das Phänomen „Rockerkriminalität“ ist in den vergangenen Jahren zunehmend in den polizeilichen Fokus gerückt. Rockergruppierungen, die den sogenannten Outlaw-Motorcycle-Gangs (OMCG’s) zuzurechnen sind, versuchen mittlerweile massiv zu expandieren. Der sogenannte „Frieden von Hannover“ im Mai 2010 hat an dieser Entwicklung offenkundig wenig geändert. Weniger die großen Clubs selbst (Hells Angels MC und Bandidos MC), sondern vielmehr deren Unterstützergruppierungen haben Charter / Chapter neu gegründet.
Expansionsbemühungen und das damit verbundene Reklamieren von Einflussbereichen, vor allem vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Interessen, haben zu eskalierenden Auseinandersetzungen der Gruppierungen untereinander und sogar zu mehreren Tötungsdelikten im Bundesgebiet geführt.
Polizeiliche Feststellungen und der regelmäßige bundesweite Informationsaustausch belegen, dass die Bekämpfung der Rockerkriminalität nicht auf ein Bundesland beschränkt werden kann. Diese Gruppierungen sind Teil internationaler Netzwerke und agieren länderübergreifend, insbesondere, wenn es um ihre Macht – und Einflussbereiche geht. Die Polizei muss sich bei ihren künftigen strategischen Entscheidungen darauf einstellen und Konzeptionen viel häufiger an kriminalgeografischen Räumen – wie vorliegend Norddeutschland – orientieren und umsetzen.
Die Innenminister und -senatoren haben bereits im Jahr 2009 dieser aktuellen Entwicklung Rechnung getragen und eine intensivere Zusammenarbeit vereinbart. Die mit der Umsetzung beauftragten Leiter der Norddeutschen Landeskriminalämter haben eine engere Kooperation beschlossen. Ein wesentlicher Baustein ist der „Gemeinsame Situationsbericht der Norddeutschen Küstenländer zu Rockergruppierungen“. Der auf der Grundlage standardisierter Erhebungsraster erstellte Situationsbericht betrachtet insbesondere die vier großen Rockergruppierungen Hells Angels MC, Bandidos MC, Gremium MC und Outlaws MC sowie ihre polizeilich relevanten Unterstützergruppen und gibt zu verschiedenen Aspekten einen detaillierten statistischen Überblick.
Der Bericht stellt somit eine gemeinsame Lagedarstellung und -einschätzung innerhalb der Norddeutschen Küstenländer dar und ist geeignet, strategische Entscheidungen und deren Abstimmung mit den beteiligten Küstenländern / Stadtstaaten zu ermöglichen und zu vereinfachen.
Autobrände
Die Zahl von Brandanschlägen auf Kraftfahrzeuge hat insbesondere in Berlin aber auch in anderen Städten in der jüngsten Vergangenheit deutlich zugenommen. Die Vorfälle zeigen eine besorgniserregende Entwicklung bei diesen Straftaten auf. Ziel der Brandanschläge waren in der Vergangenheit vorwiegend hochwertige Luxusfahrzeuge, an denen hohe Sachschäden zu verzeichnen waren. Bei den aktuellen Fällen ist jedoch eine Ausweitung auf alle Fahrzeugklassen feststellbar. Vor diesem Hintergrund sind diese Taten besonders geeignet, das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung insgesamt in starkem Maße zu beeinträchtigen, da mittlerweile jeder Bürger Opfer eines solchen Brandanschlages werden könnte.
Zurzeit konzentriert sich dieses Kriminalitätsphänomen noch auf wenige Großstädte. Es besteht jedoch die große Gefahr, dass sich diese Gewaltstraftaten auch auf andere Städte und Bundesländer ausweiten und insbesondere linksextremistische Kreise diese Straftaten zum Vorbild und Anlass nehmen, gleichgelagerte Taten zu begehen. Erste Indizien dafür liegen bereits vor.
Gerade bei der dynamischen Entwicklung neuer Kriminalitätsformen, wie bei der starken Zunahme von Brandstiftungsserien an Kfz, ist ein frühzeitiges und konsequentes Einschreiten unbedingt erforderlich und für die weitere wirkungsvolle Bekämpfung dieser Kriminalität oftmals entscheidend.
Derzeit steht für dieses Kriminalitätsphänomen kein aktuelles spezifisches Lagebild zur Verfügung. Aus diesem Grund ist in einem ersten Schritt die Erstellung eines gemeinsamen Lagebildes der norddeutschen Küstenländer angezeigt, welches die gegenwärtige Situation in den Bundesländern zu den Taten, den Tätern und deren Motiven analysiert sowie eine fundierte Einschätzung zur weiteren Entwicklung der Lage enthält.
An der Sitzung nahmen teil:
Schleswig-Holsteins Innenminister Klaus Schlie, der Hamburger Innensenator Michael Neumann, der Staatssekretär im Innenministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern Thomas Lenz, Bremens Innensenator Ulrich Mäurer und Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann.
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