[image=5e1764c0785549ede64ccd4d]Die Kommission zur Untersuchung von Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens der Universität Potsdam hat das Verfahren wegen der Vorwürfe gegen Dr. Bernd Althusmann im Hinblick auf dessen Dissertation eingestellt. Die Arbeit weist eine Vielzahl formaler Mängel auf, die nicht der guten wissenschaftlichen Praxis entsprechen, doch sind diese Verstöße nicht ausreichend, um den Tatbestand wissenschaftlichen Fehlverhaltens zu erfüllen.
Als Konsequenz aus der anhaltenden bundesweiten Diskussion über die Qualität von Doktorarbeiten engagiert sich die Universität Potsdam im Netzwerk der Mittelgroßen Universitäten für eine Initiative, die auf hochschulübergreifende Standards zur Qualitätssicherung in der Promotionsphase abzielt.
Anfang Juli 2011waren in der Öffentlichkeit Plagiatsvorwürfe gegen Dr. Bernd Althusmann, Kultusminister in Niedersachsen, erhoben worden. In seiner 2007 an der Universität Potsdam eingereichten Dissertation wären „an vielen Stellen inhaltliche wie wörtliche Übernahmen aus anderen wissenschaftlichen Werken nicht als solche gekennzeichnet“, hieß es in der Wochenzeitung „Die Zeit“. Unstimmigkeiten hätten sich auf 88 von 114 untersuchten Seiten gefunden.
Nach einer Vorprüfung durch den zuständigen Dekan der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät wurde Ende Juli 2011 an der Universität Potsdam ein förmliches Untersuchungsverfahren durch die Kommission zur Überprüfung von Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens eingeleitet, das nun nach gründlicher Prüfung beendet wurde. Die Kommission hatte im Interesse besonderer Expertise namhafte externe Sachverständige in den Prüfprozess einbezogen. Stimmberechtigte wie beratende Mitglieder kamen zu folgendem Schluss: Die Arbeit weist eine hohe Zahl von Verstößen gegen die gute wissenschaftliche Praxis auf. Dazu zählt die wörtliche Wiedergabe fremder Textfragmente ohne Kenntlichmachung im eigenen Text beispielsweise durch Anführungszeichen, sondern lediglich durch einen „Vgl.“-Verweis in der jeweiligen Fußnote.
Insgesamt handelt es sich um Mängel von erheblichem Gewicht. Zu ihrer Vermeidung hätten die Gutachter die Dissertation genauer prüfen und weitere Maßnahmen ergreifen müssen, zumal diese Verstöße zumindest teilweise ohne weiteres erkennbar waren.
Gleichwohl gelangten die Mitglieder der Kommission übereinstimmend zu der Auffassung, dass die aufgefundenen Verstöße gegen gute wissenschaftliche Praxis nicht ausreichen, um den Tatbestand wissenschaftlichen Fehlverhaltens im Sinne der – an den Vorschlägen der Deutschen Forschungsgemeinschaft orientierten – Satzung „Selbstkontrolle in der Wissenschaft – Regeln zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis an der Universität Potsdam“ zu erfüllen. Dieser Tatbestand verlangt eine Falschangabe, eine Verletzung geistigen Eigentums oder eine Beeinträchtigung der Forschungstätigkeit anderer. Als Beispiel für eine Verletzung geistigen Eigentums nennt die Satzung die unbefugte Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke oder wesentlicher wissenschaftlicher Erkenntnisse, Hypothesen, Lehren oder Forschungsansätze anderer unter Anmaßung der Autorenschaft (Plagiat). Eine Anmaßung der Autorenschaft würde eine Täuschung über die tatsächliche Urheberschaft von in der Arbeit wiedergegebenen Werken oder dargestellten wissenschaftlichen Erkenntnissen erfordern. Eine solche Täuschung ist der untersuchten Dissertation nicht vorzuwerfen.
Die Vorsitzende des Promotionsausschusses und Dekanin der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät, Prof. Theresa Wobbe, kündigte an, dass ihre Fakultät aus dem Bericht detaillierte Schlüsse zur Verbesserung der Betreuungsqualität bei zukünftigen Promotionsverfahren ziehen werde.
Seit 2009 existieren an der Universität Potsdam vom Senat der Hochschule beschlossene Qualitätsstandards für die strukturierte Doktorandenausbildung. Aktuell haben sich einige Universitäten im Netzwerk der Mittelgroßen Universitäten auf Initiative der Universität Potsdam darauf verständigt, hochschulübergreifende Standards zur Qualitätssicherung in der Promotionsphase zu entwickeln.
Althusmann zu Entscheidung der Kommission
„Zunächst einmal darf ich mich bei der Kommission der Universität Potsdam und dem Vorsitzenden Herrn Prof. Dr. Lettl bedanken: für das faire und intensive Prüfverfahren, das zwei externe, anerkannte Gutachten miteinschloss. Das heute mitgeteilte Ergebnis der Kommission nehme ich natürlich erleichtert zur Kenntnis. Es ist eine Bestätigung dessen, was ich bereits vor Monaten gesagt habe: Meine Arbeit weist keine Urheberrechtsverletzungen auf, sie ist kein Plagiat, und das ist mir wichtig: Es ging ausschließlich um Zitierfragen und mögliche Zitierfehler.
Von Anfang an habe ich großen Wert auf Transparenz und Offenheit gelegt, meine Arbeit für jeden zugänglich gemacht und mich aktiv an der Aufklärung der Vorwürfe beteiligt. Wissenschaftliche Arbeiten beruhen auf bestimmten Grundprinzipien. Allen voran stehen Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit: gegenüber sich selbst, gegenüber der Universität aber auch gegenüber der Öffentlichkeit. Wenn eine wissenschaftliche Arbeit in Zweifel gerät, sind alle gefordert, offen, transparent und ehrlich den Sachverhalt darzustellen. Dies wurde in meinem Fall von allen Seiten beherzigt.“
Zusammenfassung des Berichts der Kommission zur Untersuchung von Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens an der Universität Potsdam
Die Kommission zur Untersuchung von Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens der Universität Potsdam hat das Verfahren wegen der Vorwürfe gegen Herrn Dr. Bernd Althusmann im Zusammenhang mit seiner Dissertation „Prozessorganisation und Prozesskooperation in der öffentlichen Verwaltung – Folgen für die Personalentwicklung“ eingestellt. Diese Dissertation weist zwar eine Vielzahl formaler Mängel auf, die nicht guter wissenschaftlicher Praxis entsprechen. Dazu zählt die wörtliche Wiedergabe fremder Textfragmente ohne Kenntlichmachung im eigenen Text selbst etwa durch Anführungszeichen, sondern nur durch ein „Vgl.“-Verweis in der jeweiligen Fußnote. Es handelt sich um Mängel von erheblichem Gewicht. Zu ihrer Vermeidung hätten die Gutachter genauer prüfen und weitere Maßnahmen ergreifen müssen, zumal diese Verstöße zumindest teilweise ohne weiteres erkennbar waren. Für die Zukunft müssen an der Universität Potsdam Vorkehrungen getroffen werden, dass derartige Verstöße gegen gute wissenschaftliche Praxis nicht mehr vorkommen. Dazu gibt die Kommission der Universität Potsdam Empfehlungen.
Gleichwohl gelangt die Kommission (stimmberechtigte und beratende Mitglieder sowie Ombudsmann) übereinstimmend zu der Auffassung, dass die Verstöße gegen gute wissenschaftliche Praxis nicht ausreichen, um den Tatbestand wissenschaftlichen Fehlverhaltens im Sinne der – an den Vorschlägen der Deutschen Forschungsgemeinschaft orientierten – Satzung der Universität Potsdam zu verwirklichen. Dieser Tatbestand stellt strenge Voraussetzungen auf. Er verlangt im objektiven Tatbestand eine Falschangabe, eine Verletzung geistigen Eigentums oder eine Beeinträchtigung der Forschungstätigkeit anderer. Als Beispiel für eine Verletzung geistigen Eigentums nennt die Satzung die unbefugte Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke oder wesentlicher wissenschaftlicher Erkenntnisse, Hypothesen, Lehren oder Forschungsansätze anderer unter Anmaßung der Autorenschaft (Plagiat). Eine Anmaßung der Autorenschaft würde eine Täuschung über die tatsächliche Urheberschaft von in der Arbeit wiedergegebenen Werken oder dargestellten wissenschaftlichen Erkenntnissen erfordern. Eine solche Täuschung ist der untersuchten Dissertation nicht vorzuwerfen. Dies ergibt sich auf Grund verschiedener Umstände des Einzelfalls. Insbesondere sehen sich weder die Gutachter der Dissertation, noch weitere, teilweise fachfremde Personen durch die mit „Vgl.“-Verweisen gekennzeichneten, wörtlich übernommenen Satzfragmente über die tatsächliche Urheberschaft der wiedergegebenen wissenschaftlichen Ergebnisse getäuscht.
Darüber hinaus wäre auch – würde man den objektiven Tatbestand wissenschaftlichen Fehlverhaltens annehmen –, der subjektive Tatbestand wissenschaftlichen Fehlverhaltens im Sinne der Satzung nicht gegeben. Dieser Tatbestand verlangt Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit. Auch daran fehlt es hier nach übereinstimmender Auffassung der Kommission auf Grund der Umstände des Einzelfalles. Insbesondere spricht die Gutgläubigkeit von Herrn Althusmann im Hinblick auf die von ihm angewandte Methodik gegen das Vorliegen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. Die Gutachter haben die Arbeit nicht ausreichend auf Verstöße gegen gute wissenschaftliche Praxis überprüft.
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