Der türkische Staatspräsident Abdullah Gül hat kurz vor seinem Besuch in Deutschland das deutsche Ausländerrecht kritisiert und die Sprachtests beim Ehegattennachzug als menschenrechtswidrig bezeichnet. Der Niedersächsische Innenminister und Sprecher der Unions-Innenminister Uwe Schünemann wies die Kritik zurück:
„Sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch das Bundesverwaltungsgericht haben festgestellt, dass die seit 2007 in Deutschland geltende Regelung, wonach Ausländer erst nach einem erfolgreichen Deutschtest zu ihren in Deutschland lebenden Ehepartnern nachziehen können, verfassungsgemäß und mit dem Europäischen Recht vereinbar ist. Deutschland ist gut beraten, an dieser Praxis festzuhalten.“
Vor etwa vier Jahren hatte der Deutsche Bundestag Anpassungen des Ausländerrechts an das Europäische Recht beschlossen und umgesetzt. Daneben wurden die Regelungen zum Ehegattennachzug ergänzt und ein Mindestalter (18 Jahre) sowie der Nachweis einfacher deutscher Sprachkenntnisse schon vor der Einreise bestimmt. Durch die Neuregelung sollte den Betroffenen ihre spätere Integration im Bundesgebiet erleichtert werden. Gleichzeitig diente sie der Verhinderung von in Deutschland geführten Zwangsehen. Nach Auffassung von Innenminister Schünemann sind beide Ziele erreicht worden, so dass kein Anlass besteht, diese Praxis aufzugeben. „Wenn Präsident Gül seine in Deutschland lebenden türkischen Landsleute selbst auffordert, ‚die Sprache akzentfrei zu beherrschen’, ist das sehr zu begrüßen. Deshalb kann es auch nicht falsch sein, von türkischen Ehegatten zu verlangen, dass sie sich schon bei ihrer Einreise auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen können. Diese gesetzliche Bestimmung als ‚menschenrechtswidrig’ zu bezeichnen, entbehrt jeder Grundlage“, so Schünemann.
In diesem Zusammenhang forderte Schünemann die Türkei auf, die illegale Zuwanderung in die EU stärker zu bekämpfen. „Die Türkei muss endlich dafür sorgen, dass die illegale Einwanderung über die türkisch-griechische Grenze gestoppt wird, auch damit Griechenland entlastet wird.“ Seit Mitte 2010 kommt es nach Aussage der EU-Kommission zu einer vermehrten irregulären Einwanderung in die EU aus der Nahost-Region, Asien und Afrika. Insgesamt sind im vergangenen Jahr 90 Prozent der illegalen Einreise in die EU an der türkisch-griechischen Landesgrenze festgestellt worden.
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