Schünemann zur Bleiberechtsregelung




[image=46601]Rede des Innenministers Uwe Schünemann zur Bleiberechtsregelung in der Sitzung des Niedersächsischen Landtages zum Antrag der Fraktion die LINKE, ungekürzt und unkommentiert:

Sehr geehrte Damen und Herren,
im Grunde kann man es kurz machen: Der Antrag der Fraktion DIE LINKE aus November 2011 ist mittlerweile weitestgehend überholt!
Die Innenminister und Innensenatoren haben sich auf der letzten IMK im Dezember 2011 darauf geeinigt, dass eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnisse nach der Bleiberechts-regelung 2009 nach den geltenden rechtlichen Vorgaben erfolgen kann, wenn eine günstige Integrationsprognose vorliegt und die Begünstigten sich nachweislich um die Lebensunterhalts-sicherung durch eigene Erwerbstätigkeit bemühen.

Denn: Die bestehenden Regelungen reichen aus, um das Bleiberecht im Falle einer günstigen Integrationsprognose zu verlängern, wenn die Begünstigten sich nachweislich um die Sicherung des Lebensunterhalts durch die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bemühen.
Insoweit ist es nur konsequent, den vorliegenden Entschließungsantrag für erledigt zu erklären.
Wir haben bereits eine wirksame Bleiberechtsregelung – deshalb ist auch die im Änderungs-antrag der GRÜNEN geforderte Bundesratsinitiative überflüssig!

Bei der Zuwanderung von Ausländern aus Nicht-EU-Staaten muss unter Berücksichtigung der völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands nach zwei Gruppen unterschieden werden:
Erstens: den unerlaubt einreisenden schutzbedürftigen Personen, den Flüchtlingen
und
Zweitens: den erlaubt zu bestimmten Zwecken einreisenden Personen, den Zuwanderern.
Flüchtlinge haben aufgrund ihres Verfolgungsschicksals ein völkerrechtlich verankertes bedingungsloses Recht auf Aufenthalt. Sie können weder auf eine Einreise im Visumverfahren verpflichtet werden, noch kann ihr weiterer Aufenthalt von Bedingungen, etwa der eigenständigen Sicherung ihres Aufenthalts abhängig gemacht werden.

Ich muss nicht besonders betonen, dass die Landesregierung zu dieser Schutzgewährung für Flüchtlinge ohne Wenn und Aber steht und damit selbstverständlich akzeptiert, dass es sich hier weitestgehend um eine ungesteuerte Zuwanderung handelt.

Umso mehr muss es hinsichtlich der nicht schutzbedürftigen Personen, den Zuwanderern, bei der gesetzlichen Zielsetzung der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs bleiben. Wer zuwandern will, bedarf der Erlaubnis zur Einreise für einen bestimmten Zweck, etwa zum Studium, zur Beschäftigung oder zum Familiennachzug. Das Aufenthaltsgesetz bestimmt deshalb, dass unerlaubt eingereiste Personen grundsätzlich kein Aufenthaltsrecht erhalten können, wenn sie nicht wegen drohender Gefährdung im Herkunftsland Schutz in Deutschland benötigen. Wird keine Gefährdung festgestellt, müssen sie ausreisen. Wer gefährdet ist, erhält Schutz.

Würde der Gesetzgeber bestimmen, dass derjenige, der diese Voraussetzungen nicht erfüllt und auch seiner Verpflichtung zur Ausreise nicht nachkommt, dennoch nach einigen Jahren ein Aufenthaltsrecht erhält, so würde damit die Steuerung der Zuwanderung vollständig konterkariert.
Dass das nicht sein kann, hat das Bundesverfassungsgericht wiederholt zum Ausdruck gebracht: „Ein Staat, der seine Rechtsordnung Ernst nimmt, kann deren Missachtung nicht mit einem Rechtsvorteil belohnen.”

Und ich möchte noch auf einen anderen Aspekt zu sprechen kommen: Welchen Sinn haben Zuwanderungsregelungen für Arbeitsmigranten, wenn die Steuerung der Einreise über das Visumverfahren umgangen werden kann, indem man auf die Möglichkeit einer Bleiberechtsregelung hofft? Die Zuwanderung von ausländischen Fachkräften ist schon heute möglich. Zuwanderungswillige Ausländer müssen allerdings bestimmte Einreisevoraussetzungen erfüllen.
Auch in Zukunft muss es das Ziel sein, eine Zuwanderung grundsätzlich zu steuern.

Mit den Bleiberechtsregelungen der letzten Jahre hatten langjährig hier lebende Ausländerinnen und Ausländer insgesamt mehr als fünf Jahre Gelegenheit, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Die hohe Zahl der Inanspruchnahme zeigt, dass die Anforderungen praktikabel und nicht überhöht waren.
Zu der in dem Antrag erhobenen Forderung, Familientrennungen zu vermeiden und die Gewährung eines Bleiberechts für Kinder nicht von der Ausreise der Eltern abhängig zu machen, verweise ich auf die von Niedersachsen initiierte Regelung des seit dem 1. Juli 2011 geltenden § 25a des Aufenthaltsgesetzes. Wir haben bereits bei der Einbringung des Antrags im November darüber diskutiert.

Danach stehen die eigenen Integrationsleistungen Jugendlicher und Heranwachsender – unabhängig vom Aufenthaltsstatus der Eltern – im Mittelpunkt. Eine Begünstigung der Jugendlichen setzt somit nicht die Ausreise der Eltern voraus. Die Neuregelung eröffnet umgekehrt den Eltern gut integrierter minderjähriger ausländischer Jugendlicher erneut die Möglichkeit, ein eigenständiges Aufenthaltsrecht zu erlangen.
Wenn die Jugendlichen diesen von ihren Eltern veranlassten langjährigen Aufenthalt zur Integration in die hiesigen Verhältnisse genutzt haben, können sie nun ein auf Dauer angelegtes eigenständiges Bleiberecht erhalten.

Ich würde mich freuen, wenn auch die Opposition den humanitären Fortschritt, der in dieser Regelung liegt, endlich anerkennen würde – anstatt ständig zu polemisieren!


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