Virtuelle Zeitreise: Ehemalige Synagoge digital erleben

Im Bürger Museum Wolfenbüttel können Besucherinnen und Besucher die frühere Synagoge der Stadt nun digital erleben.

Stadtrat Thorsten Drahn, Dr. Sandra Donner, Annette Junicke-Frommert, Markus Gröchtemeier und Marc Grellert stellten die virtuelle Rekonstruktion der Synagoge Wolfenbüttel vor.jpg
Stadtrat Thorsten Drahn, Dr. Sandra Donner, Annette Junicke-Frommert, Markus Gröchtemeier und Marc Grellert stellten die virtuelle Rekonstruktion der Synagoge Wolfenbüttel vor.jpg | Foto: Museum Wolfenbüttel

Wolfenbüttel. Eine digitale Rekonstruktion lässt die frühere Wolfenbütteler Synagoge wieder sichtbar werden. Mit einer modernen Virtual-Reality-Brille können Besucherinnen und Besucher künftig virtuell im Tempelraum Platz nehmen. Ergänzend zeigt ein Film, wie das Gotteshaus an seinem historischen Standort in der Lessingstraße neu entsteht.



Die Synagoge, ein im orientalischen Stil erbautes Werk des Braunschweiger Architekten Constantin Uhde, war 1893 von der jüdischen Gemeinde gemeinsam mit der Stadtgesellschaft eingeweiht worden. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde sie von Angehörigen der SS in Brand gesetzt und brannte vollständig aus. 1939 folgte der vollständige Abriss auf Druck der Nationalsozialisten und der damaligen Stadtverwaltung. Heute erinnert lediglich eine Gedenktafel an das Gebäude. Doch nun können Besucher des Bürger Museums einen Einblick erhalten, wie es einmal ausgesehen hat. Möglich macht dies eine digitale Rekonstruktion, die gemeinsam mit Dr.-Ing. Marc Grellert von der Technischen Universität Darmstadt entstand, heißt es in einer Pressemitteilung des Museums.

Blick in die Vergangenheit für die Zukunft


Ein Blick in den Tempelraum der Synagoge.
Ein Blick in den Tempelraum der Synagoge. Foto: Marc Grellert_TU Darmstadt


Museumsleiterin Dr. Sandra Donner betonte anlässlich der Vorstellung der Medienstation die Bedeutung moderner Technologien für die Vermittlung historischer Inhalte. Man wolle vor allem junge Menschen für die jüdische Vergangenheit der Stadt sensibilisieren. Dr.-Ing. Marc Grellert hob die Herausforderungen hervor, die eine Rekonstruktion auf Grundlage weniger und teilweise widersprüchlicher Quellen mit sich bringt. Ziel sei es, den kulturellen Verlust sichtbar zu machen und zugleich einen Beitrag zur Erinnerung an die Shoah zu leisten. Grellert, der seit den 1990er-Jahren digitale Modelle historischer Bauwerke erstellt, zähle zu den international renommierten Experten auf diesem Gebiet. Unter seiner Leitung entstanden bereits mehr als 40 Rekonstruktionen zerstörter Synagogen.


Reise in die Vergangenheit


Durch die Virtual Reality-Brille wird die Synagoge wieder sichtbar.
Durch die Virtual Reality-Brille wird die Synagoge wieder sichtbar. Foto: Andreas Greiner-Napp/Museum Wolfenbüttel


Auch aus der Stadtverwaltung kommt Zustimmung. Annette Junicke-Frommert, Leiterin des Fachbereichs Tourismus und Kultur, sieht in der neuen Medienstation ein wichtiges Angebot, um historische Zusammenhänge erlebbar zu machen und das Bewusstsein für Toleranz und Vielfalt zu stärken. Markus Gröchtemeier, stellvertretender Museumsleiter, verwies auf die umfangreichen Recherchen in nationalen und internationalen Archiven. Zwei zufällig entdeckte historische Fotos, die die zerstörte Synagoge kurz nach dem Brand aus unterschiedlichen Perspektiven zeigen, hätten die Arbeit maßgeblich unterstützt.

Die neue Medienstation mit VR-Erlebnis und Film ist ab sofort auf der Empore des Bürger Museums zu sehen.