Landkreis. Die Wolfenbütteler AtomAusstiegsGruppe (WAAG) weist in einer Pressemitteilung auf einen deutlichen Mangel an Mädchengeburten in Remlingen hin und vermutet als Ursache die ionisierende Strahlung aus der Schachtanlage Asse II. Dem Landkreis Wolfenbüttel wirft die WAAG vor, den Ursachen für das abweichende Geburtengeschlechtsverhältnis nicht nachzugehen.
Die "verlorenen" Mädchen
Das Verhältnis von Jungen- zu Mädchengeburten sei eigentlich erstaunlich konstant, heißt es in der Pressemitteilung der WAAG. Auf 104 bis 106 Jungengeburten kämen für gewöhnlich 100 Mädchengeburten. Allerdings würden in der Umgebung von Atomanlagen gravierende Abweichungen auftreten, so die AtomAusstiegsGruppe, dort würden nämlich deutlich weniger Mädchen geboren. Als Beleg für diese Behauptung führt die WAAG eine wissenschaftliche Studie eines Landkreises im Wendland an, in dem das Zwischenlager Gorleben liegt. Der dortige Landkreis habe dieses Phänomen nämlich in einer Studie aus dem Jahr 2014 sowohl in seiner eigenen Region, als auch für Remlingen an der Asse festgestellt. So heiße es in der Studie, dass in Remlingen von 1971 bis 2012 434 Jungen lebend geboren wurden. Wie die WAAG betont, wäre, aufgrund des normalen Geburtengeschlechtsverhältnisses mit etwa 411 Lebendgeburten von Mädchen zu rechnen gewesen. Tatsächlich seien in diesem Zeitraum aber nur 336 Mädchen lebend geboren worden. Gegenüber dem statistisch erwarteten Wert fehlten somit für diesen Zeitraum etwa 75 Mädchen.
Kritik am Landkreis Wolfenbüttel
"In einem Bericht von 2011, der vom Landkreis Wolfenbüttel herausgegeben wurde", so heißt es in der Pressemitteilung der WAAG, "wird zwar neben den signifikant erhöhten Schilddrüsenkrebsfällen bei Frauen und Leukämiefällen bei Männern auch auf das abweichende Geburtengeschlechtsverhältnis hingewiesen - ohne jedoch konkrete Zahlen zu nennen." Der Bericht des Landkreises Wolfenbüttel sei außerdem zu dem Schluss gekommen, dass „ein Effekt von ionisierender Strahlung auf das sekundäre Geschlechterverhältnis wissenschaftlich nicht hinreichend belegt“ sei. Die AtomAusstiegsGruppe führt allerdings an, dass schon 1958 ein wissenschaftliches Komitee der Vereinten Nationen bekannt gegeben habe, dass radioaktive Strahlung nicht nur zu Fehlgeburten, Sterilität und Totgeburten führe, sondern auch zur Veränderung des Geburtengeschlechtsverhältnisses. In dem Bericht des Landkreises von 2011 sei hingegen von einem „statistischen Ausreißer“ die Rede, weil die geringeren Mädchengeburten nur in Remlingen und nicht in den umliegenden Gemeinden festzustellen seien. Die WAAG merkt allerdings an, dass seinerzeit nicht untersucht worden sei, ob das daran liegen könnte, weil die Abluft nicht durch einen hohen Schornstein weitläufig verteilt wird, sondern über einen lediglich 11 Meter hohen Diffusor nur in die nahe Umgebung gelange. "'Ausreißer' könnte es in einem Jahr oder zwei geben, aber die Zahlen beziehen sich auf die Jahre 1971 bis 2012 Jahren und waren erst in der Summe auffällig", heißt es von der WAAG weiter.
Forderung der WAAG
Die WAAG sehe auf jeden Fall auch keinen Beleg dafür, dass die ionisierende Strahlung aus der Schachtanlage Asse II nicht Ursache für die fehlenden Mädchengeburten und die erhöhten Krebsraten in Remlingen ist, heißt es abschließend in der Pressemitteilung. Sogar ganz im Gegenteil, da beide Auffälligkeiten dort auftreten würden, hält die Bürgerinitiative es für dringend geboten, dass der Landkreis Wolfenbüttel eine Studie in Auftrag gibt, die der Wendland-Studie entspricht, um die Ursachen der bereits heute bestehenden Risiken zu ermitteln, aber auch um die Risiken der zukünftigen Zwischenlagerstandorte einschätzen und vergleichen zu können.

