Winnigstedt steht ohne Nahversorger da

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Nach der Schließung: Bürgermeister Michael Waßmann mit den langjährigen Mitarbeitern Friedhelm Eichhorn, Martina Sontowski, Inhaber Ulrich Ruess und Hannelore Eichhorn (v. li.). Foto: Bernd-Uwe Meyer | Foto: privat

Winnigstedt. Silvester 2016 schloss der Winnigstedter Edeka-Kaufladen von Ulrich Ruess für immer seine Türen. Ob es einen Ersatz gibt ist noch ungewiss. regionalHeute.de sprach mit Gemeindebürgermeister Michael Waßmann.


"Es wird Menschen geben - vor allem ältere - die damit Schwierigkeiten haben werden, dass es keinen Nahversorger mehr am Ort gibt", prognostiziert Michael Waßmann. "Für manchen bedeutet es halt erhebliche Umstände, wenn man zum Einkaufen ins Nachbardorf fahren muss."

Doch Waßmann verspricht, dass man sich der Sache annehmen wird. "Wir hatten das Thema bereits im Vorfeld thematisiert und - leider vergeblich - versucht, ins Dorferneuerungsprogramm aufgenommen zu werden." Nun müsse man aus der Gemeinde heraus eine Lösung finden. Waßmann nennt als Beispiel das Dorf Deersheim im Landkreis Harz (Sachsen-Anhalt), wo die Dorfgemeinschaft einen Laden als Genossenschaftsprojekt in Eigenregie auf die Beine gestellt hat.

Nach Lösungen suchen


"Es gibt viele Ideen und auch eventuell Fördermittel, wir werden das im Rat thematisieren", so Waßmann. Doch wichtig sei, dass die Bürger dies auch wollen und mitmachen. Daher werde man demnächst eine Bürgerfragestunden anberaumen. "Es geht nicht ohne die Bevölkerung", ist sich der Bürgermeister sicher.

Neben persönlichen Gründen habe nach Waßmanns Ansicht auch das schleichende Wegbrechen der Infrastruktur und dem damit verbundenen Abnehmen der Kundenzahl für das Aus des Edeka-Marktes gesorgt. Nach Arzt und Apotheke sei zuletzt die Schließung der Postagentur "Nagel zum Sarg" gewesen.

Ein Blick zurück


Unser Leser Bernd-Uwe Meyer, der uns auf das Thema aufmerksam machte, erinnert sich gemeinsam mit Inhaber Ulrich Ruess an die jahrzehntelange Geschichte des Familienbetriebes: Besonders die 1960er und 1970er Jahre sind für den 66-jährigen Ruess schöne Erinnerungen. Seine Großeltern Marie und Christian Ruess kamen 1938 mit ihren Kindern Sigurd, Jenny und Irene nach Winnigstedt und haben klein angefangen. Sigurd Ruess absolvierte von 1939 bis 1942 in Ilsenburg seine Kaufmannslehre, kam im Dezember 1945 aus der Gefangenschaft und arbeitete nun im Geschäft. Unvergessen sind tägliche Fahrten zum Großmarkt nach Braunschweig, die Sigurd Ruess mit seinem motorisierten Tempo-Dreirad „Hanseat“ von 1948 bis 1962 unternahm. Während der Rückfahrt hielt er in vielen Dörfern an, bimmelte und verkaufte frisches Gemüse.

Im Jahre 1959 und 1969 erfolgten Umbauten. Die erste Auszubildende wurde 1960 Erika Kübler, die heute in Hornburg lebt. Nach der Grenzöffnung bei Mattierzoll am 12. November 1989 gab es einen größeren Kundenzuwachs. Das Gechäft boomte etwa fünf Jahre lang. In den letzten Jahren stellte Ulrich Ruess einen großen Verlust an Einwohnern und somit auch an Kunden fest. Aber viele schöne Erinnerungen sind geblieben.


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