In Vertretung der Stadt Wolfenbüttel waren hier: Kämmerer Knut Foraita, Bürgermeister Thomas Pink und Stadtratsvorsitzende Hiltrud Bayer Foto:
Die Eröffnungsfeier anläßlich der Ausstellung "1592-2013 Hoftheater, Schlosstheater, Lessingtheater" zog Freitag abend so viel Publikum an, daß Museumsdirektor Dr. Hans-Henning Grote es gleich in die "Annalen des Museums" schreiben wollte. Glücklicherweise konnte sich die Menge des bis auf den letzten Platz gefüllten Theatersaales beim anschließenden Rundgang auf mehrere Räume verteilen. Gleich mehrfach wurde in den Reden das Wiedereröffnungsdatum des Lessingtheaters auf den 24. Mai festgepocht, mit freundlich weisendem Zeigefinger in Richtung des Bauverantwortlichen Prof. Hans Struhk.
Die verantwortlichen Wissenschaftler: Dr. Sandra Donner, Prof. Hans Strukh, Dr. Alfred Henning, Dr. Silke Wagener-Fimpel, Dr. Brage Bei der Wieden (v.l.) Foto:
Ihm dankte Bürgermeister Thomas Pink in seiner Eröffnungsrede ganz besonders. Er bezeichnete Struhk als "Retter in der Not als es um die Sanierung des Lessingtheaters ging, als wir Ingenieursleistung brauchten." Als Pink 2007 die Schließung des Theaters bekannt geben mußte, war er "gerade mal zwei Monate im Amt." Obwohl es eine schwierige Entscheidung war, habe es keinen Zweifel an der Richtigkeit gegeben. "Sonst würden wir heute vielleicht mit Pumpen versuchen, das Wasser davon abzuhalten, an die Elektrik zu gelangen." Das Theater wurde damals aufgrund baulicher Mängel und vor allem aus Brandschutzgründen geschlossen. Nach der Schließung sei es aber "zu einem Denkmal von nationaler Bedeutung" geworden, unterstreicht der Bürgermeister. Auch in der Wolfenbütteler Bevölkerung habe die Baustelle von Anfang an ein starkes Interesse gefunden, so daß man zeitweilig bis zu zwei Führungen wöchentlich veranstaltet habe. "Unruhige Nächte" habe Thomas Pink allerdings während der Zeit gehabt, als das "Theater auf Stahlpfeilern" stand. Die hohen Sanierungskosten von über 12 Millionen Euro müssten sich nun "für mindestens 50 Jahre rechnen und einen kulturellen Mehrwert schaffen." Insbesondere wolle man die "Zukunftsangst" abbauen und das Theater wieder zu "einem gesellschaftlichen Mittelpunkt unserer Stadt werden lassen." Am 24. Mai, "und an diesem Datum, Herr Professor Struhk, wird jetzt nicht mehr gerüttelt" werde das Lessingtheater "mit einem riesigen Bürgerfest" wiedereröffnet.
Museumsdirektor Dr. Hans-Henning Grote erinnerte in seinem Vortrag daran, daß es bereits vor rund 20 Jahren einmal eine Theaterausstellung im Schloss gegeben habe, dieses Mal stünden aber die Gebäude im Vordergrund. Im ehemaligen Rittersaal habe es seinerzeit eine "improvisierte Bühne" gegeben, auf der zum ersten Mal in Wolfenbüttel Theater gespielt worden sei mit englischen Komödianten um 1592. Mit der Verlagerung des Hofes von Wolfenbüttel nach Braunschweig wurde dieses erste Hoftheater obsolet. "Das ist was sehr Wolfenbüttlerisches, das man es gleich abriß und nicht etwa stehenließ," reklamiert Direktor Grote. Die Entstehung des Opernhauses von 1688, die auf Herzog Anton Ulrich zurückgehe, rückte die Technik in den Vordergrund.
"Ursprünglich kam alles auf die Schauspieler an," aber die Opernbegeisterung des Herzogs, der gerne in die damalige Opernmetropole Venedig reiste, brachte schließlich den Bau hervor, der im Rahmen der Ausstellung erstmals visualiert wird auf Grundlage einer minimalen Datenlage. Einziger erhaltener Vergleichsbau sei das Markgräfliche Opernhaus in Bayreuth, welches von der Schwester Friedrichs des Großen erbaut wurde. In Venedig brachte man es zur damaligen Zeit auf 60 Premieren in acht Wochen verteilt auf 16 Opernhäuser. Allerdings sei damals Oper ein geselliges und lautstarkes Ereignis gewesen und keine Andachtsveranstaltung wie heutzutage. Deshalb habe man sich bei der Simulation des Opernhauses für eine zeitgemäße musikalische Untermalung entschieden des Komponisten Johann Sigismund Kusser.
Modell mit alter Bühnentechnik "Kulissenwagen" Foto:
Die "sehr laute Musik mit viel Trompeten" verdanke sich der Bühnenmaschinerie, "weil das Gepolter der Kulissenwagen übertönt werden mußte." Auf einer Unterbühne zogen Soldaten die Kulissen auf hölzernen Wägen hin und her, so daß der Zuschauer einen offenen Szenenwechsel erleben konnte. Heute gäbe es nur noch ein Theater, was mit dieser einzigartigen Technik ausgestattet sei in Bad Lauchstädt. Ebenfalls sei für die Filmanimation auf originale Kulissenentwürfe zurückgegriffen worden, die von dem Bühnenbildner Johann Oswald Harms stammen. Die Stücke, die seinerzeit im Opernhaus aufgeführt wurden, entstanden vielfach auf der Grundlage der klassischen Mythologie. Die zumeist von Kastraten gesungenen Opern sollen "Damen ohnmächtig gemacht und Gläser zum Springen gebracht haben."
Dr. Alfred Henning erklärt den von ihm verantworteten Ausstellungsteil Foto:
Dr. Alfred Henning vom Lions Club, der sich der Förderung des Wolfenbütteler Kinder- und Jugendtheaters verschrieben hat, habe als Rentner in der Erforschung der Baugeschichte des Lessingtheaters "eine neue Dauerbeschäftigung" gefunden. Durch "das Wühlen in Akten und Archiven" konnte er die Entstehung des zunächst Stadttheater genannten Gebäudes rekonstruieren. Der Neubau gehe auf Stadtdirektor August Floto zurück, der 1917 erster Ehrenbürger der Stadt geworden sei, "ohne ihn wäre das Theater nicht gebaut worden." Der damalige Architekt Otto Rasche habe mehrere noch bestehende Gebäude in Wolfenbüttel entworfen, so unter anderem die Welger-Villa am Herzogtore. Am 25. September 1909 wurde nach einer Bauzeit von sechs Jahren das Theater eingeweiht. Eine Bank und Tische des Möbeltischlers Wilhelm Knust, die damals in der Wandelhalle gestanden haben, seien original erhalten und werden als Exponate ausgestellt.
Ebenfalls ausgestellt ist das Gewinnermodell des 2002 ausgeschriebenen Architektenwettbewerbs zur Sanierung des Lessingtheaters. 2010 haben die Sanierungsarbeiten nun begonnen und "nun warten wir auf die Fertigstellung." Aus seinen Recherchen sei bereits im vergangenen Jahr eine Publikation hervorgegangen, die Dr. Grote zum Ausstellungskatalog befördert hat. Der Erlös der im Buchhandel erhältlichen Schrift fließe zu 100 Prozent in die Förderung des Kinder- und Jugendtheaters. Zur Wiedereröffnung finanziert der Lions Club am 2. Juni die Aufführung "Mama Muh räumt auf" im Rahmen des FamilienTheaterTags mit.
Am Dienstag eröffnet im Staatsarchiv Wolfenbüttel die zugehörige Sonderausstellung.
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