Wolfenbüttel: Landkreis gibt Entwarnung für Asse-Mitarbeiter - Kein erhöhtes Krebsrisiko nachweisbar

von Romy Marschall




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Dr. Dorothea von Nicolai (Leiterin des Gesundheitsamtes), Landrat Jörg Röhmann und Regina Bollmeier (Bürgermeisterin der SG Asse) stellen den Abschlussbericht des Expertenkreises Asse vor Foto:



Wie der Landrat des Kreises Wolfenbüttel Jörg Röhmann heute in einem Pressegespräch mitteilte, könne kein Zusammenhang angenommen werden zwischen einer Beschäftigung bei der Schachtanlage Asse II und der im Dezember 2010 publik gewordenen Häufungen bestimmter Krebserkrankungen in der Samtgemeinde Asse. In dem Pressegespräch präsentierten Landrat Röhmann, Regina Bollmeier (Bürgermeisterin der Samtgemeinde Asse), Dr. Dorothea von Nicolai (Leiterin des Gesundheitsamtes) und Kornelia Vogt (Beauftragte für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Landkreises) den Abschlussbericht des Expertenkreises Asse, der die 2010 bekannt gemachten Auffälligkeiten im niedersächsischen Krebsregister untersuchte.


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ASSE II. Foto: Marc Angerstein



Zum Hintergrund: Im Zuge der erhöhten Sensibilisierung im Zusammenhang mit der Schachtanlage Asse II forderten Vertreter aus dem Landkreis Wolfenbüttel sowie dem niedersächsischen Landtag eine Analyse der Daten aus dem niedersächsischen Krebsregister heruntergebrochen bis auf Gemeindeebene. Die Veröffentlichung dieser Ergebnisse sorgte für den Aufruhr im Winter 2010. Üblicherweise ist die unterste Datenebene des jährlich erscheinenden Krebsregister-Berichts die der kreisfreien Städte und Landkreise. Der Landkreis Wolfenbüttel hat insgesamt eine unterdurchschnittliche Krebsrate. Die Analyse auf Gemeindeebene jedoch ergab beispielsweise für Leukämie-Erkrankungen einen Wert von zwei Neuerkrankungen je 10.000 Einwohnern pro Jahr. Der statistische Mittelwert als Vergleichsgröße liegt bei einer Neuerkrankung pro 10.000 Einwohnern. Signifikant war also der Unterschied zwischen einer unterdurchschnittlichen Rate auf Landkreisebene und einer überdurchschnittlichen Rate auf Gemeindeebene. Auffällig war zudem, daß es sich im Untersuchungszeitraum von 2002 bis 2009 nicht um einen Einzelfall handelte, sondern jedes Jahr dieser doppelte Wert für die Samtgemeinde Asse zutage trat. Ähnliche Auffälligkeiten wiesen die Erkrankungen an Schilddrüsenkrebs auf. Da ein Zusammenhang zwischen diesen Krebsformen und erhöhter Strahlung besteht, war man seinerzeit sofort alarmiert. Umgehend wurde breitflächig informiert und eine Arbeitsgruppe gebildet, die diese Fälle in den vergangenen zwei Jahren untersuchte. Dabei ging es auch um die Prüfung der Arbeitsstätte Schachtanlage Asse II als möglicher Verursacher dieser erhöhten Krebsrate.

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Der Asse-Schacht. Foto: Marc Angerstein



Eine Ursachenforschung allein auf der Grundlage der Daten des Krebsregisters war nicht möglich. In Niedersachsen gelte die Meldepflicht nur für Pathologen und Krankenhäuser, aber nicht für die niedergelassenen Ärzte, erläutert Landrat Röhmann. Damit werde Geschlecht, Alter, Erkrankung und Postleitzahl erfaßt. Da sich aus den anonymisierten Daten keine individuelle Krankengeschichte rekonstruieren lasse, bleibe auch eine Schlußfolgerung bezüglich möglicher Ursachen unzulässig.

Seinerzeit habe man daher einen medialen Aufruf gestartet und die Bevölkerung gebeten, sich im Falle einer Krebserkrankung während des untersuchten Zeitraums zu melden. Insgesamt 152 Menschen habe man mit dem Aufruf erreicht, davon seien aber nur 14 Betroffene aus der Samtgemeinde Asse gewesen, die an den auffälligen Krebsarten erkrankt waren. Damit blieben 33 von den 47 Fällen des Krebsregisters ungeklärt und eine Aussage über mögliche Ursachen der Erkrankungen sei weiterhin nicht zu treffen.

Mit dem heute vorgestellten Abschlussbericht könne nun aber zumindest ausgeschlossen werden, daß eine Beschäftigung in der Schachtanlage ursächlich für die erhöhten Krebsraten sei.  Ein Datenabgleich der 47 im Krebsregister erfaßten Neuerkrankungen im Zeitraum von 2002 bis 2009 gegen die Daten der rund 800 Beschäftigten, die von 1967 bis 2008 in der Schachtanlage Asse II tätig waren, ergab nur in einem Fall eine Übereinstimmung. Das bedeutet nur einer der 47 an Krebs erkrankten Personen der Samtgemeinde Asse arbeitete auch in der Schachtanlage. "Wir können heute nicht sagen, daß die Fälle, die in der Samtgemeinde Asse auffällig waren, einer Ursache zuzuordnen sind. Ein Zusammenhang mit der Arbeit in der Schachtanlage Asse ist nicht nachweisbar," formulierte Landrat Röhmann. Dies sei das positive Ergebnis der Studie.

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Das ASSE-A. Foto:



"Gleichzeitig können wir nichts dazu sagen, ob die Asse als Wohnort eine andere Störquelle hat," führte der Landrat weiter aus. Die Ursache für die Häufung von Krebsfällen in der Samtgemeinde sei aufgrund der derzeitigen Datenlage nicht zu klären. Regina Bollmeier ist froh über die Entwarnung für die Asse-Mitarbeiter und unterstreicht gleichzeitig, "das Ergebnis befriedigt uns nicht zur Gänze, man kann nicht sagen, alles ist gut." Nach wie vor gäbe es die erhöhten Krebsraten in der Samtgemeinde, für die die Erforschung einer Ursache "leider nicht geglückt sei."

Um die generelle Datenlage zu verbessern, wurde ein Gesetzesentwurf eingebracht, erklärt die Leiterin des Gesundheitsamtes Dr. Dorothea von Nicolai, der ab dem 1. Januar 2013 Gültigkeit hat und auch alle niedergelassenen Ärzte zur Meldung ans Krebsregister verpflichtet. Die Patienten haben aber ein Mitspracherecht, welche Daten weitergeleitet werden. Erwartet werde durch die örtliche Sensibilisierung für das Thema Krebs ein qualitativer Sprung in der Datenerfassung der Hintergrundinformationen für die Zukunft, führt der Landrat aus. Dies sei das politische Ergebnis der vorgestellten Studie.

[image=5e17650e785549ede64cdca6]Bericht des NDR

Fernsehbericht des NDR

Ausschnitte eines NDR-Interviews mit Landrat Jörg Röhmann

Ausschnitte eines NDR-Interviews mit Dr. Dorothea von Nicolai, Leiterin des Gesundheitsamtes Wolfenbüttel


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