Wolfenbüttel: Robert Spaemann sprach beim Katholischen Forum




Wie verhalten sich Menschenrechte und Menschenwürde zueinander? Ist die Würde des Menschen in unserer Gesellschaft in Gefahr? Schwer gewichtige Fragen, die das Katholische Forum Niedersachsen am Mittwoch beim IV. Wolfenbütteler Forum „Glaube und Vernunft“ in der Herzog-August-Bibliothek der ehemaligen Residenzstadt unter dem Titel „Menschenwürde und Natur des Menschen“ diskutierte. Mit Prof. Dr. Robert Spaemann und Dr. Robert Spaemann von der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ hatte sich das Katholische Forum dazu auch zwei intellektuelle Schwergewichte eingeladen.

Vor wenigen Tagen erst ist er 85 Jahre alt geworden, doch noch immer stellt sich Prof. Dr. Robert Spaemann, zuletzt Professor für Philosophie an der Universität in München, dem gesellschaftlichen Diskurs. Der zarte, schmale Mann verschwand fast vor der gewaltigen Bücherkulisse der Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel, die dem Katholischen Forum Niedersachsen als beeindruckender Hintergrund für diesen philosophischen Leckerbissen diente. Mit leiser Stimme, nicht mehr ganz sicher im Gehör aber geistig hellwach entwickelte der renommierte Philosoph, der als Mitglied der „Ritter-Schule“ einer der Vordenker der jungen Bundesrepublik war, seine Gedanken zu Menschenrechten, Menschenwürde und dem Naturrecht, das damit in Zusammenhang steht. Der Schutz des menschlichen Lebens, eines der zentralen Themen von Spaemanns Wirken, gewann auch in Wolfenbüttel viel Raum in seinem Vortrag und wurde in der kenntnisreich geführten Diskussion mit dem FAZ-Redakteur Dr. Daniel Deckers weiter ausgeführt. Im Gegensatz zu Menschenrechten, die eingeschränkt werden können, ist die Menschenwürde in Spaemanns Denken ein Gut, das nicht angetastet werden darf, aber allzu oft eben doch angegriffen wird, am offensichtlichsten in der absichtlichen Tötung eines Menschen, die den Täter sagen lässt: Du sollst nicht mehr sein! Überhaupt war dies einer der Kerngedanken in Spaemanns Referat: Die Würde eines Menschen wird dann gewahrt, wenn es auf ihn – seine Wünsche, Gedanken und Rechte – ankommt. Menschenwürde kann man daher nach Spaemann so beschreiben: „Auf jeden kommt es an!“

Das muntere Gespräch mit Deckers führte den Philosophen nicht nur zu weiten Ausflügen in die Geschichte des Naturrechts, sondern entlockte ihm auch einige interessante Gedanken zur Tagespolitik. Den Begriff einer „Wertegemeinschaft“ möge er überhaupt nicht, verriet er dem zahlreich erschienenen Publikum aus Staat, Gesellschaft und Kirche. Auch die Nazis hätten schließlich eine Wertegemeinschaft propagiert. Heute müsse es darum gehen, eine „Rechtegemeinschaft“ zu werden und auch durchzusetzen. Den Begriff „Werte“ würde er am liebsten 20 Jahr lang verbieten, scherzte der Philosoph und ließ durchblicken, dass er auch ansonsten mit der politischen Korrektheit seine Schwierigkeiten habe. Überhaupt sieht Spaemann eher pessimistisch in die Zukunft. Den Menschen werde es immer wichtiger, ihre eigenen Bedürfnisse durchzusetzen, bedauerte der betagte Mann, der darin einen eindeutigen „zivilisatorischen Rückschritt“ sieht.

Das Katholische Forum Niedersachsen wurde 2002 durch die Bischöfe von Hildesheim und Osnabrück sowie den Bischöflichen Offizial in Vechta gegründet. Es will in den Bereichen der Gesellschafts- und Sozialpolitik sowie Bildungspolitik katholische Positionen diskutieren und wendet sich dabei in seinen Veranstaltungen an Entscheidungsträger und Fachleute.


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