Im Herzen der Lessingstadt hat jetzt die Tortenkultur der Konditorei Mücke ihr Café unter den Krambuden 13 fertig renoviert und lädt zum süßen Genuss ein.
Daniel (links) und Jens Mücke und in der Mitte Jennifer Tasch.[/image] Wahrscheinlich hat er das nie gemacht. Der Herzog nicht und genauso wenig seine Entourage. Aber ein netter Gedanke ist es: Die Höflinge und der Besuch des kleinen Potentaten könnten sich an einem schönen Märztag zu einem Spaziergang aufgemacht haben. Über den Schlossplatz, dorthin, wo die stolzen Bürger der Stadt Waren feilbieten. Unter den Krambuden. Schwatzend und lachend wären Sie in eines der Eckhäuser geschlendert, die schmalen Treppen hinauf, in ein kleines Kaffeehaus. Verwinkelt und etwas schief. Die Tapete mit höfischer Ornamentik, an den Wänden Bilder aus der Stadt. Kleine Möbel. Ein bisschen Biedermeier. Urgemütlich. Nicht so, wie die Kaffeehäuser der großen Städte. Kleiner. Jedoch mit Schick. Und mit deren Spezialitäten – Linzer Torte, Sacher oder kleine Törtchen und dazu erlesene Kaffeespezialitäten – kann man auch in dieser kleinen Residenz locker mithalten. Leider war der Hof schon ins benachbarte Braunschweig verlegt, bevor die Zeit der Kaffeehauskultur in Mode kam. Aber das schöne Schloss haben die Wolfenbüttler behalten. Und mit ihm den Glanz vergangener Tage.
Den Glanz der Geschichte bewahrt
Im neuen Projekt von Daniel und Jens Mücke ist ein bisschen von diesem Glanz bewahrt und ins 21. Jahrhundert übertragen worden. Wolfenbüttel hat Geschichte. Und es hat Zukunft. Dank des Engagements von Menschen wie dieses Brüderpaar, das lachend und feixend – so wie man sich das unter Brüdern vorstellt – im ersten Stock der Krambuden 13 sitzen und von ihren Plänen berichten. Die Mückes haben in Salzgitter Lebenstedt eine Bäckerei und Konditorei. Und Daniel pflegt das Handwerk dieser beiden Disziplinen nun in der fünften Generation. In der vierten ist der Vater noch aktiv und nun erweitern die Brüder die Aktivitäten des traditionsreichen Betriebes auf die Lessingstadt. Daniel ist Bäcker- und Konditormeister. Und was der Bruder macht, frage ich. »Was braucht man noch in so einem Geschäft?«, fragt er mit einem Augenwinkern zurück, um gleich darauf die Antwort zu geben: »Jemanden, der das das Geld zusammenhält«. Jens ist Betriebswirtschaftler. Und zusammen mit Jennifer Tasch, die ebenfalls mit am Tisch sitzt, ist die Tortenkultur seit Juni in Wolfenbüttel am Start. Und so richtig jetzt seit März dieses Jahres.
Tortenkultur: Der Name ist Programm
»Wir haben erst langsam gestartet und das Objekt renoviert«, erklärt Jens Mücke. Für die Inneneinrichtung ist Jennifer Tasch verantwortlich. »Wir wollten die Geschichte der Stadt aufgreifen und in diesen schönen Räumen spiegeln«, erklärt sie das Konzept. Und das ist gelungen. Man sitzt stilvoll in den beiden Räumen, die erlesen eingerichtet sind und viel Behaglichkeit ausstrahlen. Eine Konditorei in Wolfenbüttel, dem einstigen Standort der Konditorenfachschule, das ist nicht nur für die Lessingstädter wichtig, sondern ebenso für die Touristen in der Stadt. Deshalb, so betont Jens Mücke, habe man von Anfang an auch intensiv mit der Stadt kooperiert. Der Name »Tortenkultur« soll Programm sein. »Wir wollen Rezepte aufgreifen, die sonst nicht mehr so geläufig sind«, verspricht der Konditormeister Daniel Mücke. Die Massen für die Spezialitäten würden von Hand aufgeschlagen und kämen aus dem eigenen Hause, erklärt er. Dabei achtet man im Hause Mücke auf regionale Produkte und gute Qualität.
Der Faktencheck
Konditor und Bäcker, das seien zwei ganz unterschiedliche und gleichermaßen reizvolle Disziplinen, meint er. »Der Bäcker hat einen Teig und kann daraus unzählige Dinge kreieren. Der Konditor braucht hundert Sachen für eine Spezialität«, lacht er. Beides habe seinen Reiz. »Tortenkultur. Dieser Begriff soll sich entwickeln. Wir sind mit dem Stadtarchiv in Kontakt und suchen nach alten Hineisen, was früher in Wolfenbüttel so geläufig war. Das wollen wir aufgreifen. Da gilt es dann, alte Rezepte wieder neu zum Leben zu erwecken«, freut er sich. Zum Abschied stehen wir unten im Verkaufsraum. Die Torten lachen mich allesamt an. Nicht minder die Trüffelkreationen. Daniel Mücke macht noch ein Überlebenspaket fertig, das ich zuhause genießen darf. Linzer Torte, ein Törtchen mit weißer Schokolade, eins mit einer Schoko-Mousse und ein klassisches Himbeertörtchen. Alles gelungen und lecker. Nicht zur schwer, nicht zu süß. Das nächste Mal, wenn ich in der Stadt bin, werde ich das in der Atmosphäre dieses kleinen, aber feinen Cafés genießen. Nicht als Höfling des Herzogs, sondern als Wolfenbüttler, der die Stadt und seine Kultur liebt. Auch die Tortenkultur.