Wolfsburg/Oświęcim. In der KZ-Gedenkstätte Auschwitz, nahe der polnischen Stadt Oświęcim, haben am Mittwoch Auszubildende von Volkswagen aus Braunschweig und Salzgitter gemeinsam mit polnischen Berufsschülern der Lebensgeschichte der Jüdin Dr. Lilli Jahn aus Kassel gedacht. Dies berichtet Volkswagen in einer Pressemitteilung.
Vor 75 Jahren ist die deutsche Ärztin nach langen Jahren antisemitischen und rechtsextremen Hasses, am 19. Juni 1944, im Alter von 44 Jahren im NS-Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau an den Folgen von Ausgrenzung, Verfolgung und Lagerhaft gestorben. Die jungen Menschen aus Deutschland und Polen hätten sich derzeit im früheren Konzentrations- und Vernichtungslage Auschwitz an dem zweiwöchigen Gedenkstättenprojekt des Internationalen Auschwitz Komitees (IAK) und des Volkswagen Konzerns beteiligt.
Briefwechsel zwischen Lilli Jahn und ihren Kindern
Aus den Jahren der Verfolgung sei der Briefwechsel zwischen Lilli Jahn und ihren fünf Kindern erhalten, der vor wenigen Jahren unter dem Titel "Mein verwundetes Herz" erschienen ist und Menschen in aller Welt berührt habe. Bei Gesprächen über Verfolgung und Hass, denen Lilli Jahn in der NS-Diktatur ausgesetzt war, seien die Jugendlichen auch auf die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke zu sprechen gekommen, die vermutlich auch einen rechtsextremen Hintergrund habe.
Die Auszubildenden und Berufsschüler hätten deshalb beschlossen, dem gewaltsamen Tod Lilli Jahns und Walter Lübckes Geschichte vor dem Tor des Lagers Birkenau miteinander zu verbinden und so vor neuem Antisemitismus und rechtsextremer Gewalt zu warnen. "Wir haben uns ganz bewusst entschieden, Lilli Jahns und Walter Lübckes gemeinsam zu gedenken", betont Michelle Arth (24), Auszubildende zur Fachkraft für Lagerlogistik aus Braunschweig. "Parallelen des Hasses, denen beide zum Opfer gefallen sind, sind für uns deutlich zu erkennen. Aber wir haben noch die Chance und die Verantwortung, Schlimmeres zu verhindern." Ihr Ausbildungskollege Robin Paul (20), der bei Volkswagen in Salzgitter die Ausbildung zum Werkzeugmechaniker absolviert, sagt: "Nicht nur mir ist gerade hier in Auschwitz bewusst geworden, dass sich Geschichte durch Unwissenheit nicht wiederholen darf."
"Arbeit in Auschwitz verändert Menschen"
Ines Doberanzke-Milnikel, Koordinatorin des Gedenkstätten-Programm bei Volkswagen, berichtet: „Die Arbeit hier in Auschwitz verändert die jungen Menschen. Sie vergessen das nicht, übernehmen Verantwortung und entwickeln Urteilsfähigkeit.“ IAK-Vizepräsident Christoph Heubner aus Berlin, der die Auszubildenden von Volkswagen bei ihrem zweiwöchigen Projekteinsatz in Auschwitz begleitet, anleite und pädagogisch betreue, erklärt: „Die Überlebenden von Auschwitz und die heute in der Gedenkstättenarbeit Tätigen werden von den Kasseler Ereignissen gerade an den Beginn einer Verfolgungsgeschichte erinnert, die am Ende auch Auschwitz möglich gemacht hat.“
mehr News aus Wolfsburg