Mittelalterliches Wolfsburg: Neue Erkenntnisse über Geschichte


Widerstandsmessung in der Allerniederung bei Vorsfelde. Foto: Stadt Wolfsburg
Widerstandsmessung in der Allerniederung bei Vorsfelde. Foto: Stadt Wolfsburg

Wolfsburg. Zwei aktuelle archäologische Untersuchungen der Unteren Denkmalschutzbehörde der Stadt Wolfsburg lieferten jetzt spannende Erkenntnisse, die mehr über die Vorgeschichte Wolfsburgs im Mittelalter verraten. Das berichtet die Stadt in einer Pressemitteilung.


Bedeutsam sind vor allem der Fund einer gut erhaltenen Latrine in Fallersleben und die zweifelsfreie Identifikation einer kleinen Erhebung bei Vorsfelde als ehemalige mittelalterliche Burg. Am Sonntag, den 9. September präsentierte der Daniel Pollok von der Unteren Denkmalschutzbehörde diese neuesten Forschungs- und Ausgrabungsergebnisse im Rahmen eines Vortrags zum Tag des offenen Denkmals.

Ein bereits 1991 bei Vorsfelde vermessener Hügel konnte durch neueste geophysikalische Messmethoden jetzt eindeutig als mittelalterliche Burg erkannt werden. Es handelt sich dabei um eine sogenannte Motte, einen Befestigungsbau mit einem meist hölzernen Turm auf einem Hügel, umgeben von Wällen und Gräben. Die Messungen zeigen deutlich den künstlich mit Steinen aufgeschütteten Burghügel im Allertal mit einem Durchmesser von rund 27 Metern, auf dem sich eine etwa 8 x 8 Meter große Turmanlage erhob. Eine starke Magnetisierung auf dem Hügel, der sich heute nur noch 50 Zentimeter erhebt, lässt darauf schließen, dass die Anlage massive Brandschäden erlitt.

Mittelalterliche Turmhügelburg


In der Widerstandsmessung ergaben sich zusätzlich zu dem annähernd quadratischen Grundriss des Turms weitere rechteckige Strukturen im Südwesten und Südosten der Anlage. Hierdurch konnte der Hügel als mittelalterliche Turmhügelburg mit einer unmittelbar südlich vorgelagerten Vorburg identifiziert werden. Oberflächenfunde wie Keramikscherben, Mörtel, Steinbruchstücke sowie Tierknochen lassen darauf schließen, dass die Burganlage bereits vor dem 13. Jahrhundert hier gestanden hat und mindestens ein gemauertes Geschoss hatte. Die Burganlage gehört zu den im 12. Jahrhundert entstehenden Turmhügelburgen wie zum Beispiel der Burg Rothehof und den Vorläufern der Wolfsburg. Bei der jetzt identifizierten Anlage handelt es sich sehr wahrscheinlich um das bereits 1218 in einer Urkunde erwähnte "castrum varsfelde".

Die Lage befindet sich in einem Naturschutzgebiet. Doch dank moderner Untersuchungsmethoden wie Magnetfeld- und Bodenwiderstandsmessungen war es möglich, ganz ohne Eingriff in den Boden Erkenntnisse über Befunde unter der Oberfläche zu erlangen.

28 Befunde bereits im Juli


Bereits im Juni erfolgten im Zusammenhang mit dem Neubau der Volksbank Brawo Fallersleben in der Bahnhofstraße archäologische Untersuchungen. Dabei wurden insgesamt 28 Befunde untersucht und dokumentiert. Während die meisten zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert datierten, erweckte ein Befund das besondere Interesse der Archäologen. Die kreisrunde Grube von 1,3 Metern Durchmesser gehörte zu den wenigen mittelalterlichen Befunden auf der Untersuchungsfläche. Nach dem Abtragen der oberen Schichten wurde im unteren Bereich der Grube die vollständig erhaltene Holzkonstruktion einer ehemaligen Latrine sichtbar.

Anhand der Keramik, die in der Verfüllung entdeckt wurde, lies sich ablesen, dass die Latrine bereits vor 1200 aufgegeben wurde. Auch das Alter der verwendeten Eichenbohlen konnte inzwischen mittels einer dendrochronologischen Untersuchung im Deutschen Archäologischen Institut ermittelt werden. Das Ergebnis dieser wissenschaftlichen Untersuchung ergab, dass das Holz deutlich älter war als erwartet: Gefällt wurde die Eiche, aus der die Fallerslebener Latrine gefertigt ist, bereits im Winter 1067/1068.

"Bemerkenswerte Erkenntnisse"


Anlagen wie Latrinen sind als infrastrukturelle Einrichtungen ein deutliches Merkmal für eine zunehmende Siedlungsentwicklung. Es kann also davon ausgegangen werden, dass Fallersleben bereits im 12. Jahrhundert ein sehr weit entwickelter Flecken war. "Wir freuen uns, dass durch unsere Baumaßnahme so bemerkenswerte Erkenntnisse aus der Frühzeit Fallerslebens gewonnen werden konnten", sagt Bauherrin Claudia Kayser, Leiterin der Direktion Wolfsburg der Volksbank BraWo. Stadtbaurat Kai-UweHirscheide erklärt: "Die große Bautätigkeit hier in Wolfsburg ermöglicht immer wieder bedeutende Funde. Bereits in der ersten Jahreshälfte gab es interessante archäologische Erkenntnisse im Gewerbegebiet Warmenau-Ost. Jetzt können wir auch die mittelalterliche Geschichte Fallerslebens archäologisch fassen."


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