Wolfburg. Ein ehemaliger VW-Mitarbeiter klagt vor dem Landesarbeitsgericht gegen seine Entlassung. Der Kläger war seit 2008 als Montagewerker beschäftigt. Ihm wurde Ende 2016 fristlos gekündigt. VW hatte die Kündigung darauf gestützt, dass der Verdacht bestehe, der Kläger wolle sich dem militanten Jihad anschließen. Gegen die Kündigung klagte der Mann.
Es bestehe zumindest ein Anfangsverdacht einer Straftat nach § 89 c StGB (Terrorismusfinanzierung). Der Kläger war vom Landeskriminalamt Niedersachsen sowie vom Bundesamt für Verfassungsschutz zur Kontrolle und Grenzfahndung ausgeschrieben. Ein im Dezember 2014 beabsichtigter Flug des Klägers nach Istanbul wurde von der Bundespolizei unterbunden. In der Folge wurde dem Kläger der Reisepass entzogen.
Der Mann wird verdächtigt, ein radikales Netzwerk aufgebaut zu haben
Der Mann klagte gegen den Passentzug, die Klage wurde vom Verwaltungsgericht Braunschweig vom September 2016 jedoch zurückgewiesen, weil hinreichende Verdachtsmomente dafür vorlagen, dass der Kläger sich im Sinne eines jihadistischen Salafismus radikalisiert habe. Außerdem soll er einen Bekanntenkreis beziehungsweise ein Netzwerk von Personen mit einem Jihadbezug gesucht und aufgebaut und in diesem Netzwerk im Sinne des jihadistischen Salafismus agiert haben. Zugleich resultiere daraus der hinreichend schwerwiegende Verdacht, dass der Kläger im Dezember 2014 die Absicht gehabt habe und diese Absicht auch weiterhin habe, ins Ausland zu reisen, um sich einer jihadistischen/islamistischen Organisation anzuschließen, befand das Verwaltungsgericht Braunschweig.
Nachdem die Beklagte Partei, also VW,Kenntnis von dem Gerichtsurteil erlangte, gab sie dem Kläger Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen und kündigte in der Folge das Arbeitsverhältnis, weil durch das Verhalten des Klägers der Betriebsfrieden und die Sicherheit im Unternehmen und für die Mitarbeiter und Werksangehörigen gefährdet sei. Hierzu bezieht sie sich auch auf die im Unternehmen geltende Betriebsvereinbarung über partnerschaftliches Verhalten am Arbeitsplatz und die bei der Beklagten bestehenden Ethikrichtlinien.
Das Gericht sieht einen unzumutbaren Vetrauensbruch
Gegen die Kündigung zog der mutmaßliche Gotteskrieger vor Gericht. Das Arbeitsgericht hat die gegen die Wirksamkeit der Kündigungen gerichtete Klage jedoch abgewiesen, weil der dringende Verdacht bestehe, dass der Kläger eine schwere Pflichtverletzung begangen habe. Er habe sich der militanten Jihad anschließen wollen. Auf das Vorliegen eines Straftatbestandes käme es nicht an. Es liege ein nicht zumutbarer Vertrauensbruch vor, der wiederum auf hinreichend konkrete Tatsachen gestützt sei. Das folge aus den verwaltungsgerichtlichen Feststellungen. Der Verdacht der Störung des Betriebsfriedens und eine Gefährdung der Sicherheit des Unternehmens der Beklagten und der Beschäftigten sei dringend.
Der Gekündigtegeht in Berufung
Gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig von Februar 2017 hat der Kläger beim Landesarbeitsgericht Berufung eingelegt. Mit der Berufung wehrt er sich weiterhin gegen die Wirksamkeit der Kündigung und verweist unter anderem darauf, dass die Berufung auf im Unternehmen geltende Ethikrichtlinien die Anforderungen an Kündigungen nach dem Kündigungsschutzgesetz nicht erhöhen dürften. Grundsätzlich könnten Kündigungen nicht auf außerdienstliches Verhalten gestützt werden. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu dem berechtigten Passentzug könnten ebenfalls nicht zu Grunde gelegt werden, weil für den Entzug eines Reisepasses bereits ein hinreichender Verdacht genüge, dieser jedoch für eine Verdachtskündigung nicht ausreiche.
VW tritt der Berufung des Klägers entgegen und hält an der Wirksamkeit der Kündigung fest. Das Landesarbeitsgericht verhandelt über die Berufung am Mittwoch, 8. November, 14 Uhr.
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