Wolfsburg. Der Entwurf zum Doppelhaushalt 2020/2021 sei am gestrigen Mittwoch im Rat der Stadt eingebracht worden. Danach stehen in 2020 Aufwendungen mit einem Gesamtvolumen in Höhe von 530,4 Millionen Euro Erträgen in Höhe von 498,0 Millionen Euro sowie in 2021 Aufwendungen mit einem Gesamtvolumen in Höhe von 541,7 Millionen Euro Erträgen in Höhe von 510 Millionen Euro gegenüber. Daraus resultiere für das Haushaltsjahr 2020 ein Fehlbedarf in Höhe von 32,4 Millionen Euro und für 2021 in Höhe von 31,7 Millionen Euro. Darüber informiert die Stadt.
Fehlbedarf: 32,4 Millionen Euro in 2020
Nach den Entwicklungen im Haushaltsjahr 2018 sei bereits zum Haushalt 2019 mittelfristig ein leichter Anstieg der Gewerbesteuererträge berücksichtigt worden. Die Erwartungen aus der Haushaltsplanung 2019 werden mit rund 154 Millionen Euro zum Jahresende 2019 bestätigt, sodass auch der mittelfristig erwartete Anstieg nach derzeitigem Kenntnisstand beibehalten werden könne. In 2020 seien Gewerbesteuererträge in Höhe von 175 Millionen Euro sowie in den Folgejahren jeweils in Höhe von 180 Millionen Euro eingeplant.
Neben der Erfüllung der Grundaufgaben wirken sich auch regelmäßig geänderte Rahmenbedingungen mit zusätzlichen Aufgabenbereichen auf den städtischen Haushalt aus und führen zu Verschiebungen von Schwerpunkten. In den künftigen Haushaltsjahren beeinflussen weiterhin hohe Abschreibungen als Folge des immer noch hohen Investitionsvolumens sowie verschiedene gesetzgeberische Entscheidungen und auch Herausforderungen im Zusammenhang mit der stetigen Entwicklung der Stadt Wolfsburg den Ergebnishaushalt zunehmend und langfristig. Dazu gehören unter anderem der Anspruch auf ein Betreuungsangebot für Kinder, Vorhaltungen für Brandschutz, Verkehrssicherungspflichten, technische Hilfeleistungen sowie die Digitalisierung oder die Bereitstellung von ausreichendem Wohnraum. Im Vergleich zur Vorjahresplanung können zwar für die Bereiche Soziales und Jugend zusätzliche Entlastungen von Bund und Land eingeplant werden, gesamtstädtisch reichen die Erträge allerdings zur Deckung der jährlichen Mehraufwendungen nicht aus.
Entlastungen von Bund und Land reichen nicht aus
Aufgrund der fortlaufenden Entwicklung der Stadt Wolfsburg sei bereits seit dem Haushaltsjahr 2019 das Investitionsprogramm in zehn Themenfelder neu aufgeteilt worden. Wesentliche Investitionsbereiche seien wie bereits im vorausgegangenen Haushaltsjahr bei einem Gesamtinvestitionsvolumen von rund 64,8 Millionen Euro in 2020 und rund 67,3 Millionen Euro in 2021 weiterhin "Familie und Bildung" mit einem Volumen von rund 21,9 Millionen Euro in 2020 und rund 24,1 Millionen Euro in 2021, "Wohnen, Städtebau und Verkehr" mit rund 16,1 Millionen Euro und 2020 und rund 17,5 Millionen Euro in 2021 sowie "Gesundheit und Sport" mit rund 7,2 Millionen Euro in 2020 und rund 8,9 Millionen Euro in 2021.
Daneben werden weitere Themenbereiche wie beispielsweise "Sicherheit und Ordnung", "Wirtschaft und Digitalisierung" und "Kultur und Kulturstätten/Historische Gebäude" finanziert. Trotz deutlicher Reduzierung des Investitionsprogrammes in den letzten Jahren habe das Gesamtvolumen mit den abzuarbeitenden Haushaltsresten bislang über der möglichen Abarbeitungsquote gelegen. Auch in 2020 werde trotz annähernd gleichem Investitionsvolumen wie 2019 mit den zu übertragenden Haushaltsresten noch kein umsetzbares Niveau des Investitionsprogrammes erwartet. Für eine dauerhafte Senkung des Investitionsvolumens seien insbesondere die hohen Haushaltsreste abzubauen. Es sei daher auch künftig eine Priorisierung der umzusetzenden Maßnahmen erforderlich. Vorrangig müssen begonnene Vorhaben beendet werden, bevor neue Projekte angefangen werden.
Investitionsvolumen soll dauerhaft gesenkt werden
Im Ergebnishaushalt liegen die Schwerpunkte, wie bereits in den vorausgegangenen Jahren, im Bereich Soziales und Gesundheit mit 120,6 Millionen Euro geplanten Sach- und Personalaufwendungen in 2020 bei rund 78,4 Millionen Euro Erträgen (124,4 Millionen Euro geplante Aufwendungen in 2021 bei 81,3 Millionen Euro Erträgen) sowie im Bereich Jugend mit Sach- und Personalaufwendungen in Höhe von 81,7 Millionen Euro in 2020 gegenüber Erträgen in Höhe von 16,6 Millionen Euro (83,8 Millionen Euro geplante Aufwendungen in 2021 bei 16,9 Millionen Euro Erträgen).
In der mittelfristigen Finanzplanung bis 2024 müsse im Ergebnishaushalt derzeit ein Fehlbedarf zwischen 32 und 36 Millionen Euro pro Jahr eingeplant werden. Um den Haushalt 2020 und 2021 ausgleichen zu können, werde die Stadt Wolfsburg die Überschussrücklage in Anspruch nehmen. Somit könne der Haushalt nach dem Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG) fiktiv ausgeglichen werden. Die derzeit immer noch hohen Rücklagen ermöglichen diese Vorgehensweise. Die Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes sei dadurch weiterhin vorerst nicht erforderlich.
Überschussrücklagen werden in Anspruch genommen
Im sechsten beziehungsweise siebten Jahr in Folge könne der Haushaltsausgleich daher lediglich fiktiv erreicht werden. Seit 2014/2015 seien die Gewerbesteuererträge stark zurückgegangen, sodass seit 2015 jährlich Sparhaushalte sowie ab 2017 auch erstmals wieder Kreditaufnahmen zur Finanzierung der Investitionen erforderlich gewesen seien. Intensive Spar- und Konsolidierungsbemühungen in den vorausgegangenen Jahren reichen gerade aus, um die Mehraufwendungen aus den sich ständig ändernden Rahmenbedingungen zu kompensieren. Die Gewerbesteuerträge steigen zwar seit 2018 wieder leicht an, liegen aber weiterhin unter dem Niveau aus früheren Haushaltsjahren. Gelinge es nicht, den Haushalt auszugleichen, werden die Rücklagen mittelfristig aufgebraucht sein. Um die Handlungsfähigkeit und den Gestaltungsspielraum der Stadt auch in den künftigen Haushaltsjahren sicherzustellen, müsse es daher Ziel für Verwaltung und Politik sein, einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen.
Rücklagen könnten mittelfristig aufgebraucht sein
Die Aufwendungen dürfen die Erträge nicht übersteigen. Neben nachhaltigen Budgetanpassungen sei daher eine ganzheitliche Prüfung der Aufgabenwahrnehmung im Sinne einer Aufgabenkritik und Effizienzbetrachtung der Strukturen und Prozesse der Verwaltung erforderlich. Mit Beschluss des Rates in seiner März-Sitzung 2019 sei daher gemeinsam mit der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) ein verwaltungsweiter Modernisierungs- und Haushaltsoptimierungsprozess durchgeführt worden.
Im Ergebnis sei von der KGSt eine Gesamtliste vorgelegt worden. Sie enthalte überwiegend Vorschläge zum ersten Teilprojekt Haushaltsoptimierung, aber auch bereits Vorschläge zum zweiten Teilprojekt Verwaltungsmodernisierung, welches im Dezember 2019 begonnen habe und in 2020 durchgeführt werde. Die Gesamtliste sei Ende November 2019 der Politik, den Mitarbeitern sowie der Öffentlichkeit vorgestellt worden. In die Vorschlagsliste seien die Erfahrungswerte der KGSt, die Ergebnisse aus den Analysegesprächen mit den Organisationseinheiten, die umfassende Haushaltsanalyse des Sachbudgets, die Vorschläge der Mitarbeiter der Stadtverwaltung sowie die Ergebnisse aus den Gesprächen der KGSt mit Vertretern der Fraktionen des Rates eingeflossen.
Haushalt muss optimiert werden
Alle Vorschläge der KGSt seien vom Verwaltungsvorstand unter Berücksichtigung verschiedener Kriterien, wie beispielsweise "Zukunft weiterhin gestalten", "wirtschaftliche Verantwortung", "Auswirkungen auf den städtischen Haushalt (Aufwandsreduzierung/Ertragssteigerung)", "Schaffung einer ausgewogenen Verteilung sowie langfristiger Konsequenzen" beraten worden. Daraus sei das in der gestrigen Ratssitzung vorgelegte Verwaltungspaket mit 197 Vorschlägen und einem Gesamtvolumen von rund 15,4 Millionen Euro ab dem Haushaltsjahr 2020 erarbeitet worden. Darin enthalten seien sowohl Ertragssteigerungen durch Erhöhung von Steuern, Gebühren, Abgaben und Eintritten, aber auch Aufwandsreduzierungen wie beispielsweise die Standardisierung der Büroausstattung, Schließung eines Lehrschwimmbeckens beziehungsweise Konsolidierung der Hallen- und Freibäder oder die Neukonzipierung der Grünflächenunterhaltung.
Im Verwaltungsentwurf 2020/2021 seien neben bereits eingeplanten Budgetanpassungen in Höhe von rund 10,4 Millionen Euro jährlich weitere fünf Millionen Euro pauschale Minderaufwendungen berücksichtigt worden. Diese seien im Rahmen der Beratungsphase bis zur Verabschiedung des Doppelhaushaltes durch Beschluss über das Verwaltungspaket zu konkretisieren. Im Haushaltsjahr 2020 werde daher insgesamt eine Reduzierung des Fehlbedarfes um rund 15 Millionen Euro eingeplant. Zur dauerhaften Reduzierung des Fehlbedarfes und Abbau des strukturellen Defizits werden ab 2021 sowie in den Folgejahren zusätzliche 10 bis 15 Millionen Euro angestrebt. Insgesamt sei damit eine Minderung des jährlichen Fehlbedarfes um 25 bis 30 Millionen Euro erforderlich.
Jährliche Minderung des Fehlbedarfes erforderlich
Der Saldo aus laufender Verwaltungstätigkeit entwickele sich seit 2019 positiv. Die Einzahlungen der kommenden Jahre seien höher als die Auszahlungen und können daneben auch die Tilgungsleistungen der ab 2017 aufgenommenen Kredite decken. Bis Ende 2019 werden Kreditverbindlichkeiten in Höhe von rund 152,2 Millionen Euro bestehen. Mit einer deutlichen Erhöhung der investiven Einzahlungen verringere sich der Saldo aus Investitionstätigkeit in der mittelfristigen Planung, was eine geringere Fremdfinanzierung bedeute. Dennoch werden die Investitionen voraussichtlich auch in 2020 und 2021 anteilig durch Kredite finanziert werden müssen. Bereits seit Dezember 2017 zähle die Stadt Wolfsburg nicht mehr zu dem Kreis der im Kernhaushalt schuldenfreien Kommunen in Deutschland. Der Verwaltungsentwurf werde nun in den kommenden Wochen in den Fachausschüssen und in den Ortsräten beraten und soll am 24. März im Rat der Stadt verabschiedet werden. Die einzelnen Daten zum Haushaltsentwurf 2020/2021 sind auch unter www.wolfsburg.de/interaktiverhaushalt zu finden.
Zitate zum Haushalt 2020/2021
Oberbürgermeister Klaus Mohrs: "Ich will die Zukunftsthemen dieser Stadt weiter aktiv gestalten. Dies sollte unser aller Anspruch sein, denn Wolfsburg ist eine innovative Stadt mit einem Weltkonzern. Hierfür ist es unabdingbar, als Kommune voll handlungsfähig zu sein und zu bleiben. Das bedeutet aber auch, dass wir Ausgaben und Einnahmen in ein ausgewogenes Verhältnis bringen müssen." Stadträtin Iris Bothe: "Die Handlungsfähigkeit der Stadt Wolfsburg kann nur erhalten bleiben, wenn die gesteckten Konsolidierungsziele von 25 bis 30 Millionen Euro für die Haushaltsjahre 2020 und folgende erreicht werden. Dies ist erst der erste, aber ein entscheidender Schritt in unserem Haushaltsoptimierungsprozess – weitere müssen konsequent folgen, um den Konsolidierungskurs erfolgreich zu gestalten. Hierzu gehört auch eine zukunftsorientierte Verwaltung, die wir mit dem ab 2020 startenden Verwaltungsmodernisierungsprozess gestalten wollen."
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