Der Dorfsheriff zieht um: Watenbüttels Polizeidienststelle hat ihr Stammhaus verlassen

von Christina Balder




Braunschweig. Ein bisschen wehmütig ist Heinz-Henning Kempf schon. Seit 1998 hatte der Polizeioberkommissar in dem Haus in der Löwenbergstraße gewohnt, direkt über den Räumen der Polizeidienststelle Watenbüttel. Jetzt musste die Dienststelle umziehen - und er auch. Die Kosten für das landeseigene Gebäude waren zu hoch geworden, es wird verkauft. Doch auch wenn Kempf auch umziehen muss: Bis zu seiner Pensionierung bleibt er den Watenbüttelern als waschechter Dorfsheriff erhalten.

Kempf ist jemand, den man kennt im Ort. Schulkinder wachsen mit ihm auf; er hilft den Kleinsten jeden Morgen über die Hauptstraße. Die Älteren nutzen seinen morgendlichen Rundgang durch die Straßen als eine Art Sprechstunde, man berichtet ihm von Beobachtungen und Sorgen. Er gehört zum Ortsbild, der gut gelaunte Mann mit den weißen Haaren. Und seine Wohnung, in die er zunächst widerwillig und nur auf Druck seiner Familie von Wenden aus gezogen war, gehörte zu den Adressen, bei denen man wusste: Hier kann ich notfalls nachts klopfen, selbst wenn das Büro lange schon geschlossen hat.

Als Kempf in Watenbüttel anfing, herrschte noch Residenzpflicht. Er musste in dem Haus wohnen, in dem die Dienststelle war. Das ist heute anders, er hätte das Haus in der Löwenbergstraße verlassen können. "Aber es ist mein Zuhause gewesen", sagt er. "Und ich hatte gedacht, ich würde dort bis zu meiner Pensionierung im nächsten Jahr bleiben." Die neuen Diensträume trösten



ihn ein wenig über den Verlust hinweg: Sie befinden sich in einer Dreizimmerwohnung in der Konradstraße 1 und bieten deutlich mehr Platz für ihn und seinen Kollegen Dirk Drewes. Das Ehepaar Jahns, das die Wohnung vermietet, ist auch froh über die neuen Miete: "Wir geben unsere Beamten nicht mehr her", sagten sie am Mittwoch.

Der Kontakt zur Bevölkerung ist eng, und auch seine Arbeit mit den Schulkindern zahlt sich aus, da ist sich Kempf sicher. Und auch Kommissariatsleiter Uwe Schmied sagt: "Er schafft hier die Grundlage dafür, dass diese Menschen und später nicht mit Steinen beschmeißen." Durch das vertrauensvolle Verhältnis schon zu den jungen Watenbüttelern glauben die Beamten, einige von ihnen vor einer kriminellen Karriere bewahren zu können.

"Natürlich gibt's hier Kriminalität wie anderswo auch", sagt Kempf. Im vergangenen Jahr hatte eine Serie von Brandstiftungen ihn und Drewes in Atem gehalten. Auch Ladendiebstähle und Betrug kommen regelmäßig vor: "Es gibt immer reichlich zu tun", sagt Kempf. Ältere Menschen, die glauben, bei ihnen werde eingebrochen, nimmt er genauso ernst wie betrunkene junge Menschen, die "herumkrakeelen" und mit Alkoholfahne ihre Autos auf Parkplätzen testen. Und auch die nehmen ihn ernst: "Da gehe ich dann alleine hin nachts, auch im Jogginganzug, aber die haben Respekt", erzählt er.

Daran wird sich, glaubt er, auf künftig nicht allzu viel ändern. Denn er wohnt weiter im Ort, nur eben ganz privat und nicht mehr direkt an seinem Büro. Die Hauptsache, auch für Cordula Müller, die Leiterin der Polizeiinspektion Braunschweig, ist es, dass die kleinen Stationen erhalten bleiben. Es gebe durchaus die Tendenz, die kleinen Dienststellen einzusparen, erzählt sie. Der Unterhalt für landeseigene Liegenschaften sei zu teuer. "Darum geht man jetzt meist in Mietwohnungen", sagt sie.

Die Telefonnummer der neuen Dienststelle ist die alte geblieben: sie lautet 0531 2512860.

Die Polizeistation Watenbüttel gehört zum Polizeikommissariat Nord in der Guntherstraße und betreut etwa 10.000 Einwohner der Ortsteile Watenbüttel, Völkenrode, Ölper und Veltenhof sowie des Industriegebiets am Hafen.


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