Guter Wein ist machbar – Gedanken zum guten Essen

von Andreas Molau


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Weinverkostung als Event. Bild: PRA[/image] In seiner aktuellen Kolumne beschäftigt sich unser Autor Axel von Fliesteden mit Bacchus und den Freuden guten Weingenusses. Schon in der Bibel steht geschrieben: »Der Wein ist wie ein Lebenswasser für uns Menschen, wenn wir ihn mit Maß trinken. Er bringt uns Frohsinn, Wonne und Lust, wenn wir ihn mit Maß zur rechten Zeit genießen.« Kaum verwunderlich also, dass der köstliche Rebensaft die Lebensalter überdauert hat und auch heute noch als eines der edelsten Getränke der Kulturgeschichte genossen wird. Und das völlig zu Recht. Allerdings leiden wir in Deutschland an einer Art Geschmacksnihilismus, der vor dem Weinmarkt nicht halt macht. Die Problematik liegt in der traurigen Tatsache begründet, dass wir von Kindesbeinen an im übervollen Maße mit Zucker vollgestopft werden. Cola, Limo, Gummibären, Schokolade, Karamellbonbons und weitere Süßwaren sind für Kinder, Jugendliche und viele Erwachsene ein täglich Brot. Mit verheerenden Folgen für die Geschmackssinne. Zu dieser Erkenntnis gelangen aber nur die Wenigsten. Denn Ausreden sind schnell bei der Hand. »Das ist doch alles eine Frage des Geschmacks. Jeder hat halt einen anderen«, lautet eine der gängigsten Parolen, mit der sich jede noch so abwegige geschmackliche Verwirrung rechtfertigen lässt. Dabei haben wir Menschen keinen Geschmack, sondern lediglich ein Empfinden für die Geschmacksrichtungen süß, sauer, salzig, bitter und umami. Umami steht für Vollmundigkeit, die durch Proteine hervorgerufen wird. Er ist uns folglich nicht in die Wiege gelegt, sondern muss erst einmal erlernt werden! Besonders bei einem Getränk wie Wein, das die volle Bandbreite des Zusammenspiels von Aromen kennt. Es ist also nicht machbar, von heute auf morgen zu einem echten Weinkenner zu werden. Und eine kurze Kolumne wäre kaum imstande, es mit den unzähligen Büchern aufzunehmen, die zu diesem Thema bereits verfasst wurden. Ich begnüge mich deshalb damit, dem geneigten Leser ein paar allgemeine und nützliche Hinweise mit auf dem Weg zu geben. Die mögen dabei helfen, die kulinarischen Genüsse der Welt des Rebensaftes besser entdecken zu können.

Guter Wein muss nicht teuer sein

Zuallererst sei festgestellt: Guter Wein muss nicht teuer sein! Der 1999 verstorbene Schauspieler und Genussmensch Günther Strack hat in seiner Autobiographie »Das Leben positiv gestalten – Ein Stück vom Glück« den nachfolgenden Satz zum Besten gegeben: »Die guten Weine gibt es erst ab zehn Mark aufwärts. Sicher, manchmal gibt es auch Schnäppchen, wie überall, die muss man halt ausprobieren«. Damit hatte er wohl Recht. Aber niemand muss astronomische Summen hinblättern, um sich eine vernünftige Flasche Wein zuzulegen. Wie sonst in der freien Marktwirtschaft zahlen wir beim Wein ab einer Preislage nicht nur allein für die Qualität, sondern für den Namen des Produktes. Und mehr als 20 bis 30 Euro braucht man für diesen Genuss kaum ausgeben. Im Gegenteil! Mit ein wenig Übung und Experimentierfreude wird es schnell gelingen, sehr edle Tropfen zu finden, die für »kleines Geld« zu haben sind. Denn wenn die Geschmackssinne geschult und ausgeprägt wurden, hängt die Beurteilung des Rebensafts immer auch von persönlichen Vorlieben ab. Probieren Sie also ruhig wild drauflos, nur dadurch können sie wirklich lernen und Erfahrungen sammeln.


Foto: Sanjay Acharya

Gut Ding will Weile haben. Bild: Sanjay Acharya[/image] Das gilt nicht zuletzt für die Frage, welcher Tropfen zu welchem Essen gereicht werden sollte. Grundsätzlich sollten leichte Weine zu leichten Gerichten und schwere Weine zu schweren Speisen serviert werden. Zudem sollten verschiedene Sorten stets aufeinander aufbauen. Die leichten kommen vor den vollen, die trockenen vor den lieblichen, die jungen vor den Gereiften und Weiße vor Roten. Ansonsten ist alles möglich, ohne dass hierzu konkrete Vorgaben gemacht werden sollten. Schön ist, was gefällt. So muss zu Fisch nicht unbedingt Weißwein eingeschenkt werden und zu Wildspeisen nicht ein vollmundiger Roter. Beachten sie dabei nur, dass säurehaltige Weine und saure sowie bittere Speisen zwangsläufig auch einen solchen Geschmack erzeugen. Stark gesalzene Kost sollte nicht mit schwer säurehaltigen Weinen zusammengebracht werden. Bereits Gezuckertes keinesfalls mit süßen Tropfen mischen, da das daraus entstehende Aroma ungenießbar sein wird.

Die Reihenfolge ist entscheidend

Probieren sie zuallererst bewährte Weinklassier, die leicht einzuordnen und gut verträglich sind. Da gibt es etwa Cabernet Sauvignon, Merlot, Pinot Noir von den Rotweinen und Riesling, Chablis und Sauvignon Blanc von den Weißweinen. Wenn sie sich mit diesen »einfachen« Sorten angefreundet haben und ihr Aroma zu schätzen wissen, trauen sie sich an schwerere Kost. Es warten dann Chianti oder Brunnello auf Sie. Aber Finger weg von Rebsortenweinen wie dem Dornfelder oder dem Chardonnay. Solche künstlichen Tropfen wurden für den platten Geschmack derer geschaffen, die keine Ahnung davon haben, was das wirklich bedeutet. Diese Weine sind unabhängig von ihrer Herkunft immer identisch, oftmals mit viel Alkohol versehen, überzogen, ölig, übertrieben hölzern und vanillelastig. So etwas braucht niemand, der sich auf eine Entdeckungsreise in die Welt des guten Geschmacks begibt! Überstürzen sie auf ihrer Reise aber nichts! Gut Ding will Weile haben und, wie ich eingangs dargelegt habe, müssen wir guten Geschmack erst einmal erlernen. Niemand kann über Nacht die Weihen des tiefgreifenden Weinverständnisses erfahren. Zum Glück, denn andernfalls wäre es auch nur halb so schön, oder? Ihr Axel von Fliesteden


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