Zurück zur Wehrpflicht? "Dann lernt die Jugend endlich mal wieder Anstand und Respekt"

Der Vorschlag des Präsidenten des Reservistenverbandes, eine allgemeine Dienstpflicht für junge Männer und Frauen vor oder direkt nach der Ausbildung einzuführen, sorgte bei unseren Lesern in den Sozialen Medien für unterschiedliche Reaktionen und warf auch so manche Frage auf.

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Würde eine Wiedereinführung der Wehrpflicht Sinn machen?
Würde eine Wiedereinführung der Wehrpflicht Sinn machen? | Foto: Über dts Nachrichtenagentur

Region. Spätestens nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine am vergangenen Donnerstag macht man sich auch hierzulande Gedanken, wie es im Ernstfall mit der Verteidigungsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland bestellt ist. Von mehreren Seiten wurde bereits die Wiedereinführung der 2011 ausgesetzten Wehrpflicht ins Gespräch gebracht. Zuletzt vom Präsidenten des Reservistenverbandes, Patrick Sensburg, dem eine allgemeine Dienstpflicht für junge Männer und Frauen vor oder direkt nach der Ausbildung vorschwebt, die auch im zivilen Bereich geleistet werden kann. Natürlich wird auch dieses Thema von unseren Lesern in den sozialen Medien kontrovers diskutiert.



Dabei fängt die Debatte mit einem ganz praktischen Problem an: der fehlenden Infrastruktur. "Anders als beim Aufbau der Bundeswehr in den 1950er Jahren kann man nun nicht mehr auf vorhandene Kasernen und Übungsplätze zurückgreifen. Die Kasernen sind vielfach verkauft und abgerissen. Gleiches gilt für viele der Übungsplätze und anderen Einrichtungen. Mittlerweile stehen darauf Wohnhäuser, Industriebauten oder es sind Behörden eingezogen. Um überhaupt mal einen Rekruten einziehen zu können, müssen wieder Grundstücke aufgekauft und militärische Anlagen gebaut werden. Das ist ein Projekt, das Jahre dauern wird", ist sich ein Leser bei Facekook sicher. Und ein anderer bringt es in der Antwort auf die Frage "Wo sollen die dann wohnen? Zu Hause? Es gibt doch gar keine Kasernen mehr" auf den Punkt: "Die machen dann Homeoffice".

"Wehrpflichtige nur leichtes Kanonenfutter"


Für manche Leser würden in der Tat deutliche Investitionen in die Berufsbundeswehr eine bessere Alternative darstellen. "Vielleicht wäre es klüger, die vorhandene Bundeswehr besser auszustatten, als Arbeitgeber attraktiver werden zu lassen und zu modernisieren. Zumal der Kampfwert von technisch gut ausgestatteten und ausgebildeten Berufssoldaten deutlich besser sein dürfte, als von rudimentär ausgebildeten Wehrpflichtigen", schreibt ein Leser auf Facebook.

Und ein weiterer vergleicht: "Wenn ihr Klo leckt, dann holen sie sich einen Fachmann ins Haus, der eine 3,5-jährige Ausbildung absolviert hat. Wenn es aber um Alten- und Krankenpflege oder um die Verteidigung geht, dann reicht der Zivi oder Wehrpflichtige mit einem Training von grade mal sechs Monaten und einer Berufserfahrung von weiteren sechs Monaten. Von der Motivation dieser zum Dienst gezwungenen Menschen möchte ich gar nicht erst anfangen. Das ist schon bizarr." Außerdem komme noch ein weiterer Aspekt hinzu "Sowohl in pflegerischen Berufen als auch im Militär gibt es heute einen erheblichen Grad an Technologie. Im modernen Rettungsdienst als auch in der Pflege sind die Anforderungen mit diesen Hilfskräften heute nicht mehr zu leisten. Auf modernen Schlachtfeldern sieht dies nicht anders aus. Wehrpflichtige sind dort nur leichtes Kanonenfutter", befürchtet ein User.


Der Wegfall von Wehrpflicht und Zivildienst war einer der großen Fehler, sind sich andere Leser sicher und zielen dabei nicht nur auf die Landesverteidigung, sondern auch auf die Entwicklung der jungen Menschen ab. "Prinzipiell hat es niemandem geschadet im Rahmen der Wehrpflicht beschäftigt zu sein oder eben in die sozialen Dienste zu gehen, was auch wieder Unterstützung schafft in den entsprechenden Verwendungen", schreibt ein Leser auf Facebook.

Es gehe um "Disziplin, etwas `Einnordung´ was die Eltern nicht geschafft haben oder schaffen, nach der Schule runter von der Straße, wer keinen Abschluss oder Lehrstelle bekommen hat." "Dann lernt die Jugend endlich mal wieder Anstand und Respekt", hofft ein weiterer User und erntet aber prompt Widerspruch: "Mittlerweile hat meines Erachtens die derzeitige Jugend (10 bis 17 Jahre) mehr Anstand und Höflichkeit als die derzeitigen Rentner", so eine Leserin.

"Geschlechter sind keine sozialen Konstrukte"


Eine weitere Frage, die immer wieder auftaucht, ist die der Gleichberechtigung. Während manche finden, eine Wehrpflicht für Frauen sei etwas übertrieben, sagen andere, Sonderbehandlungen für Frauen dürfe es nicht geben. Dabei wirft eine Leserin ein, dass Frauen Gleichberechtigung vielerorts verwehrt werde - etwa wenn es um gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit gehe. Nun werde aber plötzlich von den Männern nach Gleichberechtigung geschrien.

Doch auch männliche Leser sehen die Sache differenziert: "Ich persönlich halte die Wehrpflicht für Männer für gut. Für Frauen? Keine Pflicht, wenn Einzelne den Dienst anstreben, dann gern. Geschlechter sind keine sozialen Konstrukte", schreibt einer. Ein anderer ergänzt: "Wir Menschen sind gleichwertig - nicht gleichartig!". Und eine Leserin bringt es ironisch auf den Punkt: "Außerdem wollt ihr doch nicht mit unseren monatlichen Stimmungsschwankungen in den Krieg ziehen".


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