Verhandlungsunfähig: Strafverfahren gegen Winterkorn wird separat geführt

Die am 16. September beginnende Hauptverhandlung wird sich damit allein gegen die vier weiteren Angeklagten richten.

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Symbolfoto | Foto: Thorsten Raedlein

Braunschweig. Mit Beschluss von heute hat die 6. Große Strafkammer des Landgerichts Braunschweig in dem bei ihr anhängigen Strafverfahren wegen bandenmäßigen Betruges und anderer Straftaten das Verfahren gegen den Angeklagten Prof. Dr. Winterkorn zur gesonderten Verhandlung und Entscheidung abgetrennt. Dies teilte das Gericht heute mit.


Die am 16. September beginnende Hauptverhandlung werde sich damit allein gegen die vier weiteren Angeklagten richten. Die Hauptverhandlung gegen den Angeklagten Prof. Dr. Winterkorn werde erst zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden können, heißt es aus dem Landgericht Braunschweig. Aufgrund der gesundheitlichen Situation des Angeklagten Prof. Dr. Winterkorn und bei ihm jüngst durchgeführten Operation habe die Kammer über Konsequenzen hieraus für das Strafverfahren zu entscheiden. Zur Vorbereitung ihrer Entscheidungen habe man medizinische Gutachten eines in einem Universitätsklinikum tätigen Sachverständigen eingeholt. Die bei dem Angeklagten Prof. Dr. Winterkorn jüngst durchgeführte Operation habe danach aktuell dessen Verhandlungsunfähigkeit zur Folge.

Nach der Strafprozessordnung (StPO) müsse eine Hauptverhandlung grundsätzlich in durchgehender Anwesenheit des Angeklagten durchgeführt werden. Nur in besonderen Ausnahmefällen dürfe in Abwesenheit eines Angeklagten verhandelt werden. Die Voraussetzungen für einen solchen Ausnahmefall würden nach Entscheidung der Kammer hier jedoch nicht vorliegen. Das Gesetz setze für eine Verhandlung in Abwesenheit eines Angeklagten voraus, dass dieser seine Verhandlungsunfähigkeit schuldhaft im Sinne einer individuellen Vorwerfbarkeit herbeigeführt habe. Davon sei nach Auffassung der Kammer wegen des Gesundheitszustandes des Angeklagten, der Erforderlichkeit der jüngst durchgeführten Operation und des vorangegangenen Behandlungsverlaufs nicht auszugehen.

In einem zweiten Schritt habe die Kammer nach pflichtgemäßem Ermessen darüber zu befinden, ob aufgrund der Verhandlungsunfähigkeit das Verfahren gegen Prof. Dr. Winterkorn zur gesonderten Verhandlung und Entscheidung abgetrennt oder die Hauptverhandlung insgesamt verlegt werden soll. Nach Abwägung aller maßgeblichen Gesichtspunkte habe die Kammer die Abtrennung des Verfahrens gegen den Angeklagten Prof. Dr. Winterkorn als die sachgerechtere Verfahrensweise bewertet.

Insbesondere sei dabei berücksichtigt worden, dass eine Verlegung der Hauptverhandlung zu einer weiteren Verzögerung des Verfahrens führen würde. Die Hauptverhandlung musste aufgrund der Corona-Pandemie bereits zweimal verschoben werden. Eine hinreichend belastbare Prognose über den Zeitpunkt, zu dem der Angeklagte Prof. Dr. Winterkorn wieder vollständig oder zumindest eingeschränkt ver- handlungsfähig sein wird, ist nach Auffassung der Kammer zurzeit nicht möglich.


Die Gesamtverfahrensdauer werde sich durch die Abtrennung nicht verdoppeln. In beiden Verfahren seien nur diejenigen Sachverhalte aufzuklären, die für die Strafbarkeit der jeweiligen Angeklagten bedeutsam sein. Laut Anklagevorwurf war Prof. Dr. Winterkorn an der Entwicklung der sogenannten Akustikfunktion nicht beteiligt und habe erst verhältnismäßig spät von den eventuellen Manipulationen erfahren. Dementsprechend beziehe sich der Anklagevorwurf auf weniger als ein Prozent der etwa neun Millionen Fahrzeuge, die nach Auffassung der Staatsanwaltschaft von den Manipulationen betroffen gewesen seien sollen.


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