Brennpunkt Kornmarkt: Das sagt der Bürgermeister zur Videoüberwachung

Nach den jüngsten Vorfällen rund um den Kornmarkt, hatte die CDU eine Videoüberwachung ins Spiel gebracht. regionalHeute.de fragte bei Bürgermeister Lukanic nach, was er davon hält.

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Der Kornmarkt in Wolfenbüttel. Hier kam es kürzlich zu einem brutalen Übergriff auf einen 41-jährigen Mann.
Der Kornmarkt in Wolfenbüttel. Hier kam es kürzlich zu einem brutalen Übergriff auf einen 41-jährigen Mann. | Foto: Werner Heise

Wolfenbüttel. Das Gebiet rund um den Kornmarkt in der Stadt Wolfenbüttel ist für die Polizei zu einem Brennpunkt geworden. Die Ratsfraktion der CDU will "nicht weiter tatenlos zusehen" und fordert deshalb jetzt eine Videoüberwachung. Das solle helfen, Straftaten im Vorfeld zu verhindern und im Nachhinein die Täter leichter zu identifizieren. Bürgermeister Ivica Lukanic (parteilos) zeigt sich skeptisch.



"Die Vorfälle am Kornmarkt sind keinesfalls hinnehmbar. Daher ist die Stadtverwaltung in meinem Auftrag bereits seit vergangenem Jahr mit dem Thema beschäftigt und hat Maßnahmen in die Wege geleitet. Das Heft des Handelns bei Straftaten haben die Polizei und die Justiz in der Hand. Als Stadt bringen wir uns auch im Rahmen unserer Möglichkeiten und Befugnisse ein. Wir werden im Bereich der Präventionsarbeit tätig und haben hierfür zwei Streetworkerstellen ausgeschrieben, die bald ihre Arbeit aufnehmen werden", erklärt Lukanic auf Anfrage von regionalHeute.de

Videoüberwachung wird geprüft


Nach dem Niedersächsischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetz sei die Videoüberwachung eine Aufgabe der Polizei und der Gemeinden. "Die Stadt wirkt in der Regel mit und das kann natürlich geprüft und in der Politik beraten werden. Ich stehe bereits mit dem Polizeikommissariat in Wolfenbüttel zu diesem Thema im Gespräch. Geprüft würde die Zulässigkeit der Videoüberwachung durch das Dezernat Recht der Polizeidirektion in Braunschweig", sagt Lukanic. Maßgeblich für eine Durchführung sei die Schwere und Häufung der Straftaten und Ordnungswidrigkeiten. "Ich bin mir sicher, dass die Polizei genau weiß und abwägt, welche Mittel sie einsetzt und wann es Zeit ist, Videoüberwachung zu installieren. Das setzt voraus, dass dort die entsprechenden Daten und Hinweise zusammengetragen und geprüft werden", so der Bürgermeister weiter.

Videoüberwachung stellt für Lukanic einen tiefen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung dar, zeichnet sie doch ununterbrochen auch das legale Verhalten auf. Sie müsse daher verhältnismäßig zum angestrebten Erfolg sein. "Sicherlich werden bestimmte potenzielle Täter vor dem Hintergrund eines höheren Entdeckungsrisikos, offen videoüberwachte Orte meiden. Ob sich abseits der Abschreckungswirkung durch Kameras tatsächlich entsprechende Taten verhindern lassen sehe ich skeptisch. Es sind auch andere Maßnahmen notwendig. Das Polizeikommissariat hat mir bereits eine dichtere Bestreifung der kritischen Bereiche zugesagt", lässt er wissen.

Ivica Lukanic (parteilos) zeigt sich skeptisch gegenüber einer Videoüberwachung.
Ivica Lukanic (parteilos) zeigt sich skeptisch gegenüber einer Videoüberwachung. Foto: Thomas Stödter


"Ursachen werden nicht bekämpft"


Gerade Gewalttaten würden häufig im Affekt begangen. Auch Täter, die sich in psychischen Ausnahmezuständen befinden oder alkoholisiert sind, würden nicht durch Kameras von ihren Taten abgeschreckt, da sie weder rational noch geplant handeln würden, meint Lukanic.

"Im Hinblick auf die erheblichen Hürden für den Einsatz einer Videoüberwachung betrachte ich die Forderung der CDU im konkreten Fall des Kormarktumfeldes daher eher skeptisch. Es mag sein, dass hierdurch das Sicherheitsempfinden der Menschen am Kornmarkt gestärkt würde. Die eigentlichen Ursachen für das Handeln dieser Gruppen werden dadurch nicht bekämpft. Hier ist ein anderer Ansatz gefragt, und genau diesen werden wir mit der in die Wege geleiteten Präventionsarbeit verfolgen und können das nur erfolgreich umsetzen, wenn entsprechende repressive Maßnahmen, Aufklärung von Straftaten und Verurteilung konsequent durch Polizei und Justiz umgesetzt werden", so der Bürgermeister.

Und weiter: "Auch wenn ich über die Entwicklungen am Kornmarkt erschüttert und betroffen bin, kann ich den Kornmarkt als 'Brennpunkt' und selbst Bewohner dieses Quartiers nicht in einen Topf mit Brennpunkten in Braunschweig, Salzgitter und Wolfsburg werfen. Da herrschen andere Bedingungen. Derzeit überlagert sich die bundesweite Debatte um die Entwicklung der Kriminalstatistik mit der jetzt geführten um den Kornmarkt. Das ist unglücklich. Wir müssen die Probleme entschieden und durchgreifend lösen allerdings kann politischer Diskurs auch Ängste schüren. Das müssen wir unbedingt vermeiden, denn das Quartier um den Kornmarkt, die hier lebenden Bürgerinnen und Bürger und Geschäfte haben neben dem Anspruch auf Sicherheit auch den Anspruch nicht stigmatisiert zu werden und sich als Anwohner eines 'Brennpunktes' zu fühlen."

Wolfenbüttels Polizeichef Andreas Twardowski teilte auf Anfrage von regionalHeute.de mit, dass er nichts gegen eine Videoüberwachung einzuwenden habe. Für ihn ist das Gebiet rund um den Kornmarkt ein Brennpunkt geworden. Er kündigt an, die polizeilichen Maßnahmen in der Innenstadt wieder zu verstärken.

Was die anderen Fraktionen im Rat der Stadt Wolfenbüttel zum Antrag der CDU sagen, lesen Sie in unserem Artikel "Brennpunkt Kornmarkt: Das sagen die Fraktionen zur Videoüberwachung".

Ausschlaggebend für den Antrag der CDU-Fraktion dürfte der jüngste Vorfall am Kornmarkt gewesen sein. Darüber berichten wir in unserem Artikel "Wieder Randale am Kornmarkt: Terror-Kids schlagen Mann krankenhausreif". Zudem gab es einen weiteren Vorfall, bei dem ein Jugendlicher brutal zusammengeschlagen wurde. Wir berichten hier: "Polizeieinsatz in der Innenstadt: 15-Jähriger brutal zusammengeschlagen"


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