EKD-Ratsvorsitzender Nikolaus Schneider: „Zeit für eine Ethik des Genug“




[image=44717]Der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Nikolaus Schneider, hat zu einer „Ethik des Genug“ aufgerufen. „Die Bibel lehrt Menschen, ,Wohlstand‘ und ,Fülle des Lebens‘ nicht ausschließlich und auch nicht in erster Linie materiell zu definie­ren“, sagte Schneider am heutigen Freitag zum Auftakt des Transformationskongresses in Berlin. „Gut leben“ heiße nicht nur „viel haben“, sondern auch „solidarisch leben“ und „mit­menschlich teilen“.

Zum biblischen Menschenbild gehöre die Einsicht, dass Menschen Fehler machen und ihre Möglichkeiten und Fähigkeiten überschätzen. Deshalb gelte gerade in Krisenzeiten: „Selbstkritisches Innehalten ist notwendig – für Einzelne, für gesellschaftliche Gruppen und für Regierungen.“ Die „Sabbat-Tradition der Bibel“, so Schneider, bestärke immer wieder neu in der Erkenntnis, dass Arbeit und Gewinnmaximierung eine Grenze haben. Wer Gott als den Schöpfer der ganzen Welt und als Vater aller Menschen bekenne, wisse: „Alle nationalen Interessen sind nur von zweitrangiger Bedeutung, und  Wachstumsprogramme dürfen national und international nicht auf Kosten der Ärmsten der Armen und nicht auf Kosten der Schöpfung gehen“.

Schneider: „Es schreit zum Himmel, dass unvorstellbare Summen auf den Finanzmärkten verdient werden, während jeden Tag 25 000 Menschen sterben, weil wir es nicht schaffen, medizinische Ressourcen und Nah­rungsmittel so zu verteilen, dass alle Menschen leben können.“ Auch die wachsende Ungleichheit in Deutschland dürfe nicht ignoriert oder schön geredet werden, denn, so der Ratsvorsitzende weiter: „Die Schere zwischen Arm und Reich in unserer Gesellschaft hat sich in den letzten Jahren immer weiter geöffnet. Wir brau­chen auch bei uns eine Transformation, die gerechtere Zugänge zu Gesundheit, Bildung, Arbeit und zu demokratischer Beteiligung ermöglicht und befördert.“

Soziale Gerechtigkeit in Deutschland durch immer mehr Wirtschaftswachstum zu garantie­ren könne hingegen auf Dauer keine Lösung sein, sagte Schneider, da das derzei­tige Wachstumsmodell weder nachhaltig noch übertragbar für alle Menschen in allen Ländern dieser Erde sei. Vielmehr gefährde es die Zukunft der Erde und der nächsten Generationen.“ Veränderung aber sei möglich, so der Ratsvorsitzende abschließend, denn: „Gottes Geist kann unser Denken und Handeln erneuern. Wir sind überzeugt, dass dieser Geist des Lebens nicht nur in der Kirche wirkt. Wir wollen mit allen zusammenarbeiten, die unterwegs sind zu sozialer Gerechtigkeit, nachhaltiger Wirtschaft, Bewahrung der Schöpfung und lebendiger Demokratie.“


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