EXKLUSIV: Die Abschiedsrede von Dieter Lorenz - vor seinem Abschiedsständchen im Kreistag

von Marc Angerstein


| Foto: Ado



[image=5e1764b7785549ede64ccb2a]In Sickte kennt ihn jeder, im Wolfenbütteler Kreistag ist er das älteste Mitglied, ein politisches Urgestein  und dem neuen Kreistag wird er ab der konstituierenden Sitzung Anfang November nicht mehr angehören: Dieter Lorenz (CDU).

Es war 1968 als er in Braunschweig mit dem späteren Ministerpräsidenten Gerhard Glogowski die Forderung aufstellte, die "Alten" aus dem Parlament zu schmeißen. Nun, selbst in die Jahre gekommen, haben die Wähler seine Forderung von damals umgesetzt. Mit einem guten Stück Selbstironie, kann er damit gut umgehen.

Im Rahmen der letzten Kreistagssitzung sagte Landrat Jörg Röhmann bei einer würdigen Verabschiedung, dass er schon Wetten verloren hatte, weil er bei offiziellen Terminen beider Politiker in seinem Umfeld ein Lied von Lorenz ankündigte, der Sickter dann aber ein Gedicht vortrug. Für seine kulturellen Einschübe ist Dieter Lorenz bekannt. Und verabschiedete sich singend von Politik und Verwaltung:  "Lebe wohl, Kreistag, lebe wohl!"

Wir veröffentlichen seine zuvor gehaltene letzte Rede im Kreistag (ungekürzt und unkommentiert), bei der absulute Stille herrschte, bis der anschließende Applaus losbrach und sich alle Politiker von ihren Plätzen erhoben:


Sehr geehrter Herr Landrat,

Herr Kreistagsvorsitzender,

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Geschätzte Vertreter unserer Verwaltung,

Meine Damen und Herren,



alles hat ein Ende, nur der Regionalbus fährt weiter.

Grämen wir bald Gewesene uns nicht - spucken wir in die Hände und arbeiten wir für unseren Landkreis Wolfenbüttel kräftig weiter.



Als ich Kreistagsmitglied wurde war ich 31 Jahre alt.

Nun kommen 43 Jahre Kreispolitik dazu.

Wer im künftigen Kreistag jünger ist, als ich damals war, kann die Marke 43 überbieten.



Die gleiche Jahreszahl hat Ernst-Henning Jahn.

Doch Jahn hatte 43 Jahre Heimspiel.



Ich fing "mein Spiel" im Landkreis Braunschweig an und landete hier - was mir nach anfänglichen Orientierungsproblemen gut bekommen ist.



Weil mein Kreistagswirken, mein persönliches und mein politisches Wirken, mein Lebens-Glück entscheidend beeinflusste, melde ich mich mit einer Abschiedsbotschaft zu Wort.



Meine erste Botschaft



Ich bin gern Kreistagsabgeordneter und habe das nie bereut.

Auch nicht bei und mit der Partei wo ich bin und auch bleibe. Die CDU.



Mein Schwerpunkt war Jungend und Soziales, bisweilen auch etwas Zukunftsplanung, wenn ich an mein Mitwirken beim Bau des Straßenverkehrsamtes denke.



Meine zweite Botschaft



Es hat mir große Freude bereitet mit vielen Menschen auch sehr unterschiedlicher Herkunft und Meinung zusammen zu arbeiten. Auch über Parteigrenzen hinweg.



Als man vor fünf Jahren ein legitim gewähltes Kreistagsmitglied "quasi in die Ecke" setzen wollte, habe ich gesagt:

"Rechts neben mir ist Platz, da kann er sitzen."



Der erste kam und ging wieder.

Es kam eine zweiter - auch der zweite ging.

Und ich lebe immer noch.



Allerdings gehe ich ja jetzt auch, sodass der schwarz-rechte Fleck da hinten weg ist und unser Landrat hat Ruhe.



Meine dritte Botschaft



Arbeiten Sie gut mit unserer Verwaltung zusammen.

Ich hatte das Glück einer besten Zusammenarbeit.

Bei der Einführung der strategischen Steuerung habe ich mir die Zeit genommen und an vielen Besprechungen teilgenommen.



Es war beeindruckend mit wie viel Begeisterung und Einsatzfreude mitgearbeitet wurde.

Auch der Personalrat stand dahinter.



Allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vom Keller bis in hohe Verantwortungsbereiche ein herzliches Dankeschön.

Es hat mir große Freude bereitet mit Ihnen zusammen zu arbeiten. Geben Sie weiter Ihr Bestes für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landkreises, egal an welchem Platz und welchen Namen Ihr Arbeitgeber einmal haben könnte.



Ich empfehle beachten Sie meine letzte Botschaft!



Meine vierte Botschaft



Stärken Sie die 35 ehrenamtlich repräsentierten und teilweise auch verwalteten selbständigen Gemeinden unseres Landkreises.



Anfang November werden 35 ehrenamtliche Bürgermeister gewählt, mit Ihren Gemeinderäten sind dies die Fundamente unseres kommunalen Geschehens im Landkreis.



Wenn wir zum Beispiel die Kreisumlage erhöhen, dann wird das Finanzkorsett der Gemeinden enger. Unseren selbständigen Gemeinden darf die Luft nicht ausgehen.



Unserer Kreisverwaltung empfehle ich sich schon die Mühe zu machen die Gemeinden - bisweilen mit unterschiedlichen Zuständigkeiten - direkt anzuschreiben und nicht über die Samtgemeinde.



Meine 30-jährige Erfahrung in diesem Bereich lässt bei mir den Verdacht aufkommen, dass ernst zu nehmende Verhandlungspartner erst bei A15 und höher anfangen.



Bevor ich meine fünfte Botschaft vortrage ein ganz persönliches Dankeschön an viele:



Meine eigene CDU Fraktion.

An alle anderen Kreistagsmitglieder - es gab und gibt viele persönliche Kontakte.

An unseren Landrat und die gesamte Verwaltung.



An die Pressevertreter.

An die Bereiche außerhalb dieses Hauses wie z.B. die Braunschweigische Landschaft oder den Großraumverband, wo ich Bürgermitglied war.



Nun meine Botschaft Nummer fünf



Im bekannten Buch "Der kleine Prinz" eines französischen Dichters sagt der Fuchs zum kleinen Prinzen:





"Die Menschen haben eine Wahrheit vergessen, die darfst du nie vergessen:

 

Du bist zeitlebens für das verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast."





In meinen 43 Jahren Kreistagsarbeit habe ich mich bemüht auf meine mir mögliche Art mein Bestes zu geben.

Ich habe mir unseren Landkreis sehr vertraut gemacht.



Ich fühle mich zeitlebens verantwortlich.



Meine Empfehlung an Sie alle und auch die künftigen Kreistagsmitglieder und die Verwaltung:



Machen Sie sich unseren Landkreis vertraut und seien Sie zeitlebens verantwortlich.



Schlusssatz:



Zum letzten Mal sprach ich an diesem Ort, gleich bin ich davon fort.

Gehe sinnend, nachdenklich auf meinen Platz - für mich waren die 43 Jahre ein Lebensschatz.


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